Inschriftenkatalog: Die Inschriften der Nagelkapelle im Dom zu Bamberg
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DIO 5: Die Inschriften der Nagelkapelle am Bamberger Dom (2015)
Nr. 10 Dom, Nagelkapelle 1505
Beschreibung
Figurale Metallplatte mit Sterbevermerk für den Domkantor Eberhard von Rabenstein. Westwand, 27. Denkmal von Norden, in einem verputzten Ziegelrahmen. Bestattung ursprünglich in der 28. Gruft der vierten Reihe1). Eine Reinigung und Restaurierung wurde zuletzt 1986 durchgeführt2).
Das größtenteils gravierte, aus zwei Teilen bestehende Bildfeld zeigt die nach links gewendete Ganzfigur des Verstorbenen in Pellicea, Superpelliceum und – als einzigem im Bestand – mit vorn offener Almutia sowie einem Birett auf dem Haupt. In seiner rechten Hand hält er ein geschlossenes Buch, in der linken einen Kelch. Durch den in die Tiefe führenden, im Schachbrettmuster gepflasterten Fußboden und durch den an einer Querstange befestigten Vorhang mit einem Granatapfelmuster und Fransenborte im Hintergrund wird ein Raum angedeutet. Den oberen Abschluss bildet ein sich zu einem Kielbogen verschlingendes Rankenwerk mit Putten. Zu Füßen des Domherrn, die Rahmenleiste leicht überschneidend, ein Vollwappen.
Die auf vier Seiten umlaufende, links oben beginnende Inschrift wird an den Ecken durch Agnatenwappen in Tartschenform unterbrochen.
Metall.
Maße: H. 186 cm, B. 75 cm, Bu. 6,5 cm.
Schriftart(en): Gotische Minuskel.
Anno ∙ 1505 ∙ Sextaa) // februarij obijt ven(era)bilis d(omi)n(u)s Eberardus de Rabenstain ∙ Cano=//nicus ∙ et Cantor ∙ // hic sepultus ∙ Cuius Anima requiescat In Paceb) Amen
Übersetzung:
Im Jahre 1505, am 6. Februar, verstarb der ehrwürdige Herr Eberhard von Rabenstein, Kanoniker und Kantor, der hier begraben ist, dessen Seele in Frieden ruhe. Amen.
Rabenstein3). | |
Rabenstein3) | Mistelbach4) |
Streitberg5) | Kuedorf6) |
Textkritischer Apparat
- Die beiden letzten Buchstaben ta kleiner, hochgestellt.
- Nach Pace zwei nebeneinander stehende Quadrangel auf der Zeilenmitte, an dem linken oben und unten ansetzende eingerollte Zierstriche.
Anmerkungen
- StA Ba B 86, Nr. 250 p. 263.
- Zur Restaurierung vgl. Jung, Vorwort 5f.; Baumgärtel, Nagelkapelle 19-22; Restaurierungsbericht 1986.
- BayA1 53.
- BayA1 49 (Mistelbach) oder Bay 45 (Lichtenstein); Kist konnte die Wappenbilder der Mutterseite nicht mehr einwandfrei bestimmen (vgl. Kist, Domkapitel 235f.), Wappen evtl. nachgearbeitet. Landgraf, Dom 40, glaubte das Wappen der Mistelbach zu erkennen, Rothlauf, Verzeichnis I 87, das der Lichtenstein.
- BayA1 184.
- BayA2 106.
- Hauschke, Grabdenkmäler 192, Nr. 19.
- Familienzugehörigkeit erschlossen aus dem mütterlichen Wappen der Grabplatte s. oben Anm. 4.
- Zur Person vgl. Wachter, Schematismus Nr. 7704; Kist, Domkapitel 235-237; Kist, Matrikel Nr. 4731.
- Vgl. Reitzenstein, Bamberger Domherrenhöfe 79f. und Dehio, Franken 110.
- Waischenfeld, Lkr. Bayreuth. Vgl. Guttenberg/Wendehorst, Pfarreiorganisation 142.
Nachweise
- StA Ba B 86, Nr. 250 p. 263; SB Ba HV.Msc. 195 p. 25; AEB Rep. I, Nr. 1309 p. 25; BNM Bibl. 1088 fol. 104v; SB Ba HV.Msc. 456 p. 231; SB Ba HV.Msc. 212 fol. 15v; SB Ba JH.Msc.Hist. 10c Nr. 27.
- Rothlauf, Verzeichnis I 87f.; Pfister, Dom 51; Stierling, Beiträge 189ff., Tf. 34, Abb. 11; Norris, Schools 34-52, 42, 43; Norris, Brasses I 115; Riederer, Metallanalysen Nr. 23; Hauschke, Grabdenkmäler 191f., Nr. 19, Abb. 137, 138; Bellendorf, Grabplatten 2 BaNk27; Kdm NF OF IV, II, 1 (Domstift 2) 1528f.
Zitierhinweis:
DIO 5, Die Inschriften der Nagelkapelle am Bamberger Dom, Nr. 10 (Julia Karg, Christine Steininger, Ramona Baltolu, Tanja Kohwagner-Nikolai.), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-dio005m001k0001000.
Kommentar
Die Schriftgestaltung der vorliegenden Inschrift weicht von den zeitnahen Objekten ab. Sie unterscheidet sich schon durch die breitere Schriftstärke und die aufgelockerte gitterförmige Struktur. Auch der Variantenreichtum der s-Formen ist auffallend. Im Wort sexta ist der Mittelteil gebogen, der obere und untere Abschnitt gebrochen und die Enden mit einem schrägen Zierstrich verbunden; in venerabilis ist das s sehr schmal, beide Bögen gerundet und die Enden eingerollt; eine weitere Form ist im Wort dominus zu sehen: sie zeigt einen gebrochenen unteren Bogen mit oberem Abschnitt als Schwellzug und unterem Abschnitt gewölbt und nach rechts hin anschwellend, der obere Bogen ist spitz gebrochen, an dessen Ende sitzt ein eingerollter Zierstrich; eine ähnliche Form, jedoch mit geradem Zierstrich, findet sich am oberen Bogen im Wort Eberhardus. Doch gibt es auch Gemeinsamkeiten mit den zeitnahen Objekten, so ist auch hier der obere Bogen des doppelstöckigen a klein und eingezogen und auch das Bogen-r wird aus einem verkürzten Schaft und einem darübergesetzten Quadrangel gebildet. Der A-Versal ähnelt dem in den Inschriften der Gebrüder Schaumberg (Nr. 15, 16, 17). Die übrigen Versalien weisen vermehrt Schaft- und Bogenverdoppelungen auf.
Die Grabplatte des Eberhard von Rabenstein hebt sich durch ihre hohe Qualität und die Art der Metallbearbeitung, also den Guss der Platte, bestehend aus Bildfeld mit Hintergrund und Inschriftenleiste, in einem aus zwei Teilen gefertigten Stück, von den anderen zeitnahen Auflagen der Nagelkapelle ab.
Auch in der Kleidung des Domherrn, d.h. in der vorn offenen, umhangartigen, nur mit zwei geknoteten Schnüren geschlossenen Almutia, unterscheidet sich die Darstellung Rabensteins von den übrigen in Almutia dargestellten Bamberger Domherrn. Zudem wird auf die vierpassförmige Einfassung der Agnatenwappen verzichtet.
Das Formular unterscheidet sich durch die in arabischen Ziffern geschriebene Jahreszahl und den Zusatz hic sepultus von den anderen gleichzeitigen Platten.
Trotz dieser auffallenden Unterschiede konnte die Auflage auf Grund der verwendeten Gußformen der Vischer-Werkstatt unter Peter Vischer d. Älteren zugeschrieben werden7).
Eberhard von Rabenstein war der Sohn eines Johann und einer Frau aus der Familie Lichtenstein oder der Mistelbach8). Er wurde 1471 ins Bamberger Domkapitel aufgenommen. Er war zudem Domherr in Naumburg, Eichstätt, Augsburg, Brixen, dort auch Domkustos, und Domvikar in Straßburg. Er war zeitweise auch als diplomatischer Vertreter für Kaiser und Bischof tätig9). Er war zeitweise Besitzer eines Domherrenhofes, der Kurie des Hl. Blasius, an dem sich sein Wappen befindet10). Er stiftete das Spital in Waischenfeld11).