Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)
Nr. 17 Baden-Baden-Lichtental, Kloster Lichtenthal, Fürstenkapelle 1332?
Beschreibung
Grabplatte für Markgraf Rudolf III. von Baden. In der westlichen Hälfte des Schiffes nahe der Südwand im Boden, heute teilweise unterhalb des Tischgrabmals für die Stifterin Irmengard von Baden.1 Rötlicher Sandstein. Die hochrechteckige Platte im oberen Bereich des Binnenfeldes mit einem vertieft ausgehauenen Wappenschild versehen. Im unteren Fünftel die auf dem Kopf stehende römische Zahl VI. nach Franz Josef Herrs Numerierungssystem.2 In der umlaufenden Rahmenleiste zwischen zwei begleitenden Ritzlinien der eingemeißelte Sterbevermerk, im unteren Abschnitt unterbrochen durch eine Beschädigung. Über weite Teile der Plattenoberfläche Spuren einer nachträglichen Glättung oder Abarbeitung erkennbar.
Maße: H. 320, B. 136, Bu. 10 cm.
Schriftart(en): Gotische Majuskel mit einzelnen Minuskelbuchstaben.
+ · ANNO · D(OMI)NIa) · M° · / CCC° · xxx° II°b) · O(BIIT) · RVODOLF(VS)c) · SENIOrd) · MaRCHIO · / DE · BADEN ·e) IN / · DIE · PVRIF(ICATI)ONISf) · B(EA)TEa) · VI(R)G(IN)ISg) · MaRIE ·h)
Übersetzung:
Im Jahr des Herrn 1332 verstarb Markgraf Rudolf der Ältere von Baden am Tag der Reinigung der seligen Jungfrau Maria.
Datum: 2. Februar 1332.
Baden. |
Textkritischer Apparat
- Waagerechter Kürzungsbalken oberhalb der Rahmenritzlinie.
- M° · / CCC° · xxx° II°] Die hochgestellten Ablativendungen über dem M, dem zweiten C, dem zweiten X und dem ersten I oberhalb der Rahmenritzlinie. MCCCXXXI. Fehnle, Austriacorum (…) familia.
- Das erste O klein über dem V und oberhalb der Rahmenritzlinie.
- Das r als Bogen-r ausgeführt.
- Nach dem Worttrenner eine Oberflächenbeschädigung, weshalb der Steinmetz ein größeres Spatium von ca. 10 cm freiließ.
- Das O klein über dem F und oberhalb der Rahmenritzlinie; sonst keine Kürzungszeichen.
- Das erste I klein über dem V und oberhalb der Rahmenritzlinie; über dem zweiten I in gleicher Position ein waagerechter Kürzungsbalken.
- Nach dem Worttrenner die verbleibende Rahmenleiste in einer Länge von etwa 50 cm leer. Hier die Oberfläche beschädigt.
Anmerkungen
- Vgl. zur genauen Lokalisierung GLA Karlsruhe G Lichtenthal nr. 2, Grundriß Fürstenkapelle nr. VI, abgedr. in Kdm. Baden-Baden 515 (Abb. 421). Zum Tischgrabmal der Irmengard von Baden vgl. nr. 23.
- Zu F. J. Herrs Numerierung der Lichtenthaler Grabmäler 1803/04 vgl. GLA Karlsruhe 47/37, Herr, Beschreibung Lichtenthal 5.
- Vgl. nrr. 11, 12, 13, 16, 27.
- Ähnlich unbeholfen sind die Inschriften für Berthold von Straßberg (nr. 11) und Markgraf Rudolf Hesso von Baden (nr. 19) geschlagen, deren Originalität ebenfalls in Frage steht. Qualitätvoller, doch verdächtig fehlerhaft ist die Gruppe der Inschriften nrr. 8, 9, 10 und 11; siehe dazu Einl. Kap. 5.1, LXXV.
- Die Fürstenkapelle wurde bereits unter den Äbtissinnen Maria von Baden (1496–1519) und Agnes Polentar (1720–26) renoviert, vgl. Stober, Denkmalpflege 120; KA Lichtenthal o. Sig., Hirsch, Aktenbemerkung, fol. 2r.
- Vgl. Schwennicke, Europ. Stammtafeln NF, Bd. 1.2, Tf. 266. Zur Biographie Rudolfs III. von Baden allg. vgl. Schwarzmaier, Baden 185; Schindele, Abtei Lichtenthal (1984) 62, 73; Sütterlin, Geschichte Badens 256; Merkel, Studien 62–79; ADB, Bd. 29, 524; Weech, Badische Geschichte 29; Preuschen, Badische Geschichte 494–498; Viton de Saint-Allais, Histoire 158–160; Sachs, Einleitung, T. 2, 69–85; Schoepflinus, Historia, tom. 2, 26–33; BLB Karlsruhe K 526, Fehnle, Serenissimorum (…) progenitores, fol. 33v–34r. S. a. Herr, Kloster Lichtenthal 47 (Inschrift des um 1832 gefertigten Grabmonuments).
- Vgl. nr. 11.
- Vgl. GLA Karlsruhe 64/19, Nekrolog Lichtenthal I, fol. 112v, abgedr. in Chronik v. Lichtenthal 193; GLA Karlsruhe 64/47, Nekrolog Lichtenthal III, fol. 3r; Necrologium 165; Schoepflinus, Historia, tom. 2, 33. Zur widersprüchlichen Überlieferung des Todesdatums vgl. RMB, Bd. 1, nr. 884.
- Vgl. nr. 7.
Nachweise
- BLB Karlsruhe K 526, Fehnle, Serenissimorum (…) progenitores, fol. 34r.
- BLB Karlsruhe D 162, Fehnle, Austriacorum (…) familia, fol. 272v.
- GLA Karlsruhe 65/10, Fehnle, Serenissimorum (…) progenitores, fol. 118v.
- KA Lichtenthal o. Sig., Glyckher, Chronik 93.
- Schoepflinus, Historia, tom. 2, 33 Anm. l.
- Sachs, Einleitung, T. 2, 83.
- GLA Karlsruhe 47/37, Herr, Beschreibung Lichtenthal 26 nr. VI.
- GLA Karlsruhe Hfk-Hs nr. 510, Herr, Begräbnisse Lichtenthal fol. 14v.
- GLA Karlsruhe G Lichtenthal nr. 2, Grundriß Fürstenkapelle nr. VI, abgedr. in Kdm. Baden-Baden 515 (Abb. 421).
- Herr, Kloster Lichtenthal 46.
- Gutgesell, Kloster Lichtenthal 69.
- RMB, Bd. 1, nr. 884 (erw.).
- Bauer, Frauenkloster Lichtenthal 314.
- Deodata, Frauenkloster Lichtental 204.
- Kdm. Baden-Baden 511, nr. VI.
Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 17 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0001707.
Kommentar
Die merkwürdig ungelenk geschlagenen Buchstaben zeichnen sich durch gleichbleibend schmale Kerben und deutliche Sporen aus. Bogenschwellungen und keilförmige Schaftverbreiterungen, wie sie im ersten Drittel des 14. Jahrhunderts zahlreich belegt und üblich sind,3 fehlen gänzlich. An unzialen bzw. runden Buchstaben erscheinen das geschlossene E, das F, H, das links geschlossene M, das N und das T, dessen Schaft am linken Ende des Balkens ansetzt. Das A tritt sowohl trapezförmig mit beiderseits überstehendem Deckbalken als auch in der Grundform des zweistöckigen Minuskelbuchstabens auf. Das C ist offen, das X in Gotischer Minuskel wiedergegeben. Dessen Schrägschäfte sind oben hakenförmig umgebogen, verschmelzen im mittleren Bereich zu einer senkrecht verlaufenden Linie, die mit einem Nodus ausgestattet ist, und trennen sich erst im unteren Drittel. Als Worttrenner dienen kleine Kreise oder Punkte auf halber Zeilenhöhe.
Der äußerst unbeholfene Schriftduktus, das Fehlen jeglicher Bogenschwellungen, die gleichzeitige Verwendung von Majuskel- und Minuskelformen, aber auch die nachträglich abgearbeitete Oberfläche wecken Zweifel an der Originalität der Inschrift.4 Jedoch fehlen bislang eindeutige Hinweise auf eine Erneuerung.5
Rudolf III. war der Sohn Markgraf Rudolfs I. von Baden und Kunigundes von Eberstein.6 Seine Ehe mit Jutta von Straßberg, die ebenfalls in der Lichtenthaler Fürstenkapelle begraben liegt, ist bereits für März 1306 bezeugt.7 Für die eigene Jahrzeit stiftete Rudolf III. dem Klosterkonvent 100 Mark.8 Darüber hinaus hat er vermutlich auch zum Neubau der Klosterkirche beigetragen.9