Inschriftenkatalog: Die Inschriften der Nagelkapelle im Dom zu Bamberg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DIO 5: Die Inschriften der Nagelkapelle am Bamberger Dom (2015)

Nr. 51 Dom, Nagelkapelle 1614

Beschreibung

Metallplatte mit Sterbevermerk für den Domkustos Michael Groß von Trockau, genannt Pfersfelder, und Künstlerinschrift des Jakob Weinmann. Westwand 23. Denkmal von Norden, in einem verputzten Ziegelrahmen. Bestattung ursprünglich in der 17. Gruft der vierte Reihe angebracht1). Eine Reinigung und Restaurierung erfolgte zuletzt 19862).

Im Bildfeld steht der Verstorbene nach rechts gewendet vor einer Muschellünette in Dalmatik und Albe, um den Hals eine weiche Halskrause. Auf dem Kopf trägt er eine birettartige Kopfbedeckung, in seiner linken Hand ein geschlossenes Buch, in der Rechten eine Gebetsschnur in Form eines Zehners. An den reich ornamentierten Rahmenleisten acht Wappenschilde, in der oberen Rahmenleiste zwei Schriftzeilen (I). Im unteren Drittel ist eine Platte mit neunzeiliger Inschrift (II) vorgesetzt, die oben von einem geflügelten Engelskopf zwischen Voluten bekrönt und von Rollwerk geschmückt wird. In der unteren Rahmenleiste Vollwappen mit bis in die Schrifttafel reichender Zier, zu Seiten des Wappens Jahreszahl (III). Unten am Rahmen Gießerinschrift (IV).

Metall.

Maße: H. 195 cm, B. 85 cm, Bu. 2 cm (I), 2,5 cm (II), 2,5 cm (gemessen 4) (III), 1,5 cm (IV).

Schriftart(en): Humanistische Minuskel (I, II), Arabische Ziffern (III), Kapitalis (IV).

© Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege [1/1]

  1. I.

    Delitiae mundi, sic Gaza, honor atq(ue) potestas Praeterit: Ergo Deum quaere perenne decus.

  2. II.

    Admodum Reverendus et Nobi=/lis Vir Dominus Michael Gross, di=/ctus Pfersfelder Cathedralis Ecclesiae / Bambergensis Canonicus Senior et / Custos. Anno à Christo nato M. / DCXIIII. die XI. Mensis Septembris / piè in Domino obdormivit, aeta=/tis suae Anno LXV. cuius anima / requiescat // ina) pace.

  3. III.

    16//14b)

  4. IV.

    IACOBc) . // WEINMANd) . V(ON) N(ÜRNBERG) .

Übersetzung:

Die Genüsse der Welt: Reichtum, so Gaza, Ehre und Macht vergehen, darum suche Gott, die ewige Zier3). (I)

Der überaus hochwürdige und edle Mann, Herr Michael Groß, genannt Pfersfelder, Kanoniker der Kathedralkirche Bamberg, Senior und Kustos entschlief fromm im Herrn im Jahre 1614 von Christi Geburt an, am 11. September, seines Alters 65 Jahre, dessen Seele in Frieden ruhe. (II)

Versmaß: Distichon. (I)

Wappen:
Groß von Trockau4).
Groß von Trockau4)Lauffenholz5)
Stiebar6)Lochinger von Archshofen7)
unbekannt8)Fuchs9)
Truchsess von Wetzhausen10)Würtzburg11)

Kommentar

Das Denkmal wurde in der Werkstatt des Rotschmiedes Jakob Weinmann hergestellt, der 1603 bis 1622 in Nürnberg tätig war12). Die Schrift hat Gemeinsamkeiten mit der auf den Denkmälern des Alexanders von Jarsdorff († 1604, Nr. 48) und des Martin von Schaumberg († 1613, Nr. 50): so weist auch die vorliegende Inschrift einen eher gestreckten Mittellängenbereich auf und die hochovalen Bögen der Buchstaben b, d und p durchschneiden die Schäfte, der Bogen des h reicht unter die Grundlinie. Der obere Bogen des a reicht weit hinab bis zum unteren Bogen und endet mit einer Serife. Das runde g wird aus einem geschlossenen oberen und einem offenen unteren Bogen gebildet. Die Enden der Schäfte sind entweder nach rechts umgebogen oder schräg angespitzt, die Schäfte von l und t sind an beiden Enden nach rechts umgebogen, der Schaft des p endet stumpf mit einer rechtwinklig angefügten Serife.

Michael Groß von Trockau muss nach den Angaben bei Biedermann und der Agnatenreihe des Denkmals ein Sohn des Georg und der Helena, geb. von Lauffenholz, gewesen sein. Sein Großvater war Hermann, der Begünder der Linie mit dem Beinamen Pfersfelder, der mit Anna, geb. von Stiebar verheiratet war13). Michael war seit 1559 Domherr und Domkustos in Bamberg und gilt als großer Wohltäter des Franziskanerkollegs in Bamberg14).

Textkritischer Apparat

  1. Zeile durch Helmzier unterbrochen.
  2. Zeile durch Wappen unterbrochen.
  3. Anfangsbuchstabe vergrößert.
  4. Zeile durch Wappen unterbrochen. Anfangsbuchstabe vergrößert.

Anmerkungen

  1. StA Ba B 86, Nr. 250 p. 240.
  2. Zur Restaurierung vgl. Jung, Vorwort 5f.; Baumgärtel, Nagelkapelle 19-22; Restaurierungsbericht 1986.
  3. Der Einschub sic Gaza weist auf den Urheber des Zitats, vermutlich einen griechischen Autor, hin, zu denken wäre z.B. an Prokop von Gaza (465-528) oder Theodorus Gaza († 1475). Eine Identifizierung des Zitats steht noch aus.
  4. Bay 37.
  5. BayA1 47.
  6. BayA3 98.
  7. BayA1 160.
  8. Ein geharnischtes Bein.
  9. Bay 35.
  10. Bay 61.
  11. Bay 64.
  12. Vgl. Thieme/Becker, Künstler 35 300; Zahn, Rotgießerfamilie 353-370.
  13. Biedermann, Gebürg Tf. 101 und 103.
  14. Zur Person vgl. Wachter, Schematismus Nr. 3425; Rothlauf, Verzeichnis II 179f.

Nachweise

  1. StA Ba B 86, Nr. 250 p. 240; SB Ba HV.Msc. 195 p. 177; AEB Rep. I, Nr. 1309 p. 177; BNM Bibl. 1088 fol. 257v; SB Ba HV.Msc. 456, p. 267f.; SB Ba HV.Msc. 212 fol. 14r; SB Ba JH.Msc.Hist. 10c Nr. 23; SB Ba HV.H.Bbg. 261a Nr. 98.
  2. Rothlauf, Verzeichnis II 179f.; Bellendorf, Grabplatten 2 BaNk23; Kdm NF OF IV, II, 1 (Domstift 2) 1565.

Zitierhinweis:
DIO 5, Die Inschriften der Nagelkapelle am Bamberger Dom, Nr. 51 (Julia Karg, Christine Steininger, Ramona Baltolu, Tanja Kohwagner-Nikolai.), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-dio005m001k0005101.