Inschriftenkatalog: Die Inschriften der Nagelkapelle im Dom zu Bamberg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DIO 5: Die Inschriften der Nagelkapelle am Bamberger Dom (2015)

Nr. 6 Dom, Nagelkapelle 1491

Beschreibung

Figurale Metallplatte mit Sterbevermerk für den Domdekan Hertnid von Stein zu Ostheim. Westwand, elftes Denkmal von Norden, in einem verputzten Ziegelrahmen. Bestattung ursprünglich in der ersten Gruft der vierten Reihe1). Im 18. Jahrhundert waren wohl bereits einige Teilstücke der Umschrift verloren2). In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts fehlte die Inschrift mit den Wappen ganz3). Im Zuge der 1870 abgeschlossenen Restaurierung fügte man die ursprünglichen Teilstücke der Inschrift wieder mit der Figur des verstorbenen Domherrn zusammen, die nicht mehr vorhandenen Teile der Umschrift wurden gleichzeitig ergänzt4). Eine Reinigung und Restaurierung wurde zuletzt 1986 durchgeführt5).

Unter einem Rundbogen mit dreiblättrigem Maßwerkornament in den Zwickeln steht nach links gewendet die Figur des Verstorbenen in Pellicea, Superpelliceum und Almutia, mit einer hohen, birettartigen Kopfbedeckung auf dem Haupt. In seiner rechten Hand hält der Domherr einen Kelch, in der linken ein geschlossenes Buch, zu seinen Füßen ein Vollwappen.

Die auf vier Seiten umlaufende, links unten beginnende Inschrift wird an den Ecken durch Agnatenwappen in Vierpässen unterbrochen6).

Metall.

Maße: H. 213 cm, B. 82 cm, Bu. 6 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

© Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege [1/2]

  1. ⟨a⟩ n(n)oa) ∙ d(omi)ni ∙ M ∙ cccc ∙ lxxxxj ∙ die ∙ sabbati ⟨∙ vicesimob) ∙ augustic) ∙ ob(iit)a) ∙ praenobilis ∙ et ∙ admod(um)d) // reuerendus ∙ pater ∙ domi⟩ //nus ∙ hertnid(us) ∙ vo(n) ∙ stei(n) ∙ legu(m) ∙ doctor ∙ decan(us) ∙ et ∙ cano(n)ic(us) ∙ hui(us) ∙ ecclesie ∙ p(ro)thonotari(us)a) ⟨apost(olicus)e)⟩ // cui(us) ∙ ani(m)a ∙ req(ui)escata) ∙ i(n) ∙ pac⟨e⟩f)

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn 1491, am Samstag, dem 20. August, verstarb der sehr edle und überaus hochwürdige Vater, Herr Hertnid von Stein, der Rechte Doktor, Dekan und Kanoniker dieser Kirche, Apostolischer Protonotar, dessen Seele in Frieden ruhe.

Wappen:
Stein zu Ostheim7).
Stein zu Ostheim7)Ebersberg, gen. Weyhers8)
falsch ergänzt: Lichtenstein9)Heßberg10)

Kommentar

Die Herstellung der Auflage wird der Vischer-Werkstatt unter Peter Vischer d. Älteren zugeschrieben11). Insgesamt erscheint die Schrift gitterförmig, mit geringen Ober- und Unterlängen und mit spitz zulaufenden Quadrangeln. Das doppelstöckige a zeigt einen kleinen gebrochenen oberen Bogen, bestehend aus rechtem Teil und rundem, zum Haarstrich reduziertem linken Teil, der bis zum Schaft reicht. Die Enden der Bögen des runden s sind mit einem Zierstrich verbunden, der Balken des e setzt weit unten am Schaft an und führt steil zum abgeknickten oberen Bogenanschnitt.

Die ergänzten Teile der Inschrift geben sich zu erkennen durch die Verwendung von Minuskel-a am Beginn der Inschrift, rundem s in der Wortmitte (vgl. Fußnote b; c) und fehlende Kürzungszeichen (vgl. Fußnote a; d; e).

Die im Zuge der 1870 abgeschlossenen Restaurierung vorgenommenen Ergänzungen der Umschrift fußen bei der Datumsangabe auf den Aufzeichnungen von Subkustos Graff12).

Bei der Renovierung der Nagelkapelle im Jahr 1986, bei der auch der Fußboden erneuert wurde, fand man eine Grabplatte, die zunächst nur auf Grund ihrer Lage in der südwestlichen Ecke der Nagelkapelle als die des Hertnid von Stein identifiziert wurde. Zudem passte die Metallauflage auf die, mit vertieften Aussparungen versehene, Steinplatte. Damit wurde nicht nur bewiesen, dass es sich um die Grabplatte des Hertnid von Stein handelt, sondern auch, dass die Metallauflagen auf den entsprechenden Grüften auf extra für sie gefertigten Steinplatten angebracht waren13).

Hertnid von Stein war der Sohn des Hans und der Grete, geb. von Ebersberg. Er studierte in Erfurt und Bologna, wo er 1454 zum Doctor legum promoviert wurde. Seit 1459 ist er als Domherr und Domdekan in Bamberg belegt. Er war auch Domherr in Würzburg sowie Domherr und Kantor in Mainz. Als Apostolischer Protonotar ist er ab 1474 nachweisbar14).

In seiner Funktion als Pfarrer in Hof/Saale stiftete Hertnid von Stein für die dortige Lorenzkirche einen Altar, auf dessen gemaltem Mittelbild er zu Füßen des Hl. Heinrich und der Hl. Kunigunde an einem Betpult kniet. An diesem Pult sind seine Agnatenwappen im Stile eines quadrierten Vierahnenwappens aufgemalt: 1 Stein zu Ostheim, 4 unbekannt: silberne Mauer mit zwei Türmen in Rot, 2 Ebersberg, gen. Weyhers, 3 Heßberg15).

Textkritischer Apparat

  1. Kein Kürzungszeichen erkennbar.
  2. Rundes s in der Wortmitte.
  3. Rundes s in der Wortmitte. post festum asvmptionis marie abweichende Formulierung der Tagesdatierung bei SB Ba HV.Msc. 456 p. 164, SB Ba HV.Msc. 212 fol. 12r; asvmptionis mariae abweichende Formulierung der Tagesdatierung bei BNM Bibl. 1088 fol. 91v.
  4. Kein Kürzungszeichen erkennbar; praenobilis et admodum fehlt StA Ba B 86, Nr. 250 p. 208, SB Ba HV.Msc. 195 p. 10, AEB Rep. I, Nr. 1309 p. 20, SB Ba HV.Msc. 456 p. 164, SB Ba HV.Msc. 212 fol. 12r, SB Ba JH.Msc.hist. 10c Nr. 4.
  5. Kein Kürzungszeichen erkennbar; apostolicus durchgestrichen bei SB Ba HV.Msc. 212 fol. 12r; fehlt bei BNM Bibl. 1088 fol. 91v, SB Ba HV.Msc. 456 p. 164.
  6. Von cui(us) bis pac Fragment im Dombauamt; es folgt amen bei AEB Rep. I, Nr. 1309 p. 20.

Anmerkungen

  1. StA Ba B 86, Nr. 250 p. 208.
  2. Vgl. Landgraf, Dom 31.
  3. SB Ba JH.Msc.hist. 10c Nr. 4.
  4. AEB Rep. 2, Nr. 2213, Sitzung vom 31. Dezember 1867; AEB Rep. 2, Nr. 2213, Sitzung vom 24. März 1868.
  5. Zur Restaurierung vgl. Jung, Vorwort 5f.; Baumgärtel, Nagelkapelle 19-22; Restaurierungsbericht 1986.
  6. Die untere Zeile der Umschrift befindet sich derzeit nicht in der Nagelkapelle, wird aber nach erfolgter Restaurierung zurückgeführt. Für diese Information sei Herrn Mathias König, Dombauhütte Bamberg, herzlich gedankt.
  7. Bay 58.
  8. BayA3 138.
  9. Bay 45. Zu erwarten wäre an dieser Stelle das auf dem quadrierten Vierahnenwappen des Hertnidaltares in Hof (s. oben und unten Anm. 15) angebrachte, unbekannte Wappen: Silberne Mauer mit zwei Türmen in Rot.
  10. Bay 39. Eine Eheschließung eines Mitglied der Familie Ebersberg, genannt Weyhers, die sich vielleicht diesen Agnaten zuordnen lässt, ist für das Jahr 1404 belegt, als Dietrich von Ebersberg Petronella, die Tochter des Konrad von Heßberg und der Anna, geb. Eberstein, heiratete. Freundlicher Hinweis von Dr. Harald Drös, Inschriftenkommission Heidelberg, vgl. auch Biedermann, Rhön-Werra Tf. 143.
  11. Hauschke, Grabdenkmäler 217, Nr. 38.
  12. StA Ba B 86, Nr. 250 p. 208.
  13. Jung, Vorwort 6; die Grabplatte befindet sich unter dem Fußboden der Nagelkapelle.
  14. Zur Person vgl. Kist, Matrikel Nr. 6034; Thumser, Hertnidt vom Stein passim.
  15. Zum Altar in Hof vgl. St. Lorenz 6f., 10f.

Nachweise

  1. StA Ba B 86, Nr. 250 p. 208; SB Ba HV.Msc. 195 p. 20; AEB Rep. I, Nr. 1309 p. 20; BNM Bibl. 1088, fol. 91v; SB Ba HV.Msc. 456 p. 164; SB Ba HV.Msc. 212 fol. 12r; SB Ba JH.Msc.hist. 10c Nr. 4.
  2. Rothlauf, Verzeichnis I 84; Landgraf, Dom 31; Pfister, Dom 52; Stierling, Beiträge 185ff., Tf. 32, Abb. 4; Riederer, Metallanalysen Nr. 10; Hauschke, Grabdenkmäler 217f., Nr. 3, Abb. 165; Bellendorf, Grabplatten 2 BaNk11; Kdm NF OF IV, II, 1 (Domstift 2) 1521f.

Zitierhinweis:
DIO 5, Die Inschriften der Nagelkapelle am Bamberger Dom, Nr. 6 (Julia Karg, Christine Steininger, Ramona Baltolu, Tanja Kohwagner-Nikolai.), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-dio005m001k0000606.