Inschriftenkatalog: Die Inschriften der Nagelkapelle im Dom zu Bamberg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DIO 5: Die Inschriften der Nagelkapelle am Bamberger Dom (2015)

Nr. 23 Dom, Nagelkapelle 1535

Beschreibung

Figurale Metallplatte mit Grabbezeugung für den Domscholaster Paul von Schwarzenberg. Westwand, zwölftes Denkmal von Norden, in einem verputzten Ziegelrahmen. Bestattung ursprünglich in der vierten Gruft der vierten Reihe1). Eine Reinigung und Restaurierung erfolgte zuletzt 19862).

Das Bildfeld zeigt den Domherrn unter einem Rundbogen, der mit einer Reihe von Rosen in Kassetten begleitet wird, frontal zum Betrachter gewendet vor einem Vorhang. Er steht auf einem in die Tiefe führenden, schachbrettartig gemusterten Fußboden. Die Figur ist in Pellicea, Superpelliceum und Almutia gekleidet, mit Birett auf dem Haupt. Er hält mit beiden Händen ein geschlossenes Buch, an seinem rechten Zeigefinger ein Ring. Flankiert wird die Darstellung von zwei Pilastern mit einem Dekor aus Vasen mit Blättern. Die achtteilige Ahnenprobe besteht aus dem väterlichen und mütterlichen Vollwappen, das jeweils rechts und links über dem Bogenkämpfer steht, und den übrigen Agnatenwappen, die in jeweils absteigender Linie an den Pilastern angebracht sind.

In der unteren Hälfte ist eine Platte mit Blattwerkansen vorgesetzt, darin die zehnzeilige Inschrift (I) zwischen Stegen. An der Bodenleiste Schriftzeile (II).

Metall.

Maße: H. 210 cm, B. 108 cm, Bu. 2,5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

  1. I.

    VIRa) SACER, PAVLVS GENEROSVS BARO A / SVVARCENBERG PRIMARVM ECCLESIARVM CO=/LONIAE, BAMBERGAEb) (VBI ET SCHOLASTICVMc) / MVNVS GESSITb)) AC HERBIPOLIS CANONICVSd). / PRAEPOSITVS IN HAVGIS. IVRIVM AC BONA=/RVM LITTERARVMe) APPRIME DOCTVSf). / VIXIT ANN(OS) XXXVIIg) MENS(ES) Xg) DIES VI. / HIC TERRE REDDITVR. A CHRISTO NA/TOb) (IN QVO PIE REQVIESCATb)) ANNO / M. D. XXXV MAII. XVIIIh)

  2. II.

    MORSi) MORE SVO FECIT. QVODj) BONVM FVIT. CITO ABSTVLIT.

Übersetzung:

Der geweihte Mann, Paul, wohlgeborener Freiherr von Schwarzenberg, der Kölner, Bamberger (wo er auch das Amt des Scholasters ausübte) und Würzburger Kathedralkirchen Kanoniker, Propst in Haug3). In den Rechtswissenschaften und den schönen Künsten vorzüglich gelehrt. Er lebte 37 Jahre, 10 Monate und 6 Tage. Hier wurde er der Erde zurückgegeben, nach Christi Geburt (bei dem er fromm ruhe) im Jahre 1535, am 18. Mai. (I)

Der Tod hat nach seiner Weise getan: Was gut gewesen ist, hat er schnell hinweggenommen. (II)

Wappen:
Schwarzenberg4)Rieneck5)
Erbach6)Wertheim7)
Abensperg8)Hanau9)
Wertheim10)Öttingen11)

Kommentar

Die Schrift orientiert sich eindeutig an klassischen Vorbildern: so ist bei den Buchstaben A, M, N und V eine Linksschrägenverstärkung festzustellen und die Caudae von Q und R sind stachelförmig gestaltet. Doch können schon allein wegen der breiten Strichstärke einige Elemente der klassischen Kapitalis nicht ausgeführt werden: so sind die Spitzen von A, M und N abgeflacht und C, O und Q sind nahezu kreisrund. Auch die Gestaltung des E mit verkürztem, mittlerem und verlängertem, oberen Balken entspricht nicht den klassischen Vorbildern. Die Zuschreibung der Platte ist umstritten, während Breuer eine Zuschreibung an Kunz Mülich favorisiert, möchte Riederer auf Grund seiner Metallanalysen die Platte der Vischer-Werkstatt zuweisen12).

Paul von Schwarzenberg, Sohn des Hofmeisters Johann von Schwarzenberg, des Verfassers der Bamberger Halsgerichtsordnung, und der Kunigunde, geb. Gräfin von Rieneck, studierte in Leipzig und Ingolstadt. Seit 1507 ist er als Domherr in Bamberg und seit 1514 als Scholaster belegt. Er war außer in Bamberg auch Domherr in Würzburg, Mainz, Augsburg und Köln sowie Propst des Stiftes Haug13).

Textkritischer Apparat

  1. Anfangsbuchstaben der tragenden Wörter vergrößert.
  2. Nachfolgende Klammer in der Inschrift, jeweils mit Zierpunkten versehen.
  3. A über den Balken des L gestellt.
  4. S klein über V.
  5. A über die Cauda des R gestellt.
  6. Zeile rechts eingerückt, am Ende der Zeile Vertiefung des Schrifthintergrundes nicht ausgeführt.
  7. Vor und hinter dem Zahlzeichen ein Hinweiszeichen in Form zweier übereinanderstehender Punkte.
  8. Vor der Monatsangabe und nach der Tagesangabe ein Hinweiszeichen in Form zweier übereinanderstehender Punkte; nachfolgend eine Hedera.
  9. Anfangsbuchstabe vergrößert.
  10. Verschränkung der Buchstaben VO.

Anmerkungen

  1. StA Ba B 86, Nr. 250 p. 150.
  2. Zur Restaurierung vgl. Jung, Vorwort 5f.; Baumgärtel, Nagelkapelle 19-22; Restaurierungsbericht 1986.
  3. Kollegiatsstift St. Johannes, Würzburg. Vgl. Backmund, Kollegiat- und Kanonissenstifte 110-113.
  4. FstM 25f.
  5. BayA1 121.
  6. Bay 10.
  7. FstA 146.
  8. BayA1 3.
  9. Souv1 81f.
  10. FstA 146.
  11. FstM 5.
  12. Vgl. Dehio, Franken 107 bzw. Riederer, Metallanalysen 91f., Nr. 77. Hauschke nahm die Platte in seinen Katalog der Vischer-Werkstätte nicht auf.
  13. Zur Person vgl. Wachter, Schematismus Nr. 9350; Kist, Domkapitel 278f.; Kist, Matrikel Nr. 5739. Zu Augsburg vgl. Haemmerle, Canoniker Nr. 780.

Nachweise

  1. StA Ba B 86, Nr. 250 p. 215; SB Ba HV.Msc. 195 p. 60; AEB Rep. I, Nr. 1309 p. 60; BNM Bibl. 1088 fol. 143v; SB Ba HV.Msc. 456 p. 245f.; SB Ba HV.Msc. 212 fol. 9r (Zusatzblatt); SB Ba JH.Msc.Hist. 10c Nr. 12; SB Ba HV.H.Bbg. 261a Nr. 58.
  2. Pfister, Dom 52; Rothlauf, Verzeichnis II 122; Bellendorf, Grabplatten 2 BaNk12; Kdm NF OF IV, II, 1 (Domstift 2) 1540f.

Zitierhinweis:
DIO 5, Die Inschriften der Nagelkapelle am Bamberger Dom, Nr. 23 (Julia Karg, Christine Steininger, Ramona Baltolu, Tanja Kohwagner-Nikolai.), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-dio005m001k0002305.