Inschriftenkatalog: Die Inschriften der Nagelkapelle im Dom zu Bamberg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DIO 5: Die Inschriften der Nagelkapelle am Bamberger Dom (2015)

Nr. 29 Dom, Nagelkapelle 1541

Beschreibung

Figurale Metallplatte mit Sterbevermerk für den Domherrn Reimar von Streitberg und Künstlersignatur des Kunz Mülich. Westwand, sechstes Denkmal von Norden, in einem verputzten Ziegelrahmen. Bestattung ursprünglich in der elften Gruft der zweiten Reihe angebracht1). Nach Landgraf fehlte ein Teil der Inschrift2). Dieser wurde im Zuge der 1870 abgeschlossenen Restaurierung ergänzt3). Eine Reinigung und Restaurierung erfolgte zuletzt 19864).

Unter einem Rundbogen, der von zwei ornamental verzierten Pilastern getragen wird, steht frontal der Domherr vor einem ziselierten Hintergund, gekleidet in Pellicea, Superpelliceum und Almutia, mit einem Birett auf dem Haupt. Mit seiner rechten Hand umfasst er einen Kelch, den er mit der linken stützt. Zu Füßen ein Vollwappen.

Die auf vier Seiten umlaufende, links oben beginnende Inschrift (I) wird in den Ecken durch die vier Agnatenwappen in Tartschenform unterbrochen. Künstlersignatur unten rechts an der Basis des Pfeilers graviert (II).

Metall.

Maße: H. 173 cm, B. 81 cm, Bu. 6 cm (I), 0,6 cm (II).

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

© Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege [1/2]

  1. I.

    Anno d(omi)ni Milesimo quingentesi//mo quadr⟨agesimoa) primob) die veroc) Jovis dec(ima) mens(is)d) nov(embris)e) diem vitaef) cla⟩usitg) extre=//mum. Venerab(ilis) et Nobilis vir D(omi)n(u)s // Reymer(us) de Streytberg Bambergen(sis) et Eisteten(sis) ecclesiar(um) Canonic(us) cui(us) a(n)i(m)a req(uiescat) in pace. Amen

  2. II.

    Kuncz Mullig

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn 1541, und zwar am Donnerstag, dem 10. Tag des Monats November, beschloss den letzten Lebenstag der ehrwürdige und edle Mann, Herr Reimar von Streitberg, Kanoniker der Bamberger und Eichstätter Kirchen, dessen Seele in Frieden ruhe. Amen. (I)

Wappen:
Streitberg5).
Streitberg5)Stiebar6)
Herbilstadt7)Redwitz8)

Kommentar

Die Auflage ist von dem Forchheimer Erzgießer Kunz Mülich signiert (vgl. II)9), von ihm stammt wohl auch die 1535 datierte Tafel für Andreas Tockler in der Benediktinerklosterkirche St. Michael10).

Wie die Schrift auf dem Denkmal des Willibald von Redwitz († 1540, Nr. 27) ist auch die auf dem Streitbergdenkmal im Mittellängenbereich stark gestreckt, wobei die einzelnen Buchstaben im vorliegenden Objekt noch schmaler sind, was die Inschrift insgesamt eleganter erscheinen lässt. Große Ähnlichkeit ist beim Buchstaben a zu beobachten. Auch hier ist der Schaft oben nach links gebrochen und der Haarstrichbogen setzt an der Brechung an. Auch beim e ist der obere Bogen sehr klein und der Balken setzt steil an. Die Versalien zeichnen sich vor allem durch Schwellzüge aus.

Reimar von Streitberg war der Sohn des Leonhard und der Margareta, geb. von Stiebar. Er studierte in Erfurt, Ingolstadt und Freiburg im Breisgau. Am 10. Dezember 1510 schwor er als Domherr in Bamberg auf. Am 7. Juli 1523 ernannte ihn Bischof Weigand von Redwitz zum Generalvikar. Er resignierte dieses Amt im Oktober 1524. Im Dezember 1531 wurde er zum Domdekan von Bamberg gewählt und erhielt gleichzeitig die Propstei von St. Jakob. 1540 resignierte er das Amt des Domdekans. Ab 1527 war er außerdem Domizellar in Eichstätt. Er starb in Zwickau11).

Textkritischer Apparat

  1. Gussteilung geht durch das a; quatringentesimo bei BNM Bibl. 1088 fol. 150v, SB Ba HV.Msc. 456 p. 169.
  2. prima BNM Bibl. 1088 fol. 150v, SB Ba HV.Msc. 456 p. 169, SB Ba HV.Msc. 212 fol. 31r.
  3. vere bei SB Ba HV.Msc. 456 p. 169.
  4. Punkt als Kürzungszeichen.
  5. novemb(ris) bei SB Ba HV.Msc. 456 p. 169.
  6. vitae suae SB Ba HV.Msc. 456 p. 169, SB Ba HV.Msc. 212 fol. 31r; vitae suae extremum clausit bei BNM Bibl. 1088 fol. 150v.
  7. Gussteilung geht durch das a.

Anmerkungen

  1. StA Ba B 86, Nr. 250 p. 169.
  2. Landgraf, Dom 64.
  3. Baumgärtel, Nagelkapelle 20-22; AEB Rep. 2, Nr. 2213, Sitzung vom 31. Dezember 1867; AEB Rep. 2, Nr. 2213, Sitzung vom 24. März 1868.
  4. Zur Restaurierung vgl. Jung, Vorwort 5f.; Baumgärtel, Nagelkapelle 19-22; Restaurierungsbericht 1986.
  5. BayA1 184.
  6. BayA3 98.
  7. BayA1 43.
  8. Bay 53.
  9. Thieme/Becker, Künstler 25, 216; Sitzmann, Künstler 374f.
  10. Vgl. Kdm NF OF V, III, 2 (Immunitäten der Bergstadt 2) 257 (m. Abb.).
  11. Zwickau/Sachsen. Zur Person vgl. Weiß, Bischofsreihe 1522-1693, 208f.; Kist, Matrikel Nr. 6168. Zum Eichstätter Kanonikat vgl. Braun, Domkapitel Eichstätt 510, Nr. 284, dort auch zur neueren Literatur.

Nachweise

  1. StA Ba B 86, Nr. 250 p. 169; SB Ba HV.Msc. 195 p. 67; AEB Rep. I, Nr. 1309 p. 67; BNM Bibl. 1088 fol. 150v; SB Ba HV.Msc. 456 p. 169; SB Ba HV.Msc. 212 fol. 31r; SB Ba HV.H.Bbg. 261a Nr. 64.
  2. Rothlauf, Verzeichnis II 126f.; Pfister, Dom 53; Bellendorf, Grabplatten 2 BaNk06; Kdm NF OF IV, II, 1 (Domstift 2) 1545f.

Zitierhinweis:
DIO 5, Die Inschriften der Nagelkapelle am Bamberger Dom, Nr. 29 (Julia Karg, Christine Steininger, Ramona Baltolu, Tanja Kohwagner-Nikolai.), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-dio005m001k0002906.