Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)

Nr. 501† Baden-Baden, Stiftskirche Unserer Lieben Frau 1626

Foto vgl. Druckversion, Abb. 302. Für die Onlineversion wurde keine Fotopublikationsgenehmigung erteilt.

Beschreibung

Metallauflage der Grabplatte für Markgraf Albrecht Karl von Baden-Baden. Ehemals auf der Grabplatte im Bodenbereich des zweiten Chorjoches von Westen südlich der Chorachse.1 Messing (?).2 Im Jahre 1754 vom Stein gelöst, um künftig aufrecht an einer Chorwand angebracht zu werden.3 Zuvor zur Säuberung bzw. Instandsetzung nach Rastatt in die Werkstatt des Hofschlossers Johann Ögg transportiert.4 Nach einer späteren Überführung in die Geheime Kanzlei im Zuge der Schloßplünderungen durch französische Truppen 1796 abhanden gekommen.5 Die verbliebene Steinplatte sollte nach den Vorstellungen der letzten Markgrafen von Baden-Baden eine neue Messingauflage erhalten,6 die durch ein zweites Vollwappen auch daran erinnert hätte, daß in der unterirdischen Bestattungskammer zwei Personen bestattet wurden.7 Der zwischen 1765 und 1771 in Straßburg erfolgte Guß mißlang jedoch und fand keine Verwendung.8 Erst 1801 meißelten schließlich Steinmetz Wagner und seine Söhne in die untere Plattenhälfte die noch heute vorhandene Inschrift nach den Vorgaben Franz Josef Herrs ein.9

Die ursprüngliche Metallauflage bestand aus zwei separaten Einzelstücken.10 Im oberen Plattenbereich befand sich ein lorbeerumkränztes Vollwappen in Frontalstellung. Die untere Schildspitze berührte dabei einen Totenschädel, aus dessen Augenhöhlen zwei Schlangen hervorkrochen. Dem Kranz waren oben ein Engels- und an den Seiten zwei Puttoköpfchen aufgelegt. Den unteren Plattenbereich nahm eine querrechteckige Rollwerkkartusche ein, die am oberen Rand mit einem weiteren Engelsköpfchen verziert war. Dieses ragte etwas in das Binnenfeld hinein und unterbrach die darin zeilenweise angeordnete Grabbezeugung mit anschließendem Sterbevermerk. Rollwerk und Voluten des Rahmens waren zusätzlich mit lappigen Blättern versehen. Am unteren Rand eine Sanduhr hinter zwei schräggekreuzten Knochen.

Inschrift nach GLA Karlsruhe 47/54, Bidermann, Beilagen.

Maße: H. 217, B. 119.11

Schriftart(en): Kapitalis und Humanistische Minuskel.

  1. HICa) //b) IACETa) / SEPVLTVS · //b) ILLVSTRISSI(MVS)c) / PRINCEPS · AC · DOMINVS . D(OMINVS) / ALBERTVS · CAROLVS · D(EI) · G(RATIA) · / MARCIOd) · BADENSIS · ETa) HOCHBERG(ENSIS) / obijt Bade XXIII . Junij . Anno / MDC //e) XXVI .

Übersetzung:

Hier liegt begraben der durchleuchtigste Fürst und Herr, Herr Albrecht Karl, von Gottes Gnaden Markgraf von Baden und Hachberg. Er starb zu Baden am 23. Juni im Jahre 1626.

Wappen:
Baden-Sponheim.12

Kommentar

Albrecht Karl war als jüngster Sohn Markgraf Eduard Fortunats von Baden-Baden und Marias von Eicken am 17. August 1598 auf Schloß Kastellaun (Rhein-Hunsrück-Kreis) zur Welt gekommen.13 Über sein Leben ist nichts Näheres überliefert. Er soll im Jahre 1626 auf Schloß Hundschloß (vermutlich Burg Kastellaun, Rhein-Hunsrück-Kreis) durch einen versehentlich ausgelösten Schuß beim Pistolenreinigen ums Leben gekommen sein. Aufgrund der Inschrift ist diese Überlieferung zumindest insoweit zu korrigieren, als der Tod Albrecht Karls offenbar erst nach dessen Rückkehr in die Stadt Baden eingetreten ist.

Textkritischer Apparat

  1. Das Wort etwa nur halb so groß ausgeführt.
  2. Unterbrechung durch das von oben in das Textfeld hineinragende Engelsköpfchen.
  3. Abkürzung im Ms. durch eine Schleife mit Abschwung.
  4. So statt MARCHIO. Margio Herr.
  5. Unterbrechung durch die von unten in das Textfeld hineinragende Sanduhr.

Anmerkungen

  1. Vgl. zur Lokalisierung der Grabplatte GLA Karlsruhe Hfk Pläne J nr. 7 (schwarz), Grundriß Stiftskirche (1755) nr. 14; GLA Karlsruhe G Baden-Baden nr. 108, Grundriß Stiftskirche (1801) nr. 14, abgedr. in Kdm. Baden-Baden 136 (Abb. 107).
  2. Material erschlossen aus der überlieferten Angabe „Bronze“, vgl. GLA Karlsruhe Hfk-Hs nr. 510, Herr (wie unten). Zur Tatsache, daß die spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Metallauflagen fast ausschließlich in Messing gegossen wurden, vgl. Zahn, Inschriftenträger 68.
  3. Markgraf Ludwig Georg von Baden-Baden erteilte den Auftrag zur Erhebung der metallenen Grabplatten im Chor am 10.3.1753 in einem Schreiben an Hofkammerrat Dyhlin und Oberkeller Dürrfeld, vgl. GLA Karlsruhe 195/723, Kirchenbaulichkeiten I, fol. 168r–v. In einem Brief Markgraf Ludwig Georgs an die Kirchenbaukommission vom 15.9.1757 ist dann ausdrücklich von den „erhobenen“ Epitaphien die Rede, vgl. PfA Baden-Baden StiftsA o. Sig., Schreiben an Kirchenbaukommission, o. S. Der Hofmechaniker Sebastian Claiß schreibt in seinem Kostenvoranschlag vom 14.4.1777, die Metallauflagen hätten 23 Jahre (demnach ab 1754) in der Werkstatt des Hofschlossers Johann Ögg gestanden, vgl. GLA Karlsruhe 47/21, Claiß, Kostenvoranschlag, o. S.
  4. Zum Zeitpunkt der Überführung der Metallauflagen nach Rastatt vgl. Anm. 3. Zur Identität des Hofschlossers Johann Ögg vgl. GLA Karlsruhe 47/21, Bidermann, Pro Memoria, o. S.; Kdm. Baden-Baden 91, 95.
  5. Vgl. zur Datierung des Verlustes und zu den Einzelheiten GLA Karlsruhe Hfk-Hs nr. 510, Herr, Begräbnisse Stiftskirche, fol. 10r, 13r; PfA Baden-Baden StiftsA, Geheimratsprotokoll v. 13.11.1800, o. S.; s. a. Kdm. Baden-Baden 138.
  6. Zu den Vorstellungen der letzten Markgrafen von Baden-Baden bezüglich der Wiederherstellung der Grablege im Stiftschor vgl. Bartusch, Wiederherstellung 259–278 (im Druck). Der Wortlaut des für Mgf. Albrecht Karl vorgesehenen Sterbevermerkes, der auf der südlichen Plattenhälfte unter einem badischen Vollwappen Platz finden sollte, lautete: Albertus / Carolus / M(archio) B(adensis) / O(biit) XXIII / Junij MD / CXXVI., vgl. GLA Karlsruhe Hfk Pläne J nr. 7 (schwarz), Grundriß Stiftskirche (1755) nr. 14; PfA Baden-Baden StiftsA o. Sig., Dürrfeld, Aufnahme, o. S. nr. 14; PfA Baden-Baden StiftsA o. Sig., Steinhäuser, Gutachten, o. S. nr. 14. Auf der nördlichen Plattenhälfte sollte nur ein badisches Vollwappen ausgeführt werden, da man die zweite Bestattung nicht zu identifizieren wußte, vgl. ebd. und Anm. 7.
  7. Zur Öffnung der Gruft und den zwei darin vorgefundenen Särgen vgl. GLA Karlsruhe 47/20, Notariatsinstrument (1754), o. S.; GLA Karlsruhe Hfk-Hs nr. 510, Herr (wie unten). Herr „getraute“ sich nicht, den von ihm vermuteten Namen der in der Gruft ebenfalls bestatteten Person anzugeben, schloß allerdings aus dem 1754 gefundenen Stück „Coffée braunen Taffet“, daß es sich um eine Prinzessin handeln müsse (Maria von Eicken?), vgl. GLA Karlsruhe Hfk-Hs nr. 509, Herr (wie unten).
  8. Der Befehl Mgf. August Georgs von Baden-Baden an Kommissar Dürrfeld, den Guß der Metallauflagen mit der Straßburger Stück- und Glockengießerei vertraglich vorzubereiten, datiert vom 20.12.1765, vgl. GLA Karlsruhe 47/21, Schreiben an Dürrfeld, o. S. Die mißglückte Ausführung in Eisen, die bis 1771 vorgenommen worden sein muß, bezeugt Stiftspropst Ludwig von Harrant am 22.3.1776, vgl. GLA Karlsruhe 47/21, Harrant, Pro Memoria, o. S.
  9. Der Sterbevermerk lautet: 1[4.] / ALBERT(VS) CAROL(VS) / EDVARDI · FORTVNATI . / FILIS (sic!) . / IN VENATI[O]NE OCVBVIT (sic!) / MDCXXVI. Siehe dazu Kdm. Baden-Baden 135 nr. 14; Weis, Stiftskirche 43 nr. 32; GLA Karlsruhe G Baden-Baden nr. 108, Grundriß Stiftskirche (1801) nr. 14, abgedr. in Kdm. Baden-Baden 136 (Abb. 107); GLA Karlsruhe 47/22, Herr, Bericht, o. S. nr. 14; PfA Baden-Baden StiftsA o. Sig., Steinhäuser, Gutachten, o. S. nr. 14.; PfA Baden- Baden StiftsA o. Sig., Herr, Gegenbericht, o. S. nr. 14.
  10. Beschreibung nach der Abzeichnung in GLA Karlsruhe 47/54, Bidermann, Beilagen, o. S. Äußerst ähnlich ist das noch vorhandene Wappen aus Messing von der Grabplatte Markgraf Eduard Fortunats von Baden-Baden, vgl. nr. 500.
  11. Maße der erhaltenen Steinplatte nach Kdm. Baden-Baden 135 nr. 14.
  12. Identifiziert nach Abzeichnung in GLA Karlsruhe 47/54, Bidermann, Beilagen, o. S.
  13. Vgl. auch zu den folgenden Angaben Europ. Stammtafeln NF, Bd. 1.2, Taf. 268; Thiele, Stammtafeln, Bd. 1.2, 279; s. a. GLA Karlsruhe Hfk-Hs nr. 509, Herr (wie unten); PfA Baden-Baden StiftsA o. Sig., Steinhäuser, Gutachten, o. S. nr. 14.; PfA Baden-Baden StiftsA o. Sig., Herr, Gegenbericht, o. S. nr. 14; Sachs, Einleitung, T. 3, 313f.; Schoepflinus, Historia, tom. 3, 82, 145; Jacobi Wilhelmi Imhofii notitia sacri Romani Germanici imperii procerum tam ecclesiasticorum quam secularium historico-heraldico-genealogica (…), Tubingae 1732, 334; Der Durchleuchtigsten Fürsten 235f.

Nachweise

  1. GLA Karlsruhe 47/54, Bidermann, Beilagen, o. S. (Abb.).
  2. GLA Karlsruhe Hfk-Hs nr. 509, Herr, Merkwürdigkeiten, fol. 29v (erw.).
  3. GLA Karlsruhe Hfk-Hs nr. 510, Herr, Begräbnisse Stiftskirche, fol. 24r nr. 14.
  4. Herr, Begräbnisse Pfarrkirche 7 nr. 14 (erw.).
  5. Kdm. Baden-Baden 141 nr. 13 (erw.).

Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 501† (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0050104.