Inschriftenkatalog: Die Inschriften der Nagelkapelle im Dom zu Bamberg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DIO 5: Die Inschriften der Nagelkapelle am Bamberger Dom (2015)

Nr. 40 Dom, Nagelkapelle 1580

Beschreibung

Figurale Metallplatte mit Sterbevermerk für den Domdekan Simon von Berg, genannt Schrimpf und Texten zur Todesbetrachtung. Westwand, 18. Denkmal von Norden, in einem verputzten Ziegelrahmen. Bestattung ursprünglich in der sechsten Gruft der vierten Reihe angebracht1). Eine Reinigung und Restaurierung erfolgte zuletzt 19862).

Unter einem Kielbogen mit Fischblasenmaßwerk steht frontal der Verstorbene als Ganzfigur in Dalmatik über Amikt und Albe mit Parura, am linken Arm den Manipel, mit einem Birett auf dem Haupt. Mit seiner linken Hand drückt er ein aufgeschlagenes Buch an die Brust, auf das er mit der rechten deutet.

Unter seinen Füßen befindet sich eine Tafel mit siebenzeiliger Inschrift (I) in abgetreppter Rahmenleiste. Darunter eine einzeilige Inschrift (II) und eine zweite, dreizeilige in einem vertieften Feld (III). Die Figur wird an drei Seiten von doppelzeiligen Inschriften gerahmt, oben in vertieftem Feld (IV), links (V, VI) und rechts (VII, VIII) in abgetreppten Leisten gerahmt. Oben und links sind die Beschriftungen nach innen ausgerichtet, rechts nach außen. In den Ecken Agnatenwappen in Vierpässen.

Metall.

Maße: H. 181 cm, B. 73 cm, Bu. 2,3 cm (I, IV, V, VI, VII, VIII), 1,5 cm (II, III).

Schriftart(en): Kapitalis.

© Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege [1/1]

  1. I.

    ANNO D(OMI)NI . M . D . LXXX . DIE MERCVRY TERTIA / MENSIS FEBRVARY PIE IN CHRISTO OBYT RE=/VERENDVS PATER ET NOBILIS DOMINVS DO=/MINVS SIMON DE BERG . DICTVS SCHRIMPF ∙ / HVIVS ECCLESIAE BAMBERGENSIS DECANVS / ET CATHEDRALIS WIRCEBVRGENSIS CANONI=/CVS, CVIVS ANIMA REQVIESCAT IN PACE AMEN

  2. II.

    SI DEVS PRONOBIS QVIS CONTRA NOS. ROM(ANOS). 8

  3. III.

    MEMOR ESTO IVDICY MEI. SIC ENIM / ERIT ET TVVM. MIHI HERI ET TIBI / HODIE. ECCLESIAST(ES). XXXVIII

  4. IV.

    CADVCA EST ET FRAGILISa) / TEMPORALIS POTENTIA . D(IVI) . HIERO(NIMI)b)

  5. V.

    QVAE ENIM EST VITA NOSTRA?c) VAPOR / EST AD MODICVM PARENS. IACOB(I). IIII ∙

  6. VI.

    OMNIS CARO FOENVM ET O(MN)IS GLORIA / EIVS QVASI FLOS AGRI. ESAI(AE). XXXX ∙

  7. VII.

    BEATI MORTVI QVI IN D(OMI)NO MORIVNTVR / OPERA ENI(M) ILLORV(M)d) SEQVVNTVR ILLOSd). APOC(ALYPSIS) / 14e)

  8. VIII.

    VTINAM SAPERENT ET INTELLIGERENT / ET NOVISSIMA PROVIDERENT. DEVT(ERONOMII). 32

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn 1580, am Mittwoch, dem 3. Februar, verstarb fromm in Christus der ehrwürdige Vater und edle Herr, Herr Simon von Berg, genannt Schrimpf, Dekan dieser Bamberger Kirche und Kanoniker der Würzburger Kathedralkirche, dessen Seele in Frieden ruhe. Amen. (I)

Wenn Gott mit uns ist, wer sollte gegen uns sein. Römer 8. (II)

Sei meines Urteils eingedenk, so wird es nämlich auch deines sein? Gestern ich und heute du. Ecclesiasticus 38. (III)

Hinfällig und zerbrechlich ist die weltliche Macht. Der seelige Hieronymus. (IV)

Was ist denn unser Leben? Dampf, der nur kurze Zeit erscheint. Jakobus 4. (V)

Alles Fleisch ist wie Heu und all sein Ruhm ist wie eine Blume auf dem Feld. Jesaia 40. (VI)

Glücklich sind die Sterblichen, die im Herrn sterben werden, denn deren Werke folgen ihnen. Offenbarung 14. (VII)

Wenn sie doch wüssten und verstehen würden und das Letzte vorhersehen würden! Deuteronomium 32. (VIII)

Bibel- und Schriftstellerzitat(e):

  • Rm 8, 31 (II); Sir 38, 23 (III); Defensor Locogiacensis, Liber scintillarum, cap. 80, sent. 11 (CCSL 117) 2293) (IV); Iac 4, 14 (V); Is 40, 6 (VI); Apc 14, 13 (VII); Dt 32, 29 (VIII).
Wappen:
Berg4)Diemar5)
Rauheneck6)Stiebar7)

Kommentar

Dieses Denkmal zeichnet sich durch eine ungewöhnliche Kombination von gotischem Maßwerk und einer vom Stilempfinden der Renaissance beeinflussten, klassischen Schrift aus. Während sich das Bildfeld an dem bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts üblichen Schema orientiert, folgt die rahmende Inschrift einem neuen Konzept. Die Schrift folgt sowohl in den Einzelformen als auch in den Proportionen dem klassischen Vorbild. Einzig das Spiel zwischen Haar- und Schattenstrichen ist nur wenig ausgeprägt. Auffallend ist die Cauda des Q, die zwar stachelförmig erscheint, jedoch sehr kurz gehalten ist. Eine ähnliche Form findet sich auch bei den von Sebastian Reichbrunn signierten Inschriften für Konrad, Georg und Kaspar von Würtzburg (Nr. 37) und für Johann Philipp von Seckendorff († 1572, Nr. 38).

Simon von Berg, genannt Schrimpf, war der Sohn des Franz und der Anna, geb. von Diemar, und der Neffe des Kaspar von Berg († 1559, Nr. 35). 1547 erhielt er ein Kanonikat in Bamberg, er studierte u.a. in Ingolstadt und Bologna. 1563-1568 verwaltete er als Vizedom die Bamberger Besitzungen in Kärnten. 1575 wählte ihn das Domkapitel zum Domdekan. Außer in Bamberg war er auch Domherr in Würzburg sowie Propst bei St. Jakob in Bamberg8).

Textkritischer Apparat

  1. S kleiner.
  2. Zeile verkleinert.
  3. s-förmiges Zeichen hochgestellt als Fragezeichen.
  4. Zweites L über Balken des ersten L gestellt.
  5. Bibelstellenzitat in verkleinerter Schrift, übereinander angeordnet.

Anmerkungen

  1. StA Ba B 86, Nr. 250 p. 218.
  2. Zur Restaurierung vgl. Jung, Vorwort 5f.; Baumgärtel, Nagelkapelle 19-22; Restaurierungsbericht 1986.
  3. Im Liber scintillarum wird der Text unter einer ganzen Reihe von dem Hieronymus zugewiesenen Texten zitiert, daher wohl die Zuweisung der Inschrift. Eine ältere Überlieferung – ohne Zuweisung an Hieronymus – findet sich in Isidor von Sevilla, Synonyma 2, 91 (CCSL 111B, 138).
  4. Bay 69; nach Landgraf, Dom 77f. befand sich das Familienwappen über der Grabplatte.
  5. Si1 105.
  6. BayA1 86.
  7. BayA3 98.
  8. Zur Person vgl. Wachter, Schematismus Nr. 683; Kist, Domkapitel 153f.; Kist, Matrikel Nr. 339.

Nachweise

  1. StA Ba B 86, Nr. 250 p. 219; SB Ba HV.Msc. 195 p. 145; AEB Rep. I, Nr. 1309 p. 145 (nur Grabschrift); BNM Bibl. 1088 fol. 245v; SB Ba HV.Msc. 456 p. 171f.; SB Ba HV.Msc. 212 fol. 11v; SB Ba JH.Msc.Hist. 10c Nr. 18; SB Ba HV.H.Bbg. 261a Nr. 77f.
  2. Rothlauf, Verzeichnis II 169f. (nur Grabschrift); Pfister, Dom 51; Bellendorf, Grabplatten 2 BaNk18; Kdm NF OF IV, II, 1 (Domstift 2) 1556f.

Zitierhinweis:
DIO 5, Die Inschriften der Nagelkapelle am Bamberger Dom, Nr. 40 (Julia Karg, Christine Steininger, Ramona Baltolu, Tanja Kohwagner-Nikolai.), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-dio005m001k0004004.