Inschriftenkatalog: Die Inschriften der Nagelkapelle im Dom zu Bamberg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DIO 5: Die Inschriften der Nagelkapelle am Bamberger Dom (2015)

Nr. 20 Dom, Nagelkapelle 1517

Beschreibung

Figurale Metallplatte mit Grabbezeugung für den Domherrn Wilhelm Schenk von Limpurg. Westwand, 20. Denkmal von Norden, in einem verputzten Ziegelrahmen. Bestattung ursprünglich in der sechsten Gruft der zweiten Reihe1). Eine Reinigung und Restaurierung erfolgte zuletzt 19862).

Der Domherr ist nach links gewendet dargestellt. Er ist mit Pellicea, Superpelliceum und Almutia bekleidet, auf dem Haupt ein Birett. Mit der rechten Hand umfasst er einen Kelch, den er mit der linken stützt. Die Figur füllt ein Renaissance-Portal vollständig aus. Sie steht zwischen zwei ornamental reich verzierten Pilastern mit vegetabilen Kapitellen, die einen breiten Architrav tragen, auf dem sechs Agnatenwappen angebracht sind. Den oberen Abschluss bildet eine von zwei Fischen flankierte, ornamental bekrönte Lünette, die mit zwei weiteren Agnatenwappen versehen ist.

Die Tabula ansata am Sockel enthält die neunzeilige Inschrift.

Metall.

Maße: H. 212 cm, B. 99 cm, Bu. 2 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

© Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege [1/1]

  1. · D(EO) · O(PTIMO) · M(AXIMO) · S(ACRVM)a) · / WILHELMVSb) EX ILLVS(TRISSIMA) · S(ACRI) · R(OMANI) · IM(PERII) · PINCERNARVM FAMILIA DE / LIMPVRG TAM BAMBERGEN(SIS)c) QVAM HERBIPOLEN(SIS)c) AECCLESIA=/RVMd) ET CANONICVS ET SENIOR DIGNISS(IMVS) QVI VITAM NON / MINVS HONESTISSIMAM QVAM LAVDABILEM EGIT / QVA CVM PIETATE DEFVNCTVS CINERES EIVS HOC SEPVLCH=/RO LOCATE SVNT VIXIT ANNIS LXXXII MENSIB(VS) TRIB(VS) DIEB(VS) / DVOBVS ∙ O(BIIT) ANNO CRISTI SALVATORIS NOSTRI MILLESIMO / QVINGENTESIMO DECIMO SEPTIMO · MENSE MARCII DIE ∙ 10

Übersetzung:

Gott dem Allmächtigen und Allgültigen geweiht. Wilhelm aus der hochwohlgeborenen Familie der Schenken des Heiligen Römischen Reiches von Limpurg, Kanoniker und überaus würdiger Senior sowohl der Bamberger als auch der Würzburger Kirche, der sein Leben sowohl überaus ehrenhaft als auch lobenswert führte, dessen Asche, nachdem er in dieser Frömmigkeit verschied, hier in diesem Grab niedergelegt wurde. Er lebte 82 Jahre, drei Monate und zwei Tage. Er verstarb im Jahre Christi, unseres Erlösers, 1517, im Monat März, am 10. Tag.

       
Wappen3):
Schenk von Limpurg4) Thierstein5)
Hohenlohe Blamont/Blankenberg6)
Weinsberg7) Baden-Sponheim
Henneberg-Schleusingen8) Vinstingen9)

Kommentar

Unter den Metallplatten der Nagelkapelle zeigt die des Wilhelm Schenk von Limpurg als älteste überlieferte Platte Renaissanceelemente in der Umrahmung, zudem handelt es sich bei der Inschrift um die älteste original erhaltene Kapitalis der Nagelkapelle. Sie fällt somit aus der Reihe der zeitnahen, noch ganz der Gotik verpflichteten Denkmäler der Nagelkapelle, die zum großen Teil in der Vischer-Werkstatt hergestellt wurden, heraus. Die Schrift folgt sichtlich klassischen Vorbildern, doch konnte dieser Anspruch schon auf Grund der sehr breiten Strichstärke nicht verwirklicht werden. Auch die Proportionen der Buchstaben entsprechen nicht den klassischen Vorbildern. So fallen D, N, P und R auffallend schmal aus, E und das konische M, dessen Mittelteil bis auf die Grundlinie reicht, hingegen sind relativ breit ausgeführt. Linksschrägenverstärkungen sind bei den Buchstaben M, N und V zu sehen. Die Spitzen der Buchstaben A und M sind abgeflacht. Wie bereits Landgraf bemerkte, zeigt die Limpurgplatte auch insofern „moderne“ Formen als sie als erste acht Agnatenwappen aufweist10).

Da der Neffe des Verstorbenen der damals regierende Bamberger Bischof Georg Schenk von Limpurg (1505-1522) war, kommt dieser als Auftraggeber in Frage. Vielleicht darf man sogar einen Eintrag in den Rechnungen der bischöflichen Hofkammer von 1516/17 auf den Entwurf dieser Platte beziehen. Am 6. April 1517, nur wenige Wochen nach dem Tod des Wilhelm Schenk von Limpurg, erhielt der Bamberger Maler Hans Wolf eine Zahlung für „ein visirung auff ein leichstein“11). Die Grabplatte weicht vom üblichen Schema der Nagelkapelle ab, zeigt aber gewisse Ähnlichkeiten mit dem 1518 bestellten Denkmal für Georg Schenk von Limpurg12) aus der Werkstatt des Loy Hering, weshalb dieser als Auftraggeber wahrscheinlich sein dürfte.

Wilhelm Schenk von Limpurg war der Sohn des Friedrich und der Susanne, geb. von Thierstein, Neffe des Würzburger Bischofs Gottfried Schenk von Limpurg († 1455, vgl. DI 17 (Würzburg) Nr. 241) und der Onkel des Bamberger Bischofs Georg Schenk von Limpurg (1505-1522). Er studierte in Erfurt. 1472 erhielt er ein Kanonikat in Bamberg. 1482 wurde er Scholaster, 1505 Kantor. Er war nicht nur Domherr in Bamberg, sondern auch in Würzburg, wo er auch als Dekan genannt ist, in Mainz und Straßburg11). Georg Schenk von Limpurg stiftete in Unterlimpurg (Stadt Schwäbisch-Hall) ein Spital.

Textkritischer Apparat

  1. Erste Zeile zentriert.
  2. W vergrößert.
  3. Kein Kürzungszeichen erkennbar.
  4. Sic!

Anmerkungen

  1. StA Ba B 86, Nr. 250 p. 158.
  2. Zur Restaurierung vgl. Jung, Vorwort 5f.; Baumgärtel, Nagelkapelle 19-22; Restaurierungsbericht 1986.
  3. Die Achtahnenprobe ist über Giebelfeld und Fries verteilt, die Agnatenwappen ab der Großmuttergeneration sind auf dem Fries angebracht und sind jeweils von innen nach außen zu lesen. Für Hinweise zu den Ahnen der Schenk von Limpurg sei Harald Drös, Inschriftenkommission Heidelberg, gedankt.
  4. WüA 13.
  5. Si2 19.
  6. Lot 1. Nach Siebmacher führten Mitglieder der Familie eine Lilie im Ort des Schildes, das Wappenbild hier zeigt jedoch zwischen den Fischen eine Rose.
  7. WüA 16.
  8. Si2 6.
  9. Lot 13.
  10. Vgl. die zusätzliche Bemerkung in Landgrafs Handexemplar SB Ba HV.H.Bbg. 261a Nr. 50., die von ihm gebotene Ahnenprobe fehlerhaft.
  11. StA Ba A 2311 Nr. 1738, fol. 388r.
  12. Kdm NF OF IV, II, 1 (Domstift 2) 1294-1296. Zur Person vgl. Kist, Matrikel Nr. 5351; Wunder/Schefold/Beuttner, Schenken von Limpurg 35.

Nachweise

  1. StA Bamberg B 86, Nr. 250 p. 158; SB Ba HV.Msc. 195 p. 26; AEB Rep. I, Nr. 1309 p. 26; BNM Bibl. 1088 fol. 105v; SB Ba HV.Msc. 456 p. 243; SB Ba HV.Msc. 212 fol. 13r (Zusatzblatt); SB Ba JH.Msc.Hist 10c Nr. 20; SB Ba HV.H.Bbg. 261a Nr. 50.
  2. Rothlauf, Verzeichnis I 88; Landgraf, Dom 49; Pfister, Dom 51; Bellendorf, Grabplatten 2 BaNk20; Kdm NF OF IV, II, 1 (Domstift 2) 1537f.

Zitierhinweis:
DIO 5, Die Inschriften der Nagelkapelle am Bamberger Dom, Nr. 20 (Julia Karg, Christine Steininger, Ramona Baltolu, Tanja Kohwagner-Nikolai.), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-dio005m001k0002008.