Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)

Nr. 58† Baden-Baden, Stiftskirche Unserer Lieben Frau 1431

Beschreibung

Grabmal für Markgraf Bernhard I. von Baden. Während der von Markgraf Ludwig Georg von Baden-Baden veranlaßten Restaurierung1 des Kircheninneren im Jahre 1753 aufgefunden, als man „die Fundamente und das Sepulchrum des alten hohen Altars im Stiffte hinwegraumte“.2 Sehr großer, in Stücke zerbrochener Stein, auf dem das ehemals in Erz gegossene Abbild des Markgrafen im Harnisch mit Schild und Helm sowie der umlaufende Sterbevermerk noch gut erkennbar waren.3 Das sowohl die figürliche Darstellung als auch die Inschrift ausfüllende Metall war zum Zeitpunkt der Auffindung bereits verloren.3 Das Grabmal war offenbar bei der Einäscherung der Kirche durch französische Truppen 1689 zerstört worden.4 Die Umstände des endgültigen Verlusts unbekannt.5

Inschrift nach Rothenberg in Schoepflinus.

  1. Anno Domini MCCCCXXXI. Sabbato post inventionem Sanctae Crucis obiit Illustris Princeps Bernardus Ba[– – –]ta) in pace.

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1431 starb am Samstag nach Auffindung des Heiligen Kreuzes der durchlauchte Fürst Bernhard (Markgraf von Baden, dessen Seele) in Frieden (ruhen möge).

Datum: 5. Mai 1431.

Kommentar

Das Grabmal bezeugt, daß Markgraf Bernhard I. von Baden seinem letzten Wunsch gemäß in der Stiftskirche zu Baden bestattet wurde. In seinem zweiten Testament vom 27. August 1412 hatte er festgelegt, daß die damalige Pfarrkirche in ein Kollegiatstift umgewandelt und er darin begraben werden solle.6 Daß diese Verfügung auch bei seinem Ableben noch galt, obwohl die Gründung des Stifts erst unter Markgraf Jakob I. am 10. April 1453 erfolgen konnte,7 ist der urkundlichen Bestätigung des Stiftungsbriefes durch Johannes Flach von Schwarzenberg am 11. April desselben Jahres zweifelsfrei zu entnehmen.8 Das aufwendig gestaltete Grabmal in der Klosterkirche zu Herrenalb, das bereits vor 14009 errichtet worden war und das Bernhard noch 1399 für seine Bestattung vorgesehen hatte10, blieb indes ein Kenotaph.11

Bernhard I. war der Sohn Markgraf Rudolfs VI. von Baden und Mechthilds von Sponheim.12 Ihm gelang es, das Territorium der Markgrafschaft Baden bedeutend zu erweitern. So ist vor allem auf den Erwerb von Hachberg (1415) und den sog. „Beinheimer Entscheid“ von 1425 hinzuweisen, der die Erbfolge der Grafschaft Sponheim 1437 zugunsten Badens und Pfalz-Veldenz’ regelte.13 Bereits 1387 hatte Rudolf VII. von Baden die Hälfte der Grafschaft Eberstein erworben, die nach dessen Tod ebenfalls an Bernhard fiel.14 Der neu gewonnene Besitz wurde durch strenge Hausgesetze (Heidelberger Vertrag von 1380), aber auch durch eine straffe Administration gesichert.15 Dadurch und aufgrund seiner wendigen Diplomatie in Bündnisfragen konnte Bernhard die machtpolitische Stellung der Markgrafschaft Baden innerhalb der südwestdeutschen Herrschaften festigen und ausbauen.16

Textkritischer Apparat

  1. Ba[– – –]t] Ergänze vermutlich zu Ba[densis Marchio cuius anima requiesca]t; vgl. Stoesser (hier ohne cuius anima).

Anmerkungen

  1. Vgl. Kdm. Baden-Baden 79–82; Frank, Stiftskirche 8; Weis, Stiftskirche 15–17; Sachs, Einleitung, T. 2, 286.
  2. Vgl. GLA Karlsruhe Hfk-Hs nr. 510, Herr, Begräbnisse Stiftskirche, fol. 11r, abgedr. in Stoesser, Grabstätten 74 Anm. 51. S. a. Sachs, Einleitung, T. 2, 286. Die Auffindung hingegen in BLB Karlsruhe K 218, Herr, Materialien 313, abweichend datiert: „(…) bei der Visitation der fürstlichen Grabstätte im hiesigen Chor Anno 1754 (…)“.
  3. Vgl. zur Gestalt des Steins die durch Schoepflinus, Historia, tom. 2, 120f. überlieferte Beschreibung des Stiftspropstes Johann Anton Wolfgang von Rothenberg in seiner verschollenen handschriftlichen Abhandlung über das Begräbnis Markgraf Bernhards I. von Baden (Rotenbergii praepositi Badensis dissertatio de veridica sepultura et monumento Bernardi I. marchionis Badensis, vgl. Quellensammlung, Bd. 1, 21): „Inventus est praegrandis lapis inversus, qui licet in frusta dissectus, manifeste et irrefragabiliter spectantibus exhibuit figuram equestrem Bernardi, aere fusam, cum inscriptione: (…) Notandum vero, quod huic lapidi detractum fuerit aes omne fusum cum figura statuae, scuti ac galeae, ac circumscriptis literis, tamen ex incisura lapidis haec omnia adhuc legenda et cognoscenda erant et curiosorum inspectioni prostant.“ Die Interpretation der Bezeichnung „figuram equestrem“ als „Relief des Markgrafen zu Pferde“ sicher unzutreffend, vgl. Kdm. Baden-Baden 39; gemeint ist wohl die übliche Abbildung des Verstorbenen im Ritterharnisch, vgl. zur Übersetzung von equester Niermeyer, Lexicon, Bd. 2, 497.
  4. Vgl. RMB, Bd. 1, 498 nr. 4378; Schoepflinus, Historia, tom. 2, 121; Stoesser, Grabstätten 73 Anm. 51. Allg. zur Zerstörung der Stadt Baden im Orléansschen Erbfolgekrieg vgl. Ortskernatlas Baden-Baden 24; Springer, Zerstörung 41–49; Trenkle, Zerstörung 84–102.
  5. Fr. J. Herr bezeugt im Jahre 1821 noch ein Stück der Grabplatte, auf dem die Lanze zu sehen gewesen sei, im Boden der Nordwestecke des Stiftschores nahe bei den Wandgrabmälern für die badischen Markgrafen Christoph I. und Jakob II., Erzbischof von Trier, vgl. GLA Karlsruhe Hfk-Hs nr. 510, Herr, Begräbnisse Stiftskirche, fol. 11v. Stoesser ging hingegen noch 1903 von der Existenz des Grabsteins unter dem Hochaltar aus, vgl. wie unten.
  6. RMB, Bd. 1, nr. 2726.
  7. RMB, Bd. 3, nr. 7494. Zur Einrichtung des Kollegiatstifts vgl. Andermann, Urkunden 5–10.
  8. RMB, Bd. 3, nr. 7495: „illustris principis domini Bernhardi genitoris seu patris sui quondam marchionis Badensis in ipsa ecclesia Badensi sepulti“.
  9. Vgl. die Datierungsargumentation in Kohler, Herrenalb 324–335.
  10. Vgl. das erste Testament in RMB, Bd. 1, nr. 1863.
  11. Vgl. dazu Kohler, Herrenalb 266–335; DI 30 (Calw) nr. 85. Siehe zur langen Diskussion um den Begräbnisort auch Schoepflinus, Historia, tom. 2, 119–121; Sachs, Einleitung, T. 2, 285f.; GLA Karlsruhe Hfk-Hs nr. 510, Herr, Begräbnisse Stiftskirche, fol. 10v–12r, teilw. abgedr. in Stoesser, Grabstätten 73f. Anm. 51.
  12. Vgl. Schwennicke, Europ. Stammtafeln NF, Bd. 1.2, Taf. 267. Zu Bernhards Leben und Politik vgl. Kohnle, Geschichte 60–69; Schwarzmaier, Baden (2005) 97f., 100, 102–105, 111, 115f.; Schwarzmaier, Baden 187–193 (Lit.); Kohler, Herrenalb 324–333; Sütterlin, Geschichte 282–299; Merkel, Studien 120–133, 137–180; Richard Fester, Markgraf Bernhard I. und die Anfänge des badischen Territorialstaates (Badische Neujahrsblätter 6), Karlsruhe 1896; ADB, Bd. 2, 415f.; Weech, Badische Geschichte 41–60; Preuschen, Badische Geschichte 504–516; Viton de Saint-Allais, Histoire 161–170; Sachs, Einleitung, T. 2, 177–296; Schoepflinus, Historia, tom. 2, 65–126.
  13. Vgl. zu den Gebietserweiterungen Schwarzmaier, Baden 193; Fester (wie Anm. 12) 90–92, 98f.
  14. Vgl. Schwarzmaier, Baden 190; Fester (wie Anm. 12) 38.
  15. Vgl. Schwarzmaier, Baden 188; zu den Veränderungen in der Landesorganisation vgl. Fester (wie Anm. 12) 11–33.
  16. Vgl. zu Bernhards Bündnispolitik Schwarzmaier, Baden 191–193. S. a. Fester (wie Anm. 12) 71–123.

Nachweise

  1. Schoepflinus, Historia, tom. 2, 121 (nach Rotenbergii praepositi Badensis dissertatio de veridica sepultura et monumento Bernardi I. marchionis Badensis [Verf. Johann Anton Wolfgang von Rothenberg]).
  2. Sachs, Einleitung, T. 2, 286 (erw.).
  3. GLA Karlsruhe Hfk-Hs nr. 509, Herr, Merkwürdigkeiten, fol. 5r (nach Rothenberg).
  4. BLB Karlsruhe K 218, Herr, Materialien 314 (nach Rothenberg).
  5. GLA Karlsruhe Hfk-Hs nr. 510, Herr, Begräbnisse Stiftskirche, fol. 11v (nach Rothenberg).
  6. RMB, Bd. 1, nr. 4378 (nach Rothenberg).
  7. Stoesser, Grabstätten 72 mit Anm. 50 (nach Rothenberg).
  8. Kdm. Baden-Baden 139 nr. 4 (nach Rothenberg).
  9. DI 30 (Calw) nr. 85 (nach Stoesser).

Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 58† (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0005808.