Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)
Nr. 60 ehem. Baden-Baden, Neues Schloß (Zähringer Museum) 1446 oder früher
Beschreibung
Zwei Tischmesser. Erstmals 1794 in einer Akte über die Verlassenschaft August Georgs von Baden-Baden als markgräflicher Besitz bezeugt.1 Im Jahre 1877 in die Großherzogliche Waffensammlung2 und später in die Sammlungen des Badischen Landesmuseums Karlsruhe integriert (Inv.-nr. G 824).3 1944 ausgelagert3 und bis zur Auflösung der markgräflich badischen Kunstsammlungen 1995 im Neuen Schloß zu Baden-Baden (Zähringer Museum) ausgestellt.4 Seither an unbestimmtem Standort in Verwahrung des markgräflichen Hauses.3 Stahl, die Griffe aus Bergkristall in Fassungen aus gegossenem, graviertem und vergoldetem Silber. Die Messer sind formal bis auf die Gestalt der Klingen identisch: Die des Tranchiermessers ist spitz, die des Vorlegemessers rund ausgeführt. Auf jeder der beiden Klingen befinden sich zwei eingepunzte Reichsäpfel übereinander. Die Griffe sind an den Enden leicht nach außen gebogen. Die Vorder- und Rückseiten der Heftfassungen zeigen eingetiefte querrechteckige Felder. Darin vor kreuzschraffiertem Hintergrund die in Gravur erhaben ausgeführten Buchstabenfolgen, auf dem Tranchiermesser (I) und auf dem Vorlegemesser (II).
Inschriften nach BLM Karlsruhe, Bildarchiv Neg.-nrr. R 13149, R 13150.
Maße: H. 39,3 (I), 38 (II), Bu. 0,3 cm.4
Schriftart(en): Frühhumanistische Kapitalis.
- I
AEI//OV
- II
AEI//OVa)
Textkritischer Apparat
- Im Anschluß ein erhabenes Blattornament.
Anmerkungen
- Vgl. Thomas/Fritz (wie unten) 18 Anm. 13; GLA Karlsruhe 47/709, Die Verlassenschaft des Markgrafen August Georg von Baden-Baden 8.
- Vgl. Thomas/Fritz (wie unten) 18 Anm. 13; s. a. den Nachweis in Führer (wie unten).
- Freundliche Mitteilung von Herrn Dr. Reinhard Sänger, Badisches Landesmuseum Karlsruhe, vom 24.8.2006.
- Vgl. SpGORh 273 nr. 242.
- Vgl. DI 48 (Wiener Neustadt) LVIII unter Verweis auf eine Eintragung Friedrichs III. auf das ältere Titelblatt seines 1437 begonnenen Notizbuches.
- Vgl. auch im folgenden die zusammenfassende Aufarbeitung des Themas mit reichen Literaturangaben in DI 48 (Wiener Neustadt) LVIII–LXI.
- Vgl. Schwennicke, Europ. Stammtafeln NF, Bd. 1.2, Taf. 267.
- Vgl. Urkunden und Regesten aus dem K. u. K. Haus-, Hof- und Staats-Archiv in Wien, hg. v. Heinrich Zimerman, in: Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses 1 (1883) I–LXXVIII, hier XIV Regest nr. 69. Darin wird die Mitgift an Kleinodien der Anna von Österreich, Tochter Albrechts V., für ihre Vermählung mit Landgraf Wilhelm III. von Thüringen und Herzog von Luxemburg aufgezählt und schließlich erwähnt, daß Katharina, die Schwester Friedrichs III. von Österreich, dieselbe Aussteuer erhielt. Zu Besteck-Messern allg. vgl. RDK, Bd. 2, Sp. 359–362. S. a. vergleichbare Stücke in: Ausstellung Maximilian I., Innsbruck 1. Juni – 5. Oktober 1969, Katalog, hg. v. Land Tirol, Kulturreferat, Innsbruck 1969, nr. 287f. (Abb. 48).
Nachweise
- GLA Karlsruhe, 47/709, Die Verlassenschaft des Markgrafen August Georg von Baden-Baden 8 (erw.).
- Führer durch die Grossherzoglichen vereinigten Sammlungen zu Karlsruhe, hg. v. Grossherzoglichen Conservator der Alterthümer, Karlsruhe 1881, 95 nr. G 824.
- SpGORh 273 nr. 242 (Abb. 222).
- BLM Karlsruhe, Bildarchiv Neg.-nrr. R 13149, R 13150.
- Bruno Thomas / Johann Michael Fritz, Unbekannte Werke spätmittelalterlicher Waffenschmiedekunst in Karlsruhe, in: Waffen- und Kostümkunde 37 (1978) 8f. (Abb. 10).
Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 60 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0006008.
Kommentar
Die Buchstaben weisen bescheidene Bogenschwellungen auf. Die Schrägschäfte des flachgedeckten A sind leicht nach innen eingebogen. Der Mittelbalken ist gebrochen, der Deckbalken beiderseits überstehend und an den Enden keilförmig verdickt. Das O ist spitzoval, der Schaft des I eingeschnürt. Der Mittelbalken des epsilonförmigen E spaltet sich in zwei Enden auf, die nach oben und unten zurückgebogen sind und somit den Buchstaben abschließen. Die Schrägschäfte des V sind oben gespalten und beiderseits nach außen umgebogen.
Die Buchstabensequenz AEIOV wurde von Kaiser Friedrich III. nach eigenen Angaben als Besitz- oder Urhebervermerk benutzt.5 Man hat deshalb die Buchstaben schon früh als verschlüsselte Devise interpretiert und zahlreiche Auflösungen vorgeschlagen.6 Petrus Lambeck, Präfekt der Hofbibliohtek, ergänzte 1666 nach einer Notiz in Friedrichs Notizbuch die Buchstaben zu „Austriae est imperare orbi vniverso“ oder „Alles Erdreich ist Oesterreich untertan“. Spätere Deutungsansätze heben hingegen Friedrichs Neigung zu magischen Zeichen bzw. Buchstabenfolgen hervor und lehnen die Vermutung, es handele sich um die Abkürzung eines Wahlspruches, ab. Eine eindeutige Auflösung oder Klärung des Sachverhalts hat man bislang nicht vornehmen können.
Da durch die Aufschriften die Herkunft der Messer gesichert ist, überdies aber aus einem Schriftstück des Habsburgischen Familienarchivs von 1446 hervorgeht, daß sich im Heiratsgut Katharinas von Österreich, der Schwester Friedrichs III., die am 15. Juli 1447 die Ehe mit Markgraf Karl I. von Baden schloß,7 „zwai par tischmesser“ befanden, wird es sich vermutlich hierbei um ein Paar der genannten Bestecke handeln.8