Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)

Nr. 347 Baden-Baden, kath. Pfarrkirche Unserer Lieben Frau (ehem. Stiftskirche) 1574, 1622–1773

Beschreibung

Grabplatte für den Baumeister Hans Mandriba, wiederverwendet für einen unbekannten Jesuiten. Von Franz Josef Herr 1801 „nahe bei dem Altar S. Anna“ und „etwas unter“ dem Grabstein des Simon Kessler lokalisiert.1 Später verloren; nach der Wiederauffindung im Jahre 19622 als erstes Grabmal von Süden innen an die Westwand des Langhauses gestellt. Sandstein. Die hochrechteckige Platte wird durch einfache Rahmenleisten in ein oberes, vier Fünftel der Fläche beanspruchendes Schriftfeld und ein unteres querrechteckiges Wappenfeld unterteilt. Oben der zeilenweise eingemeißelte Sterbevermerk mit Fürbitte (A), stellenweise stark abgetreten. Der im Anschluß verbleibende Platz wurde später für das auf dem Kopf stehende Jesus-Monogramm (B) genutzt. Unten in zwei gegeneinander geöffneten Rundmedaillons zwei reliefierte Wappenschilde in Courtoisiestellung. Das Wappenbild des heraldisch rechten wurde später abgearbeitet und wohl zeitgleich zu Inschrift (B) mit den ebenfalls auf dem Kopf stehenden Initialen (C) versehen. Die Platte ist an Ecken und Rändern bestoßen und teilweise überputzt.

Maße: H. 178, B. 81, Bu. 7 (A), 21 (B), 10 cm (C).

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Frakturversalien und Frakturelementen (A), Kapitalis (B, C).

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/1]

  1. A

    Anno d(omi)nÿ 1574 / 29 Julij starb · der · / Erbar Maister hansz / mandriba · F̣(urstlicher)a) · Baw/ajaisterb) allhie zu baden / Der sellen gott gendigc) /seÿ Amen

  2. B

    IH(ESV)Sd)

  3. C

    IVI / I3)

Wappen:
[Mandriba], Zunftwappen4.

Kommentar

Unter den Gemeinen in (A) bleibt das t auf das Mittelband beschränkt, während die übrigen Oberlängen weit darüber hinausragen. Das der Fraktur entnommene Schaft-s und der Bogen des h enden unterhalb der Grundlinie, der des d schließt oben stumpf und ohne den Buchstaben abzuschließen. Unter den Versalien erscheint das A im ersten Wort nahezu rund, vom Balken ist heute lediglich noch ein schwebendes Quadrangel erkennbar. In Amen hingegen ist es in der Grundform des Minuskelbuchstaben wiedergegeben, wobei unterer Bogen und Schaft als zwei nach innen eingebogene Schäfte ausgebildet sind. Das unziale D ist oben offen. Der rechtsschräge Schaft der 7 ist unten nach rechts umgebogen, die 5 schräggestellt, die 2 spitz. Von den größtenteils abgetretenen Worttrennern sind nur noch wenige Punkte auf halber Zeilenhöhe erkennbar.

Vor allem die Durchmischung der Gotischen Minuskel mit Frakturelementen kennzeichnet eine Schriftentwicklung, die bereits auf den Grabplatten für Jörg Sies, Sebastian von Botzheim und die Ehefrau Andreas Julchers ihren Niederschlag fand.5 Deutliche Unterschiede im Detail sprechen aber gegen einen Werkstattzusammenhang.

Der Baumeister Hans Mandriba läßt sich bisher anderweitig nicht nachweisen. Die Datierung des von den Jesuiten bevorzugt verwendeten Jesusmonogramms6 ergibt sich aus der 1622 eingeleiteten Rückkehr des Ordens in die Stadt Baden. Nach der Schlacht bei Wimpfen wurde die Herrschaft über das baden-badische Territorium Markgraf Wilhelm, dem Sohn Eduard Fortunats von Baden-Baden, übergeben. Dieser setzte die durch die Oberbadische Okkupation unterbrochene Rekatholisierung des Landes fort und rief zunächst zwei Patres in seine Residenz.7 Damit begann erneut eine kontinuierliche Präsenz der Jesuiten bis zur Aufhebung ihres Ordens im Jahre 1773.

Textkritischer Apparat

  1. Lesung unsicher. Lediglich ein leicht linksschräger Balken und der obere Teil des nach links durchgebogenen Schaftes sichtbar.
  2. So statt Baw/maister. Über dem w ein Balken.
  3. So statt genedig.
  4. Der Balken des H ist mit einem lateinischen Kreuz besetzt.

Anmerkungen

  1. Vgl. BLB Karlsruhe K 218, Herr, Materialien 413f. S. a. GLA Karlsruhe 195/1453, Collectanea, o. S. Die ursprüngliche Lage des St.-Anna-Altars ist nicht sicher bezeugt; 1939 befand sich ein neugotischer St.-Anna-Altar in der ersten Kapelle der Nordseite des Kirchenschiffes, vgl. Schnell, Stiftskirche 13. Siehe dazu das Aquarell von Paul Mohr (um 1943) in Stadtgesch. Slg. Baden-Baden Inv.-nr. 10338. Zum Grabmal Simon Kesslers vgl. nr. 294.
  2. Privatbesitz Emilie Ruf, Baden-Baden, Notiz zu ihren Exzerpten aus BLB Karlsruhe K 218, Herr, Materialien 431 Appendix I, o. S.
  3. Bedeutung ungeklärt.
  4. Senkrecht gestellter Hammer und nach links gekehrte Maurerkelle überkreuz.
  5. Vgl. nrr. 295, 309, 315.
  6. Vgl. zu IHS LCI, Bd. 2, Sp. 337; Traube, Nomina sacra 156–161.
  7. Vgl. Kast, Mittelbadische Chronik 7f.; Kdm. Baden-Baden 144f.; zur Oberbadischen Okkupation siehe Einl. Kap. 2, XVIIIf.

Nachweise

  1. GLA Karlsruhe 195/1453, Collectanea, o. S.
  2. BLB Karlsruhe K 218, Herr, Materialien 414.
  3. Weis, Stiftskirche 39.
  4. Frank, Stiftskirche 26 (erw.).

Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 347 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0034700.