Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)

Nr. 380 Gernsbach, Igelbachstr. 13 1585

Beschreibung

Sturz. Herkunft unbekannt. Derzeit dient er im östlich des Wohnhauses gelegenen Hof als Untersatz für einen Blumenkasten. Rötlicher Sandstein. Querrechteckiger Quader mit einer rechtwinklig gestuften Aussparung an der Unterkante der vorderen Stirnseite. Darüber die Jahreszahl, flankiert von vier Namensinitialen. Über dem ersten und nach dem zweiten Buchstaben der beiden rechten Initialen die eingemeißelten Schifferzeichen nrr. 15 und 16.

Maße: H. 28, B. 91, Bu. 11 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/1]

  1. M Ka) · 1585 · Mb) R

Kommentar

Die freien Enden der Schrägschäfte und -balken sind in geringem Maße keilförmig verbreitert. Der Mittelteil des konischen M endet etwa auf halber Zeilenhöhe. Der Schaft der 1 ist leicht nach rechts durchgebogen und mündet unten in eine Schleife. Die Balken beider 5 setzen direkt an den Bögen an, deren freie Enden ebenfalls schleifenförmig ausgeführt sind. Als Trennzeichen dienen Quadrangel auf halber Zeilenhöhe.

Von den eingemeißelten Schifferzeichen erscheint das linke nochmals über dem 1614 angefertigten Portal eines Gernsbacher Wohnhauses in der Hauptstraße 59.1 Dort wird es von den Buchstaben M und KS flankiert, die aufgrund ihrer Stellung innerhalb der gesamten Inschrift offenbar auf die Ehefrau des unbekannten Hausbesitzers M. V. zu beziehen sind. Gleiches gilt auch für den Sturz von 1585: Die Buchstaben M R sind nach dem Vorbild der heraldischen Gepflogenheiten2 der Ehefrau zuzuordnen, auf deren Eltern die beigesetzten Schifferzeichen verweisen dürften. Die Initialen M K bezeichnen hingegen den Namen des Ehemannes. Unter den Gernsbacher Einwohnern des 16. Jahrhunderts mit dem Anfangsbuchstaben K kommt vor allem die weit verzweigte Familie Kast in Betracht.3 Seit dem Jahr 1579 ist der Zimmermann Martin Kast nachweisbar, der nach dem Tod der ersten Frau Agnes seine zweite Ehe noch vor 1586 mit einer Martina (oder Marta) unbestimmter Herkunft schloß.4 Der Sturz könnte demnach zum Haus dieses Ehepaares gehört haben. Da Martina nach Ausweis der elterlichen Zeichen einer Schifferfamilie entstammte, wäre vor allem an das Gernsbacher Bürgergeschlecht Reinbolt zu denken.5 Am 11. Juni 1605 war sie bereits Witwe; sie selbst starb erst am 13. Februar 1624.4 Vermutlich verheiratete sie sich erneut, weshalb sie auf dem Türsturz von 1614 nun neben den Initialen ihres zweiten Ehemannes, aber immer noch mit ihrem angestammten Schifferzeichen und dem Nachnamen ihres ersten Ehemannes bezeugt ist.1

Textkritischer Apparat

  1. M K] Ergänze vermutlich zu M(artin) K(ast), vgl. Kommentar.
  2. Ergänze vermutlich zu M(artina) bzw. M(arta), vgl. Kommentar.

Anmerkungen

  1. Vgl. nr. 466.
  2. Vgl. zur Verteilung der Ahnenwappen auf Grabdenkmälern Wappenfibel 110f.
  3. Vgl. zur Bevölkerung von Gernsbach Hennl, Gernsbach 72–84; Renner, Murgflößerei 103–115.
  4. Vgl. Hoffmann, Frühe Kast 172 nr. 9.
  5. Zur Form der üblichen Schifferzeichen vgl. Scheifele, Murgschifferschaft 134; zur Schifferfamilie Reinbolt vgl. Renner, Murgflößerei 104; Hennl, Gernsbach, passim (s. Registereinträge).

Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 380 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0038005.