Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)
Nr. 527† Baden-Baden, altkath. Pfarrkirche St. Maria u. Vierzehn Nothelfer (ehem. Spitalkirche) 2. H. 16.–1. H. 17. Jh.
Beschreibung
Grabmal für die Ehefrau bzw. die Familie eines Stadtschreibers Wenger. Von Fridegar Mone in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf der Epistelseite des Chores an den Chorstühlen bezeugt.1 Damals bereits stark verstümmelt, so daß der ehemals im oberen Bereich des Steines verzeichnete Sterbevermerk (?) mit Fürbitte (A) nur noch fragmentarisch lesbar war. Darunter die Reste eines abgespitzten Wappens, um das sich offenbar die Namen der Kinder gruppierten, die teilweise durch ein Kreuz als bereits verstorben gekennzeichnet waren. Heraldisch rechts des ehemaligen Schildes die Namen (B) und (C) untereinander, heraldisch links wohl zwei weitere Namen (D) und (E) in gleicher Anordnung. Von (D) jedoch nur wenige Buchstaben überliefert. Verlustumstände unbekannt.
Inschrift nach GLA Karlsruhe N Mone 109, Mone.
- A
[– – – / – – –]/ Gewestera) . s[– – –]/schreiberb) . zu . Ba[den]c) / deren sele[– – –]d) / Gott gene[dig sei]c)
- B
anna / elisa/betha / Wena/gerine)
- C
erasimusf) / Reinhard . / Wenderg) .
- D
[– – –]io[– – – / – – –]u[– – –]h)
- E
cath[arina]i) / franc[isca]k) / Men[ger]l)
[Wenger]. |
Textkritischer Apparat
- Zunächst Gemester geschrieben, danach korrigiert und über das m ein w gesetzt.
- s[– – –]/schreiber] Ergänze in Anbetracht des offenbar geringen Buchstabenverlustes vermutlich zu s[tadt=]/schreiber.
- Ergänzung nach Mone.
- Textverlust unsicher. Ergänze zu sele[n] oder in entsprechenden Abkürzungen sele[n der almechtige] oder sele[n der barmherzige].
- Dazu in einer Anm. von Mone die Lesevarianten „Wengerin? oder Wenderin“ angegeben. Lies vermutlich Wen=/gerin.
- Nach dem a ein lateinisches Kreuz eingefügt.
- Zunächst mender geschrieben; links daneben ein unterstrichenes W. an den Rand gesetzt. Lies: Wenger.
- Die Zeilenumbrüche sind innerhalb der ersten Textlücke nicht erschließbar; danach entsprechen sie der Schriftanordnung im Ms. In Anbetracht der wenigen überlieferten Buchstaben, die allesamt über dem th von cath[arina] in Inschrift (E) positioniert sind, wäre auch denkbar, daß es sich hierbei nur um Lesevarianten des Namen handelt.
- Nach dem c ein lateinisches Kreuz eingefügt. Ergänzung nach Mone.
- Emendiert aus Mones Ergänzung franc[iscus].
- Ergänzung von Mone mit einem Fragezeichen versehen. Lies: Wen[gerin].
Anmerkungen
- Sämtliche Angaben nach GLA Karlsruhe N Mone 109, Mone (wie unten).
- Negativer Befund in Andermann, Urkunden; Ruf, Beiträge; Haebler, Geschichte; Gauges, „Wir bekennen“; Der Geistliche Rat; Oetling-Kappler, Familien; Loeser, Geschichte; Regesten und Urkunden.
- Vgl. Margot Fuß, Die Alte Hofapotheke in Baden-Baden, in: Aquae 35 (2002) 9–35, hier 11f. S. a. Andermann, Urkunden 77 nr. 139 (25.11.1687), hier wohl irrtümlich „Menger’sche Apotheke“ ediert.
- Vgl. Fuß (wie Anm. 3) 11.
- Vgl. nr. 422 (1602); DI 57 (Pforzheim) nrr. 211 (1599), 232 (1615); DI 22 (Enzkreis) nrr. 286 (1598), 343 (1619); DI 20 (Karlsruhe) nr. 277 (1582); DI 54 (Mergentheim) nrr. 201 (1568 o. früher), 297 (1594), 343 (E. 16./A. 17. Jh.), 414 (1617, 1626); DI 47 (Böblingen) nrr. 223 (1575), 259 (1591).
- Vgl. den frühesten Beleg in nr. 134 (4. V. 15. Jh.), den spätesten in nr. 435 (1606).
Nachweise
- GLA Karlsruhe N Mone 109, Mone, Aufzeichnungen Oosthal, fol. 121v.
Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 527† (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0052708.
Kommentar
In Anbetracht des Beginns der Fürbitte deren sele[– – –] handelt es sich hier offenbar um das Grabmal der Ehefrau oder der Familienmitglieder eines bisher anderweitig nicht nachgewiesenen Stadtschreibers. Da der Kopist anscheinend Schwierigkeiten hatte, W und M zu differenzieren, ist anzunehmen, daß die Inschrift wohl in Fraktur ausgeführt oder doch zumindest mit reich verzierten oder ungelenken Frakturversalien versehen war. Die überlieferten bzw. bereits von Mone emendierten Namensvarianten Wenager, Mender oder Wender sind im bisher veröffentlichten Quellenmaterial zur Geschichte der Stadt Baden nicht belegt.2 Hingegen ist für das 17. Jahrhundert die Apothekerfamilie Wenger gut bezeugt.3 Von ihren Angehörigen sind allerdings nur Johann Friedrich, Franz Wilhelm und der Barbier Jacob Bernhard Wenger mit Namen bekannt.4 Für die Datierung des Grabmals bleiben folglich nur wenige, unsichere Indizien. Die bereits verstorbenen Kinder durch Sterbekreuzchen zu kennzeichnen entspricht einem Brauch, der sich vor allem in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts entwickelte und bis weit in das 17. Jahrhundert anhielt.5 Mit dieser Zeitstellung wäre ebenso das Formular der Fürbitte vereinbar.6