Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)

Nr. 531† Baden-Baden, Neues Schloß, Palas 1652?–1669

Beschreibung

Deckenmalerei. Im zweiten Raum des Erdgeschosses nördlich vom Treppenhaus auf der Ostseite.1 Durch den Brand von 1689 stark beschädigt;2 letztmalig 1826 durch Weber bezeugt.3 In den Kappen des ehemals blau getünchten und goldgestirnten Kreuzgewölbes vier Medaillons mit Bildszenen zu Jupiters Liebesaffären.2 In einem davon war der Gott „in galanter Stellung mit einem Frauenzimmer, nebst der Devise in goldenen Buchstaben“4 wiedergegeben. Vermutlich im Zuge der von Großherzog Leopold von Baden veranlaßten Schloßrenovierung in den Jahren 1843–47 abgegangen.5

Inschrift nach Klüber.

  1. Genus unde Badense6)

Übersetzung:

Woher das badische Geschlecht (stammt).

Versmaß: Hexameterschluß.7

Kommentar

Markgraf Wilhelm von Baden-Baden und sein Sohn Ferdinand Maximilian gestalteten um die Mitte des 17. Jahrhunderts die Erdgeschoßräume des Schloßpalas neu aus.8 Decken und Wände wurden dabei mit reichem Stuckwerk versehen und erhielten figurenreiche Ausmalungen. Das im Zuge dieser Bauarbeiten eingerichtete Prunkbad, das sich im Süden an das hier beschriebene Zimmer anschließt, weist in den Sockelmedaillons die verschlungenen Namensinitialen Ferdinand Maximilians auf.9 Demnach kommt für die Entstehung erst die Zeit ab 1652 in Betracht, denn in diesem Jahr trat Markgraf Wilhelm sein Amt als kaiserlicher Kammerrichter in Speyer an und übertrug die Regierungsgeschäfte seinem ältesten Sohn.10 Unter ihm sind vermutlich auch die übrigen Zimmer im östlichen Bereich des Nordflügels entstanden.11

Der Verweis auf eine göttliche Abstammung, hier sogar auf Jupiter selbst, war seit jeher ein bevorzugtes Argument zur Legitimation von Herrschaft. Die badischen Markgrafen konnten sich in der Frühen Neuzeit dabei vorwiegend an den genealogischen Werken des Hauses Habsburg orientieren, da darin im Anschluß an die schwäbische Guntramsippe in der Regel auch die Zähringer behandelt wurden.12 Bereits Heinrich Gundelfingen, Professor für Poesie und Rhetorik an der Universität Freiburg, führte in seiner um 1476 verfaßten Genealogie die habsburgische Stammfolge bis auf Julius Caesar zurück.13 Dieser hatte für sich und seine Sippe bekanntermaßen den Trojaner Aeneas als Urahn in Anspruch genommen. Da nun Aeneas der Sohn der Aphrodite war14 und die Liebesgöttin wiederum durch Homer als Tochter des Zeus und der Dione gut bezeugt ist,15 mußte es Ferdinand Maximilian von Baden-Baden nur folgerichtig erscheinen, daß auch seine Familie zu den Nachfahren des Göttervaters zählt.

Anmerkungen

  1. Vgl. Krieg v. Hochfelden, Schlösser 78; zur Lokalisierung siehe den Grundriß des Gebäudes in Kdm. Baden-Baden, o. S. Faltbl. II (Abb. 174).
  2. Vgl. Krieg v. Hochfelden, Schlösser 78.
  3. Vgl. Weber (wie unten).
  4. Klüber, Beschreibung, T. 1, 133.
  5. In Krieg v. Hochfelden, Schlösser 78 bereits als verloren bezeugt. Zur Schloßrenovierung vgl. Kdm. Baden-Baden 248.
  6. Paraphrase nach Verg. Aen. 1,6: „inferretque deos Latio, genus unde Latinum“.
  7. Es handelt sich um die letzten zweieinhalb Versfüße eines Hexameters nach der Hephthemimeres.
  8. Vgl. Kdm. Baden-Baden 246. S. a. nrr. 528, 532.
  9. Vgl. Kdm. Baden-Baden 269.
  10. Vgl. Schwarzmaier, Baden 228; Kdm. Baden-Baden 246; Weech, Geschichte 180.
  11. S. a. nr. 532. Zu Ferdinand Maximilian von Baden-Baden vgl. Stingl, Ferdinand Maximilian 10f.; Schwarzmaier, Baden 228 Anm. 273 (Lit.); Weech, Geschichte 162–199.
  12. Vgl. Hansmartin Schwarzmaier, Die Markgrafen und Großherzöge von Baden als Zähringer, in: Die Zähringer. Eine Tradition und ihre Erforschung, hg. v. Karl Schmid (Veröff. zur Zähringer-Ausstellung 1), Sigmaringen 1986, 193–202, hier 202f.
  13. Vgl. Dieter Mertens, Die Habsburger als Nachfahren und Vorfahren der Zähringer, in: Die Zähringer (wie Anm. 12) 151–174, hier unter Berufung auf Alphons Lhotsky, Apis Colonna. Fabeln und Theorien über die Abkunft der Habsburger. Ein Exkurs zur Cronica Austrie des Thomas Ebendorfer, in: ders., Das Haus Habsburg (ders., Aufsätze und Vorträge 2), München 1971, 7–102, hier 37–40.
  14. Vgl. Hunger, Lexikon 530.
  15. Vgl. Hunger, Lexikon 49.

Nachweise

  1. Klüber, Beschreibung, T. 1, 133.
  2. Karl Julius Weber, Reise durch das Großherzogtum Baden [1826], Stuttgart 1979, 164.
  3. Krieg v. Hochfelden, Schlösser 78.
  4. Lübke, Renaissance, Bd. 1, 265.

Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 531† (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0053102.