Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)

Nr. 24 Baden-Baden-Lichtental, Kloster Lichtenthal, Fürstenkapelle 1346

Beschreibung

Grabmal für Graf Konrad von Fürstenberg, Domdechant zu Straßburg. Erstmals um 1732 in der Klosterkirche „rechter hand im Chor hinder dem Joannis Baptistae altar“ bezeugt.1 Hier lag die figürlich gestaltete Deckplatte auf einem von genastem Gittermaßwerk durchbrochenen Untersatz.2 1946 erfolgte die Zerlegung des ursprünglichen (?) Tischgrabmals; dabei setzte man die Platte aufrecht an die südliche Westwand.3 Im Zuge der um 1966 beginnenden Renovierungsarbeiten nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil wurde sie schließlich in die Fürstenkapelle überführt und dort nahe der Nordwestecke aufrecht in die Nordwand eingelassen.4 Sandstein. Im eingetieften Binnenfeld der Verstorbene im Halbrelief, eingestellt in eine spitzbogige Nische, die oben mit einfachem Maßwerk in Form eines leicht gespitzten Kleebogens verblendet ist. In den Zwickeln zwei reliefierte Blütenornamente. Die barhäuptige Figur ist in Talar und Albe gehüllt; vor der Brust hält sie mit beiden Händen ein geschlossenes Buch. Um das Handgelenk des linken Armes hängt der Manipel. Über dem Haupt die Zahl 12. nach Franz Josef Herrs Numerierungssystem.5 Auf der umlaufenden Rahmenleiste der eingemeißelte und von innen lesbare Sterbevermerk. Der äußere Plattenrand weist bis auf die linke Längsseite ein kräftiges Kehle-Wulst-Profil auf.

Maße: H. 287, B. 135, Bu. 9–10 cm.

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften; Zisterzienserinnenabtei Lichtenthal, Baden-Baden [1/1]

  1. + ANNO · D(OMI)NI · M · CCC · / XLVI · IX · K(A)L(ENDAS)a) · FEBR(VARII)b) · O(BIIT) · NOB(I)L(IS)c) · D(OMI)N(V)Sd) · KVNRAD(VS) · DE · / FVRSTENBERG · / DECAN(VS) · MAIOR(IS)e) · ECC(LESI)Ef) · ARG(ENTI)N(ENSIS)g) ·h)

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1346 starb am 9. Tag vor den Kalenden des Februar der edle Herr Konrad von Fürstenberg, Dekan des Straßburger Doms.

Datum: 24. Januar 1346.

Kommentar

Die Kerben der Buchstaben sind gleichmäßig und tief in den Stein gemeißelt. Sie weisen starke Bogenschwellungen sowie deutliche Sporen auf, deren Enden teilweise mit Zierhäkchen ausgestattet oder einseitig zu langen Spitzen ausgezogen sind. Das A ist in seiner Grundform pseudounzial, hat aber einen beiderseits überstehenden Deckbalken. Das E und das links bzw. beiderseits geschlossene M sind unzial, N und T rund wiedergegeben. C und E sind vollständig geschlossen. Der obere Balken des F zeigt eine leichte Schwellung. Beide Schrägschäfte des K sind gekrümmt, der Balken des L geschwungen. Die Bögen des B treffen auf halber Zeilenhöhe aufeinander und rollen sich danach in entgegengesetzter Richtung ein. Bogen- und Caudaende des R verschmelzen zu einer nach oben hakenförmig umgebogenen Haarlinie, die aber den Schaft nicht berührt. Die freien Bogenenden münden fast immer in dünne, kreisförmig eingebogene Zierlinien. Als Worttrenner dienen kräftige Punkte auf halber Zeilenhöhe. Die Schriftformen entsprechen in vielen Details – vor allem in den mehrfach ausgeführten kreisförmig gebogenen Zierlinien – jenen auf dem Tischgrabmal für die Klostergründerin Irmengard.6 Ähnlich stark verwandt sind die Grabschriften für die Markgrafen Friedrich II. und Rudolf IV. von Baden.7 Anscheinend wurden alle diese Steinmetzarbeiten in Straßburg gefertigt.8

Der Verstorbene war der Sohn Graf Friedrichs I. von Fürstenberg und Udelheids von Wolfach.9 Er ist in der Zeit zwischen 1318 und 1333 als Domherr, danach als Domdechant zu Straßburg nachweisbar.10 Wie der ehemalige Aufstellungsort seines Grabmals im Chor der Klosterkirche und die Notiz im Nekrolog, er habe der Abtei 100 Pfund Straßburger Groschen gestiftet,11 bezeugen, gehörte er zu den großzügigen Wohltätern des Klosters.

Textkritischer Apparat

  1. Als Kürzungszeichen ein Balken, der den Schaft des L im oberen Bereich durchschneidet.
  2. Als Kürzungszeichen ein kurzer Haken, der am unteren Ende des R-Bogens ansetzt.
  3. Als Kürzungszeichen ein rechtsschräger Strich, der am Berührungspunkt von Balken und Schaft des L ansetzt.
  4. Ohne Kürzungszeichen.
  5. Kürzung durch langen Haken, der am unteren Ende des R-Bogens ansetzt.
  6. Kürzung durch Balken über beiden C.
  7. Ohne Kürzungszeichen. Der Bereich über dem N beschädigt und neu verputzt.
  8. Der verbleibende Rest der Rahmenleiste über eine Länge von ca. 50 cm leer.

Anmerkungen

  1. Vgl. KA Lichtenthal o. Sig., Glyckher, Chronik 93.
  2. Vgl. RP Karlsruhe (Denkmalpflege), Photoarchiv, Neg.-nr. 0459.
  3. Vgl. Stober, Baugeschichte 117; Stober, Denkmalpflege 150.
  4. KA Lichtenthal o. Sig., Bauer, Inventar, Bd. 1 (wie unten) fol. 87r (hier 1968 als Jahr der Umsetzung angegeben), Bd. 8 (wie unten) fol. 6r (hier 1966 als Jahr der Umsetzung angegeben). Zu den Renovierungsarbeiten im Einzelnen vgl. Stober, Denkmalpflege 148–151.
  5. Zu F. J. Herrs Numerierung der Lichtenthaler Grabmäler 1803/04 vgl. GLA Karlsruhe 47/37, Herr, Beschreibung Lichtenthal 5.
  6. Vgl. nr. 23.
  7. Vgl. nrr. 18, 25. Ähnliche Schriftformen zeigt auch die Inschrift der Wappentafel an der Burg Alteberstein (nr. 29), die Grabplatte für Heinrich von Riegel (nr. 12) sowie der inschriftliche Sterbevermerk für den zweiten Sohn Erwins von Steinbach namens Johannes (gest. 1339) am Straßburger Münster, vgl. Clauss, Münster (1905) 24 nr. 21 (Abb.).
  8. Vgl. zur Lokalisierung der Werkstatt Einl. Kap. 5.1, LXXVII; s. a. Fürstenbergisches Urkundenbuch (wie unten).
  9. Vgl. Europ. Stammtafeln NF, Bd. 5, Taf. 12. Zur Genealogie und Geschichte der Grafen und Fürsten von Fürstenberg allg. vgl. Albrecht P. Luttenberger, Das Haus Fürstenberg vom frühen Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert, in: Die Fürstenberger. 800 Jahre Herrschaft und Kultur in Mitteleuropa. Schloß Weitra, Niederösterreichische Landesausstellung 1994, hg. v. Erwein H. Eltz u. Arno Strohmeyer (Kat. d. Niederösterreichischen Landesmuseums NF 342), Korneuburg 1994, 1–38; Volker Press, Das Haus Fürstenberg in der deutschen Geschichte, in: ders., Adel im Alten Reich. Gesammelte Vorträge und Aufsätze, hg. v. Franz Brendle u. a. (Frühneuzeit-Forschungen 4), Tübingen 1998, 139–166 (Lit.); Georg Tumbült, Das Fürstentum Fürstenberg von seinen Anfängen bis zur Mediatisierung im Jahre 1806, Freiburg i. Br. 1908, passim; Riezler (wie unten) passim, insbes. 281.
  10. Vgl. Europ. Stammtafeln (wie Anm. 9); zu den entsprechenden Urkunden vgl. Fürstenbergisches Urkundenbuch (wie unten) 417 (Registereintrag: Fürstenberg, Grafen, Konrad). S. a. RMB, Bd. 1, nr. 832.
  11. Vgl. GLA Karlsruhe 64/47, Nekrolog Lichtenthal III, fol. 2v: „viiij kalendas [Februarii] anno m ccc° xlvj° obiit Jllustris Conradus de Furstenberg decanus argentinensis qui legauit c libras denariorum argentinensium.“ S. a. Necrologium 164; Schindele, Abtei Lichtenthal (1984) 70 sowie die ähnliche Formulierung in GLA Karlsruhe 64/19, Nekrolog Lichtenthal I, fol. 112v, abgedr. in Chronik v. Lichtenthal 193.

Nachweise

  1. KA Lichtenthal o. Sig., Glyckher, Chronik 93.
  2. GLA Karlsruhe 47/37, Herr, Beschreibung Lichtenthal 17 nr. 12, Anlage H (Abb.).
  3. GLA Karlsruhe Hfk-Hs nr. 510, Herr, Begräbnisse Lichtenthal, fol. 9r nr. 12.
  4. GLA Karlsruhe G Lichtenthal nr. 1, Grundriß Klosterkirche Bu. G–K, abgedr. in Kdm. Baden-Baden 510 (Abb. 416).
  5. GLA Karlsruhe N Mone 109, Mone, Aufzeichnungen Oosthal, fol. 171r (Abb.), 199v.
  6. Fürstenbergisches Urkundenbuch, Bd. 2: Quellen zur Geschichte der Grafen von Fürstenberg vom Jahre 1300–1399, bearb. v. Sigmund Riezler, Tübingen 1877, 161 nr. 253 (Abb. 21).
  7. Führer durch die Grossherzoglichen vereinigten Sammlungen zu Karlsruhe, hg. v. Grossherzoglichen Conservator der Alterthümer, Karlsruhe 1881, 74 (Inschrift der Kopie).
  8. Sigmund Riezler, Geschichte des Fürstlichen Hauses Fürstenberg und seiner Ahnen bis zum Jahre 1509, Tübingen 1883 (ND 1998), 280 (Abb.), 281 (erw.).
  9. Gutgesell, Kloster Lichtenthal 31.
  10. Bauer, Frauenkloster Lichtenthal 274.
  11. RP Karlsruhe (Denkmalpflege), Photoarchiv, Neg.-nrr. 0459, 0520.
  12. Deodata, Frauenkloster Lichtental 170.
  13. Kdm. Baden-Baden 502 nr. 2, 509 (Abb. 415).
  14. KA Lichtenthal o. Sig., Bauer, Inventar, Bd. 1: Klosterkirche mit Ausstattung, Hochaltar, fol. 85r (Abb.), 87r (Abb. zu Zustand bis 1946), Bd. 8: Plastik, fol. 6r (Photo Wilhelm Kratt).
  15. Cistercienserinnen-Abtei Lichtenthal 15 (erw.).
  16. KA Lichtenthal o. Sig., Krupp, Inventar, Bd.: Fürstenkapelle 5, Grabmäler, Fenster, Hamiltonkapelle, Empore, o. S. (erw.).

Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 24 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0002402.