Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)

Nr. 468 Baden-Baden-Lichtental, Kloster Lichtenthal 1586–1614

Beschreibung

Weihrauchfaß. Silber, getrieben, gegossen, graviert, punziert. Auf der Unterseite des mit graviertem Maßwerk verzierten Sechspaßfußes der einen geschlossenen Kreis bildende Besitzvermerk mit Amtsbezeugung. Die halbkonturierten Buchstaben wurden zwischen vorgeritzten Zeilenlinien teils eingraviert und zusätzlich punziert, teils nur punziert. Auf der Oberseite eines Passes zwei gepunzte Wappenschilde, rechts die Straßburger Beschau1 und links offenbar das Zeichen des Straßburger Meisters Antani Joham2. Die gebuchtete Schale ist außen mit getriebenem Beschlagwerk und vegetabiler Ornamentik versehen. Darüber ein als Durchbrucharbeit gestalteter Deckel, der sich in sechs Buckeln der Schale anpaßt und sich oben zu einer polygonalen Helmspitze verjüngt, deren Kanten mit Krabben besetzt sind. Als Bekrönung dient eine gegossene Figur der Muttergottes. Vier seitlich befestigte Ketten verbinden das Gefäß mit dem in Form einer gewölbten Sechspaßscheibe gestalteten Handgriff.

Maße: H. 28, B. 15, Bu. 0,4 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften; Zisterzienserinnenabtei Lichtenthal, Baden-Baden [1/2]

  1. ·a) DA MATHEVS SPRINGAVFF SCHAFNER WAR KAM ICH INS · GOTTSHAVSb) · LIECHTENTHAL ·c)

Kommentar

Die Buchstaben wurden in Halbkontur wiedergegeben und besitzen an den Schäften waagerecht, an den Balken überwiegend schräg anliegende Sporen. Während bei A, M und N die Linksschrägschäfte doppelt gezogen sind, wurden bei V und W die Rechtsschrägschäfte entsprechend verstärkt. Sämtliche Balken am E und am F sind von unterschiedlicher Länge, die Cauda des G ist eingestellt. Der untere Schrägbalken des K sowie die Cauda des R sind geschwungen, stark verlängert und enden unterhalb der Grundlinie. Als Worttrenner dienen einzelne gepunzte Punkte auf halber Zeilenhöhe.

Nach dem Eintrag im Nekrolog war Matthäus Springauf bis zu seinem Tod am 22. April 1614 über einen Zeitraum von 28 Jahren hinweg Schaffner des Klosters Lichtenthal.3 Folglich hatte er das Amt bereits 1586 angetreten. Die Inschrift auf dem Rauchfaß kann somit erst ab diesem Jahr und nicht nach 1614 entstanden sein. Aus ihrer Formulierung geht nicht eindeutig hervor, ob Springauf die Anfertigung der Silberarbeit eigens für Lichtenthal in Auftrag gab oder sie nur von anderer Stelle für den Gebrauch im Kloster erwarb und lediglich mit der Inschrift versehen ließ. In Anbetracht der 1597 bezeugten Meistermarke ist jedoch die erste Variante wahrscheinlicher.

Mit seiner Frau Gertrud4 hatte Matthäus Springauf eine Tochter Eva Maria, die am 6. Dezember 1642 zur Äbtissin des Lichtenthaler Konvents gewählt wurde.5 Da ein verlorener Grabstein im westlichen Bereich der Klosterkirche ein Vollwappen mit einem steigenden Pferd im Schild zeigte, könnte er dort bestattet worden sein, zumal auch seine Gattin innerhalb der Abteimauern ruht.6

Textkritischer Apparat

  1. Kleiner punzierter Kreis auf halber Zeilenhöhe.
  2. Die ersten beiden Buchstaben überlagern einen von links oben hereinragenden Tremolierstich.
  3. LIECHTENTHAL ·] Die beiden letzten Buchstaben AL aus Platzmangel kleiner ausgeführt und gemeinsam mit dem Worttrenner hochgestellt; das A wurde dabei über das voranstehende H gesetzt.

Anmerkungen

  1. Vgl. Rosenberg, Merkzeichen, Bd. 4, nr. 6887f.
  2. Vgl. Marke nr. 64; siehe dazu Hans Haug, L’Orfèvrerie de Strasbourg dans les collections publiques françaises (Inventaire des collections publiques françaises 22), Paris 1978, o. S. (table I. d’insculpation des orfèvres; Antani Joham, 1597).
  3. Vgl. GLA Karlsruhe 64/47, Nekrolog Lichtenthal III, fol. 8r: „x kalendas [Maii] anno domini 1614 · Jst der ernhaft matheus Springuf vsz diser zeit verscheiden czu Liechtenthal Schaffner · 28 · Jor · Requiescat Jn pace“. Siehe zu ihm auch Weech, Landtagsabschiede 361, 363; Schindele, Abtei Lichtenthal (1985) 34 Anm. 1242.
  4. Vgl. nr. 456
  5. Vgl. Schindele, Abtei Lichtenthal (1985) 134. Siehe zu ihr auch Bauer, Frauenkloster Lichtenthal 228. Eine weitere Tochter namens Anna Elisabeth ist in Inschrift nr. 456 (B) bezeugt.
  6. Vgl. Einl. Kap. 6 nr. *29; GLA Karlsruhe G Lichtenthal nr. 1, Grundriß Klosterkirche, nr. 23, abgedr. in Kdm. Baden-Baden 510 (Abb. 416). Siehe dazu Bauer, Frauenkloster Lichtenthal 277 nr. 23. Zum Grabstein Gertrud Springaufs mit dem entsprechenden Allianzwappen vgl. nr. 456. Die Tochter (gest. 1658) wurde als Äbtissin im Kapitelsaal bestattet, vgl. Kdm. Baden-Baden 518 nr. 7; Bauer, Frauenkloster Lichtenthal 228.

Nachweise

  1. GLA Karlsruhe Hfk-Hs nr. 510, Herr, Begräbnisse Lichtenthal, fol. 10v.
  2. GLA Karlsruhe N Mone 109, Mone, Aufzeichnungen Oosthal, fol. 199r.
  3. Gutgesell, Kloster Lichtenthal 34.
  4. Bauer, Frauenkloster Lichtenthal 277.
  5. Deodata, Frauenkloster Lichtental 174.
  6. Kdm. Baden-Baden 483 (Abb. 388), 484 nr. 18.
  7. Barocke Goldschmiedekunst 22 nr. 31.
  8. KA Lichtenthal o. Sig., Bauer, Inventar, Bd. 9: Silber-, Gold-, Metallarbeiten, fol. 22r (Abb.).
  9. Renaissance 673 nr. L 103.
  10. 750 Jahre Lichtenthal 317f. nr. 169.
  11. KA Lichtenthal o. Sig., Krupp, Inventar, Bd.: Sakristei, Vasa sacra 1, Meßkännchen, Kelche, Prozessionskreuz, Weihwasser, Rauchfässer, o. S.

Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 468 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0046804.