Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)

Nr. 456 Baden-Baden-Lichtental, Kloster Lichtenthal, Schulgebäude 1610, 1659

Beschreibung

Grabplatte für Gertrud Springauf und ihre Tochter Anna Elisabeth Heisler, geb. Springauf. Ehemals im westlichen Langhausbereich der Fürstenkapelle im Boden; hier nördlich der Grabplatte für Markgraf Rudolf Hesso von Baden.1 Im Zuge der 1829/32 vorgenommenen Renovierung des Gebäudes gehoben und an nicht bezeugter Stelle aufgestellt.2 Diese möglicherweise bereits identisch mit dem derzeitigen Standort außen an der Südwand des heutigen Schul- bzw. früheren Amtshauses. Rötlicher Sandstein. Die hochrechteckige, senkrecht an der Wand stehende Platte ist in zwei etwas eingetiefte und von reliefiertem Beschlagwerk gerahmte Bereiche gegliedert. Im oberen, etwas kleineren Feld der zeilenweise eingemeißelte Sterbevermerk (A) für Gertrud Springauf, im unteren zwei reliefierte Eheallianzwappen unter gemeinsamem Helm. Über der Helmzier eine später aufmontierte und das Ende von Inschrift (A) verdeckende Bronzetafel mit der erhaben gegossenen Grabbezeugung für Anna Elisabeth Heisler (B). Links davon auf dem Rand die auf dem Kopf stehende Zahl 21. nach Franz Josef Herrs Numerierungssystem.3 Die gesamte Platte stark verwittert.

Ergänzungen nach Kdm. Baden-Baden.

Maße: H. 206, B. 92, Bu. 3,5 (A), 2,1 cm (B).

Schriftart(en): Fraktur (A), Kapitalis (B).

Heidelberger Akademie der Wissenschaften; Zisterzienserinnenabtei Lichtenthal, Baden-Baden [1/3]

  1. A

    [Den I T]ag [Marty / anno 1610] Starb die Tugend/reich[e frawe] Gertrudta) des / [Erenvesten u]nd Fürgeachte(n)b) / [Herrn] Ṃathaejc) Spring=/au[ff . . . . . . . .]ḷịc̣ḥend) Gotts=/haus Lichtenthaals [Sc]haffne=/rs [ehe]liche [H]auṣẓf̣ṛaw [dere]n sam=/ḅṭ [– – –]e)

  2. B

    ·f) NACHGEHENTS · DEN · XXX · APRILIS / · ANNO MDCLVIIII · STARB · DIE · AVCH TVGENT/REICH FRAVW ANNA ELISABETHA · HERREN / · IOHANN BERNHARDT HEISLERS · DER ZEIT / · OBERSCHAFNERS ALLDA EHELICHE HAVS/FRAVW · ALS · DOCHTER · SO IN DIS · IHRER / · MVETHER SELIGEN · GRAB BEGEHRT HAT / · DEREN · SAMBT ALLEN CHRISTGLAVBIGEN / · SEELEN · GOT GNEDIG SEIN WOLLE · AMEN

Wappen:
Springauf4, [unkenntlich]5.

Kommentar

Die Kerben der Frakturbuchstaben sind konstant schmal geschlagen. Die Versalien überragen deutlich die Gemeinen, zeigen aber keine auffälligen Verzierungen. Die gleichförmigen Kapitalisbuchstaben in Inschrift (B) wurden offenbar mittels Modeln hergestellt.

Der Geburtsname der Gertrud Springauf ließ sich bisher nicht ermitteln. Ihr Ehemann, Matthäus Springauf, hatte zwischen 1586 und 1614 das Amt des Klosterschaffners inne und stiftete während seiner Anstellung der Abtei ein Rauchfaß.6 Neben Anna Elisabeth hatten beide noch eine weitere Tochter namens Eva Maria, die 1642 vom Lichtenthaler Konvent zur Äbtissin gewählt wurde.7 Gertruds Todesdatum wird durch einen Eintrag im Nekrolog bestätigt.8

Textkritischer Apparat

  1. Der Versal etwas größer als die übrigen.
  2. Kürzungszeichen nicht erkennbar.
  3. Walthery Kdm. Waltherÿ Herr.
  4. Spring=/au[ff . . . . . . . .]lichen] Ergänze vermutlich zu: Spring=/au[ff des löb]lichen.
  5. sam=/bt [– – –]] Sel Got gnad Herr, Sel .. Kdm. Ergänze vermutlich in Anlehnung an Inschrift (B): sam/bt [allen christglaubigen Seelen Gott gnad bzw. gnedig sein wolle. Amen.] Der aus der längeren Ergänzung resultierende zusätzliche Zeilenumbruch ist nicht mehr lokalisierbar. Die Wiederholung der Fürbittformel würde erklären, warum man nicht zögerte, mit der Bronzetafel einen Teil der älteren Inschrift zu verdecken.
  6. Blütenornament auf halber Zeilenhöhe.

Anmerkungen

  1. Vgl. zur Lokalisierung GLA Karlsruhe G Lichtenthal nr. 2, Grundriß Fürstenkapelle nr. 21, abgedr. in Kdm. Baden-Baden 515 (Abb. 421). Zur Grabplatte Markgraf Rudolf Hessos von Baden vgl. nr. 19.
  2. Zur Renovierung der Fürstenkapelle 1829/32 vgl. Stober, Denkmalpflege 116–128; Krimm, Fürstenkapelle 147–158. Damals wurden auf Veranlassung Fr. J. Herrs sämtliche Grabplatten von Verstorbenen, die nicht der markgräflichen Familie angehörten, aus der Fürstenkapelle entfernt, vgl. Krimm, Fürstenkapelle 155.
  3. Zu F. J. Herrs Numerierung der Lichtenthaler Grabmäler 1803/04 vgl. GLA Karlsruhe 47/37, Herr, Beschreibung Lichtenthal 5.
  4. Ein springendes, widersehendes, gezäumtes Pferd, hier linksgewendet. Als Helmzier über Helmwulst zwischen einem Flug ein wachsendes, widersehendes Pferd, ebenfalls linksgewendet.
  5. Stark verwittert, möglicherweise fünf schragenweise angeordnete Kugeln. In den Stammfolgen der Familien von Sickingen bzw. von Flehingen läßt sich jedoch bisher keine Gertrud nachweisen, vgl. Otto Beuttenmüller, Die Herren von Sickingen, in: Archiv für Sippenforschung 49/50 (1983/84) 343–358, 423–436; Georg Helwich, Genealogia Oder GeburtsLini / deß Vhralten Adelichen Geschlechts Deren Von Flehingen, Franckfurt 1634.
  6. Vgl. nr. 468.
  7. Vgl. Schindele, Abtei Lichtenthal (1985) 134. Siehe zu ihr auch Bauer, Frauenkloster Lichtenthal 228.
  8. Vgl. GLA Karlsruhe 64/47, Nekrolog Lichtenthal III, fol. 5r.

Nachweise

  1. GLA Karlsruhe 47/37, Herr, Beschreibung Lichtenthal 37 nr. 21.
  2. GLA Karlsruhe Hfk-Hs nr. 510, Herr, Begräbnisse Lichtenthal, fol. 22v nr. 21.
  3. GLA Karlsruhe N Mone 109, Mone, Aufzeichnungen Oosthal, fol. 195r–v (erw.).
  4. Kdm. Baden-Baden 517f. nr. 4.

Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 456 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0045604.