Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)

Nr. 342† Greffern (Gde. Rheinmünster) bzw. Grauelsbaum (Stadt Lichtenau), Gewann Kirchhöfel 1573

Beschreibung

Grenzstein. Auf einem gemeinsamen Punkt der ehemaligen Gemarkungsgrenzen von Lichtenau, Scherzheim, Drusenheim (Elsaß, dép. Bas-Rhin), Greffern und Ulm nahe der Fähre nach Drusenheim am sog. Ankenkopf zwischen dem Rhein und dem Naturschutzgebiet Kirchhöfel.1 Da der Fluß diese Stelle häufig überschwemmte, wurde der Grenzstein mehrfach landeinwärts umgesetzt.2 Bildlich ist er letztmalig in einer 1793 angefertigten Skizze des markgräflich badischen Geometers Ludwig wiedergegeben3 und 18381 zumindest noch einmal in einer Karte markiert worden. Die Verlustumstände sind unbekannt.

Quaderförmiger, an zwei Kanten teilweise gefaster Stein auf sechseckiger Grundfläche.4 Auf der breitesten, nach Südosten ausgerichteten Längsseite zwei Wappenschilde. Der untere von beiden wies 1793 keine heraldische Gestaltung mehr auf, sondern zeigte lediglich die Jahreszahl. Auf den übrigen drei rechtwinklig zueinander stehenden Seitenflächen in Höhe des oberen Schildes je ein lateinisches Kreuz. Darunter im Nordosten zweimal die Ziffer 6, im Nordwesten eine 0 oder ein O sowie ein einzelner Schaft. Im Südwesten befanden sich um das Kreuz mehrere Einkerbungen, darunter die Marke nr. 40.5 Die vertikalen Kanten der dem Rhein zugewandten Fläche im Nordwesten waren bis auf das obere Viertel im Norden abgefast. Auf der nördlichen Fase zwei weitere Wappenschilde übereinander, auf der westlichen ein Schild und darunter die Marke nr. 41.5 Die Oberseite des Grenzsteins hatte auf der Nordwestseite ein Kreuz, im Südwesten und im Nordosten eine rechtwinklig zur Kante gestellte Linie.

Inschrift nach GLA Karlsruhe 229/33802, Oberamt Schwarzach (Skizze).

  1. 1573a)

Wappen:
Lichtenberg6, Baden7, Abtei Schwarzach8, Gemeinde Greffern9.

Kommentar

In der offenbar originalgetreu angefertigten Abzeichnung ist der Schaft der 1 unten gespalten und wird im oberen Abschnitt von einem rechtsschrägen Anstrich durchkreuzt. Die Balken der 5 und der 7 sind linksschräg gestellt. Die 3 ist spitz.

Die unregelmäßige Form des Grenzsteines deutet darauf hin, daß einige der Wappen und Zeichen erst nachträglich angebracht wurden. Wie es scheint, hatte er ursprünglich einen quadratischen Querschnitt und war lediglich mit dem Lichtenbergischen Wappenschild sowie den drei Kreuzen versehen, die wohl für den Immunitätsbezirk des Klosters Schwarzach standen. Offenbar kam es später zu einer Änderung der Besitzverhältnisse, weshalb man sich zu einer Erweiterung der Grenzbezeichnungen veranlaßt sah. In diesem zweiten Schritt dürften die beiden Kanten abgefast worden sein, um die zusätzlichen Wappenschilde anbringen zu können. Dafür läßt sich als terminus ante quem das Jahr 1594 anführen, in dem der Stein bereits mit dem Schwarzacher Wappen beschrieben wird.10 Vermutlich fand die Umarbeitung im inschriftlich genannten Jahr 1573 statt, da die Jahresangabe einen leeren, offenbar abgearbeiteten Schild füllt. Folglich kann sie nicht die ursprüngliche Anfertigung, sondern nur eine spätere Abänderung datieren. Der badische Wappenschild kam indessen erst 1792/93 hinzu.11

Textkritischer Apparat

  1. 1573.] Extractus Protocolli Notarialis (Skizze). In der übrigen, nicht bildlichen Überlieferung ist die Jahreszahl teils mit, teils ohne Punkt angegeben.

Anmerkungen

  1. Vgl. Wappenbuch Lkr. Bühl 65 und zur genauen Lokalisierung Hirth, Heimatbuch Greffern, T. 3, 158 (Karte von 1838, hier nr. 94).
  2. Vgl. Gerettete Wahrheit, Bd. 2, 930–932 nr. 785 zu § 627, hier 931 (Versetzungen von 1646, 1648, 1755 und 1765 bezeugt); Lauppe, Burg, Stadt und Gericht Lichtenau (wie unten).
  3. Vgl. GLA Karlsruhe 229/33802, Oberamt Schwarzach (wie unten), abgedr. in Wappenbuch Lkr. Bühl 66 (Abb.).
  4. Beschreibung nach ebd.; s. a. die etwas abweichende Skizze in GLA Karlsruhe 142/24, Extractus Protocolli Notarialis (wie unten), abgedr. in Uibel (wie unten). Die ehemalige Ausrichtung des Steins erschlossen aus den Angaben in GLA Karlsruhe 37/122, Archiv Baden-Baden (wie unten) Extractus Liechtenauer Untergangs-Protocolli v. 8.3.1666, o. S.
  5. Nach dem Grenzberichtigungsprotokoll vom 12.4.1771 war der Stein mit den Dorfzeichen von Ulm und Greffern versehen, vgl. Gerettete Wahrheit, Bd. 2, 930–932 nr. 785 zu § 627, hier 930.
  6. Auf der südöstlichen Seite. Der Schild hier nicht bordiert.
  7. Erst um 1792/93 auf der nördlichen Fase über dem Schwarzacher Wappen ausgeführt. Über dem Schild zwischen zwei halbkreisförmigen Bögen (Fürstenhut?) ein lateinisches Kreuz mit einem zusätzlichen, etwas kürzeren Balken auf halber Höhe.
  8. Auf der nördlichen Fase. Hier Schlüssel und Schwert gestürzt und von einem senkrecht gestellten Krummstab hinterlegt.
  9. Auf der westlichen Fase. Ankerfußschaft mit Kopfsprosse und einer nach oben und unten spitz abgewinkelten schräglinken Mittelkreuzstrebe, vgl. GLA Karlsruhe 37/122, Archiv Baden-Baden (wie unten) Extractus etc. v. 8.3.1666 (Skizze), siehe dazu Marke nr. 42. Vermutlich eine Ruderstange und eine Wolfsangel überkreuz, vgl. zur Ruderstange Wappenbuch Lkr. Bühl 65.
  10. Vgl. Gerettete Wahrheit, Bd. 1, 282 § 308. Zu den späteren Zeugnissen vgl. GLA Karlsruhe 37/122, Archiv Baden-Baden (wie unten) Extractus etc. v. 20.3.1605, abgedr. in Wappenbuch Lkr. Bühl 67; GLA Karlsruhe 142/24, Extractus Protocolli Notarialis (wie unten), abgedr. in Uibel (wie unten).
  11. Vgl. GLA Karlsruhe 229/33801, Die Berichtigung (wie unten), fol. 18r–v (Beschluß zur Ausführung des badischen Wappens); GLA Karlsruhe 229/33802, Oberamt Schwarzach (wie unten) 141v (Skizze mit dem Schild).

Nachweise

  1. GLA Karlsruhe 37/122, Archiv Baden-Baden mit Eberstein und Schwarzach. Specialia. Greffern. Marchen, Exctractus Liechtenauer Untergangs-Protocolli v. 20.3.1605, o. S. (erw.); Extractus etc. v. 1636, o. S. (erw.); Extractus etc. v. 16.3.1647, o. S.; Extractus etc. v. 9.3.1657, o. S.; Extractus etc. v. 8.3.1666, o. S.
  2. GLA Karlsruhe 142/24, Extractus Protocolli Notarialis. Visitatio des Bannsteins auf dem Anckhenkopf etc. v. 9.7.1731, fol. 37r-43v, hier fol. 41v (Skizze).
  3. Gerettete Wahrheit, Bd. 1, 282 § 308.
  4. GLA Karlsruhe 37/121, Archiv Baden-Baden mit Eberstein und Schwarzach. Specialia. Greffern. Gemeindegut. Vergleich und Theilung zwischen denen Gemeinden Ulm und Grefferen v. 4.12.1762, o. S.
  5. GLA Karlsruhe 37/120, Archiv Baden-Baden mit Eberstein und Schwarzach. Specialia. Grauelsbaum. Grenzvisitation v. 27.8.1771, o. S.
  6. Gerettete Wahrheit, Bd. 2, 314–318 nr. 287 zu § 340 (Urk. v. 2.6.1612); 930–932 nr. 785 zu § 627 (Urk. v. 12.4.1771).
  7. GLA Karlsruhe 229/33801, Die Berichtigung der Grenzen zwischen den Hanau Lichtenbergischen Ortschaften Lichtenau, Scherzheim und Drusenheim und den Schwarzacher Abbtstäbischen Ortschaften Greffern und Ulm, 18r–v: Extractus des fürstlichen Fürstlichen Geheimen Raths Protocolls v. 25.9.1792, fol. 18r–v.
  8. GLA Karlsruhe 229/33802, Oberamt Schwarzach. Greffern, Ulm, Lichtenau, Schertzheim, Drusenheim. Grenzverhältnisse, fol. 139v–141: Schreiben des badischen Geometers Ludwig über den Grenzstein am Ankenkopf vom 22.8.1793, hier fol. 141v (Skizze).
  9. Wappenbuch Lkr. Bühl 65 (nach GLA Karlsruhe 37/120, Grenzvisitation v. 27.8.1771), 66 (Abb. nach GLA Karlsruhe 229/33802, Oberamt Schwarzach), 67 (nach GLA Karlsruhe 37/122, Archiv Baden-Baden (…) Extractus etc. v. 8.3.1666).
  10. Hirth, Heimatbuch Greffern, T. 2, 12f. (Abb. nach GLA Karlsruhe 229/33802, Oberamt Schwarzach etc.) – Ludwig Lauppe, Das Rheindörflein Grauelsbaum, in: Die Ortenau 46 (1966) 172–188, hier 178.
  11. Grauelsbaum gestern und heute. Heimatbuch, hg. v. d. Gemeindeverwaltung Grauelsbaum, Grauelsbaum 1969, 13.
  12. Ludwig Lauppe, Burg, Stadt und Gericht Lichtenau. Eine heimatgeschichtliche Rückschau, hg. v. Lisbeth und Wilhelm Lauppe, Weinheim 1984, 187.
  13. Ludwig Uibel, Die Rheinbanngrenze im Bereich von Drusenheim, in: Die Ortenau 79 (1999) 445–461, hier 459 (Abb. nach GLA Karlsruhe 142/24, Extractus Protocolli Notarialis).

Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 342† (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0034205.