Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)

Nr. 522† Baden-Baden-Lichtental, Kloster Lichtenthal, Fürstenkapelle 1635?

Beschreibung

Grabplatte für den Klosterkaplan Johannes Sommervogel. Ehemals im nordwestlichen Bereich des Kapellenschiffes im Boden.1 Im Zuge der Renovierung der markgräflichen Grablege von 1829/32 gehoben und aus dem Gebäude entfernt.2 Damals wurde der Sterbevermerk mit der Fürbitte auf einen Sammelgrabstein, der heute an der nördlichen Außenwand der Klosterkirche steht, übertragen und mit der Nummer 25. versehen.3 Das Original ist verloren.

Inschrift nach GLA Karlsruhe 47/37, Herr.

  1. M . DC . XXXVa) . Die . XX Martzi . Pie . in . D(omi)no . obÿit . Doctissimus . et . Providusb) . Vir . ac Dominus . Joannes . Summer Vogel . Frÿburgensis . Cujus . Anima quiescat . in . Pacec).

Übersetzung:

1635, am 20. Tag des März, verstarb fromm im Herrn der hochgelehrte und fürsichtige Mann und Herr Johannes Sommervogel aus Freiburg, dessen Seele in Frieden ruhen möge.

Kommentar

Die Identität des Verstorbenen läßt sich unter Berücksichtigung des Todesjahrs 1635 nicht eindeutig klären. Feststeht, daß es sich um jenen ehemaligen Pfarrer Johannes Sommervogel handeln muß, der 1633 im Kloster Lichtenthal die Stelle eines Kaplans erhielt.4 In den Unterlagen zu diesem Vorgang, den die Äbtissin Margareta Göll ohne Wissen des damaligen Landesherren Friedrich V. von Baden-Durlach genehmigte, sind für Sommervogel allerdings die Vornamen Johannes Cornelius überliefert.5 Ein Jesuit dieses Namens, geboren 1593 zu Freiburg i. Br., hatte 1623 die Pfarrstelle in Haueneberstein (Stadt Baden-Baden) angetreten, wofür die Abtei Lichtenthal das Kollationsrecht besaß.6 Da der Lichtenthaler Kaplan zur Zeit seines Amtsantritts ebenfalls ein ehemaliger Jesuit gewesen sein soll, wenngleich er zuvor eine Pfarrstelle in Rastatt innehatte, wäre durchaus möglich, daß es sich um dieselbe Person handelt.5 Dann aber müßte diese auch mit dem Rastatter Landdekan Dr. Johannes Cornelius Sommervogel zu identifizieren sein, der zwischen 1639 und etwa 1670 Pfarrer zu Kuppenheim war.7 Dem widerspricht jedoch das inschriftlich überlieferte Todesjahr 1635. Allerdings bezeugen die Textlücken innerhalb der Inschrift auf dem Sammelgrabstein, daß die Lesbarkeit der originalen Grabplatte um 1829/32 bereits stark eingeschränkt war. So kommt wohl eine Fehllesung der Jahreszahl durch Franz Josef Herr durchaus in Betracht. Da Johann Cornelius Sommervogel in den archivalischen Quellen letztmalig 1674 bezeugt ist,8 könnte das Todesjahr entweder M . DC . LXXV oder M . DC . LXXXV gelautet haben.

Textkritischer Apparat

  1. M . DC . XXXV] + 1635 Sammelgrabstein, danach auch Kdm. Die 3 auf dem Sammelgrabstein nur noch undeutlich zu erkennen. Lies unter Berücksichtigung des Kommentars vermutlich: M . DC . LXXV.
  2. Doctissimus et Providus] D[O]CT(VS) ET PRO(VIDVS) Sammelgrabstein, danach auch Kdm.
  3. Cujus . Anima quiescat . in . Pace] [– – –] ONUMUS . /[.]. H: M: C: A: IN PACES AMEN. Sammelgrabstein, danach auch Kdm.

Anmerkungen

  1. Vgl. zur Lokalisierung GLA Karlsruhe G Lichtenthal nr. 2, Grundriß Fürstenkapelle nr. 25, abgedr. in Kdm. Baden-Baden 515 (Abb. 421).
  2. Vgl. zu den Renovierungsmaßnahmen von 1829/32 Stober, Denkmalpflege 116–128; Krimm, Fürstenkapelle 147–158. Damals ließ Fr. J. Herr neun Grabsteine von Verstorbenen, die nicht der markgräflichen Familie angehörten, aus der Kapelle entfernen, vgl. Krimm, Fürstenkapelle 155.
  3. Vgl. Kdm. Baden-Baden 517 nr. 2; siehe hier auch die drei übrigen darauf verzeichneten Grabschriften; zu der für Maria Salome Colbin vgl. nr. 514. Zu F. J. Herrs Numerierung der Lichtenthaler Grabmäler 1803/04 vgl. GLA Karlsruhe 47/37, Herr, Beschreibung Lichtenthal 5.
  4. Vgl. GLA Karlsruhe 92/79, Anstellung des ehem. Pfarrers Johann Sommervogel als Kaplan des Klosters Lichtenthal, 1633.
  5. Vgl. Schindele, Abtei Lichtenthal (1985) 130.
  6. Vgl. Kurt Hochstuhl / Erwin Senft, Haueneberstein. Aus der Geschichte des Dorfes am Eberbach, Baden-Baden 1994, 225.
  7. Vgl. Gerhard Friedrich Linder, Kuppenheim – Chronik einer Stadt, hg. v. d. Stadt Kuppenheim, Ubstadt-Weiher 1999, 738.
  8. Vgl. ebd. 741 Anm. 20.

Nachweise

  1. GLA Karlsruhe 47/37, Herr, Beschreibung Lichtenthal 38 nr. 25.
  2. GLA Karlsruhe, Herr, Begräbnisse Lichtenthal fol. 22v nr. 25.
  3. Kdm. Baden-Baden 517 nr. 2.

Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 522† (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0052203.