Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)

Nr. 521 Gernsbach, ev. Pfarrkirche (St. Jakob) 1635, 1635 oder früher

Die vorliegende Katalognummer weicht in ihrer Darstellung aus technischen Gründen von der Druckfassung ab.

Beschreibung

Epitaph für Georg Heinzmann, seine Frau Anna Maria, geb. Krieg, und ihre Kinder. Im Chor aufrecht an der Südwand. Rötlicher Sandstein. Hochrechteckige Platte mit einem Giebelaufsatz, der oben mit einem schmaleren Spitzbogen abschließt. Im Giebelfeld vier einander berührende Ringe, von denen die beiden in horizontaler Anordnung je ein Wappen umschließen. Der obere ist leer, der untere nicht ganz geschlossen. Er bildet die hufeisenförmige Bekrönung des geringfügig in den Aufsatz hineinragenden Plattenbinnenfeldes, das die Sterbevermerke für beide Eheleute in zentriert eingemeißelten Zeilen enthält (A1). Im Anschluß folgen die Geburts- und Sterbedaten der Kinder (A2). In der eingetieften Rahmenleiste, die sich über die beiden Längsseiten und die untere Schmalseite der Platte erstreckt, das von innen lesbare Bibelzitat (B). Die Kanten leicht bestoßen; sonst gut erhalten.

Maße: H. 242, B. 118,5, Bu. 2,5–3,5 (A), 5,5 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/1]

  1. A1

    ANNO CHRI=/STIa) / MDCXXXV / AVFF GEORGII / IST IN GOTT ENT=/SCHLAFEN HERR · / GEORG HAINZMANN / GEWESTER BVRGER: GE=/SCHWORNER SCHIFFER / AVCH DES RATHS VNND / GERICHTS VORMVNDT1) / ALHIE / IN DEM XXXIX IAHRb) / SEINES ALTHERS / DESSEN LIEBE HAVS=/FRAW / ANNA MARIA KRIEGIN / DAS ⟨. .⟩ IAHR ERREICHT / VN(N)D DEN ⟨13 SEPT(EMBRIS)c)⟩ AN(NO)d) ⟨1635⟩ / AVCH SEHLIG / VERSCHIDEN

  2. A2
     DEREN V KINDER  
    GEBORN  GESTORBN 
     ANNO  
    M D C 
    XIX MARGARETHA ⟨. . .⟩ 
    XXII MAR(IA)c) BARBARA ⟨. . .⟩ 
    XXVI IOH(ANNES)c) GEORGIVS }XXIX 
    XXVIII ANNA MARIA  
    XXXIII IOH(ANNES)c) IACOBVS. ⟨. . .⟩ 
  3. B

    DER STAVB MVES WIDER ZV DER ERDEN KOMMEN WIE ER / GEWESEN IST: VNND DER / GEIST WIDER ZV GOTT DER IHN GEBEN HAT2) ECCL XII.

Datum: 23. April 1635.

Wappen:
Heinzmann3, Heinzmann4.

Kommentar

Die Anfangsbuchstaben, die Namen sowie die Zahlzeichen sind in beiden Inschriften deutlich größer ausgeführt.5 Der Bogen des D ragt oben über den Schaft nach links hinaus. Die Cauda des G ist weit unter die Grundlinie gezogen und hier nach links umgebogen. Der Mittelteil des M, das in (A) gerade und in (B) konisch ist, endet etwa auf halber Zeilenhöhe. Die Cauda des R ist geschwungen und ausgestellt, das Z kommt mit und ohne Mittelbalken vor. Der rechtsschräge Schaft des X ist stark geschwungen. Als Silbentrennungszeichen dient ein rechtsschräger Doppelstrich in Höhe der Grundlinie. Manche der beschriebenen Buchstabenformen, wie z. B. die Überhöhungen, das G und das M in (A), lassen sich auch auf den Grabmälern für das Ehepaar Weiler und einen Unbekannten beobachten.6 Möglicherweise wurde diese Platte in derselben Werkstatt beschriftet; von einer Identität des ausführenden Steinmetzen ist jedoch in Anbetracht der deutlichen Unterschiede nicht auszugehen.

Georg Heinzmann gehörte einer vermögenden Schifferfamilie an, deren Vorfahren aus Ettlingen (Lkr. Karlsruhe) stammten und die erst 1580 aufgrund der Heirat Hans Simon Heinzmanns mit Magdalena Weiler in Gernsbach ansässig wurde.7 Mehrfach bekleideten ihre Angehörigen städtische Ämter.8 So ist auch Georg Heinzmann spätestens seit 1630 als Gernsbacher Gerichtsvormund1 nachweisbar.7 Im Alter von 20 Jahren hatte er die Ehe mit der damals 18jährigen Anna Maria Krieg geschlossen.8 Demnach verstarb die Ehefrau im Alter von 37 Jahren. Da ihre Altersangabe innerhalb des Sterbevermerks unvollständig geblieben ist und ihre Sterbedaten offenbar nachgetragen wurden, muß das Grabmal die Inschrift (A) noch zu ihren Lebzeiten – also offenbar kurz nach dem Tod des Gatten – erhalten haben. Indessen weichen die M-Formen innerhalb des Bibelzitats (B) deutlich von denen der Sterbevermerke (A) ab. Entweder hatte Georg Heinzmann die Platte noch selbst anfertigen und mit dem Prediger-Vers ausstatten lassen, oder es handelt sich um ein vorgefertigtes Grabmal, das die Steinmetzwerkstatt bereits mitsamt dem Bibelzitat zum Kauf angeboten hatte.

Textkritischer Apparat

  1. Das H ist geringfügig in den Bogen des voranstehenden C eingestellt.
  2. Über dem I ein Kreis.
  3. Kürzung durch Doppelpunkt.
  4. Ohne Kürzungszeichen.

Anmerkungen

  1. Zum Begriff sowie allg. zur Gerichtsordnung und Gemeindeverwaltung der Stadt Gernsbach vgl. Hennl, Gernsbach 145–149; Landkreis Rastatt, Bd. 2, 100–103, bes. 101.
  2. Pr 12,7.
  3. In Analogie zu nrr. 396, 399, 432 identifiziert. Schifferzeichen nr. 30 (zwei waagschnittige Schräglinksschindeln nebeneinander, oben links und unten rechts begleitet von je einer kurzen schwebenden Schräglinksleiste); vermutlich handelt es sich um das Hauptzeichen des Schiffers, vgl. zu den Schifferzeichen allg. Scheifele, Murgschifferschaft 133f.; Jägerschmid, Murgthal 170f.
  4. In Analogie zu nrr. 396, 399, 432 identifiziert. Schifferzeichen nr. 31 (vorn zwei senkrecht gestellte, schwebende Leisten nebeneinander, hinten eine waagschnittige Schräglinksschindel über einer waagschnittigen Schrägschindel); vermutlich handelt es sich um das Schwartenzeichen des Schiffers, vgl. wie Anm. 3.
  5. Größe der überhöhten Zeichen: 3,5–6 (A), 7 cm (B).
  6. Vgl. nrr. 513, 515.
  7. Vgl. Hennl, Gernsbach 226 (hier auch zum Wert der Heinzmannschen Liegenschaften und zum Umfang seines Holzhandels).
  8. Vgl. Langenbach, Grabsteine 337.

Nachweise

  1. Langenbach, Grabsteine 335 (Abb. 5), 337.
  2. Kdm. Rastatt 148f.

Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 521 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0052106.