Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)
Nr. 436 Baden-Baden-Lichtental, Kloster Lichtenthal, Klosterkirche 1606
Beschreibung
Kanzel. Ursprünglich an der südlichen Langhauswand, eingebunden in den Aufgang zum Nonnenchor.1 Im Jahre 1946 wurde der seit unbestimmter Zeit im Fußboden verborgene Kanzelfuß freigelegt.2 1947 erhielt die Kanzel durch Kunstmaler C. F. W. Schleh eine neue farbige Fassung.3 1948 versetzte man sie nach Osten unter den letzten südlichen Gewölbeanfänger vor dem Chorschluß.4 Hier geriet der Kanzelfuß infolge der Verbreiterung der Chorstufen nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil von 1965 erneut unter Bodenniveau.5 Sandstein, polychrom gefaßt. Die Außenseiten des polygonalen Kanzelkorbs sind mit reliefiertem, heute vergoldetem Beschlagwerk vor rotem Hintergrund verziert. Auf dem nordwestlichen Korbfeld unter einem Rundbogen die ebenfalls reliefierte Figur des hl. Bernhard von Clairvaux im Ordenshabit. In der Rechten hält er ein Buch, in der Linken den Abtsstab. Rechts neben seinen Füßen ein von einem Abtsstab hinterlegter Wappenschild. Auf der unteren, breiter ausgeführten Rahmenleiste der Bildtitel und die Jahreszahl (A), die durch das Stz. nr. 59 auf einem in das Bildfeld hineinragenden Vorsprung unterbrochen wird. Den Zugang zum Kanzelkorb ermöglicht eine von Osten herangeführte Treppe, deren parallel zur Wand verlaufendes Geländer beschlagwerkartig durchbrochen ist. Auf der östlichen Stirnseite des Handlaufes die Meistersignatur (B), darunter nochmals das Stz. nr. 59. Sämtliche Inschriften eingemeißelt und (A) golden nachgezogen.
Maße: H. 90 (A), 115 (B), B. 50 (A), 18 (B),6 Bu. 5 (A), 3 (B), Zi. 2,5 cm.
Schriftart(en): Kapitalis.
- A
· 1 · 6 · ·a) 0 · 6 · / · S(ANCTVS) · BERNHARDVS
- B
THOMAb) / KÖNIGc)
Hl. Bernhard von Clairvaux (Zisterzienserorden). |
Textkritischer Apparat
- Vor dem Zifferntrenner das Stz.
- So für THOMAS.
- Das N retrograd, das I mit i-Punkt.
Anmerkungen
- Vgl. Stober, Denkmalpflege 146 (Abb. 13); Stober, Baugeschichte 98 (Abb. 2).
- Vgl. KA Lichtenthal o. Sig., Bauer, Baugeschichte, fol. 7r.
- Vgl. KA Lichtenthal o. Sig., Bauer, Inventar, Bd. 1: Klosterkirche mit Ausstattung, fol. 42r.
- Vgl. ebd. fol. 44r; Stober, Baugeschichte 116. Die Angabe „Im Altarraum (…) seit 1968“ in Stober, Baugeschichte 98 offenbar irrtümlich.
- Vgl. Stober, Denkmalpflege 150.
- Angegeben sind für (A) die Maße der nordwestlichen Brüstungsplatte, für (B) die der vertikalen Schnittfläche des Geländers.
- Die Angabe, er stamme aus dem Elsaß, stellt offenbar eine auf stilistischen Kriterien beruhende Vermutung dar, vgl. Cistercienserinnen-Abtei Lichtenthal 10.
- Vgl. nrr. 441, 443, 450, 461, 462; zu den für Thomas König typischen Schriftformen vgl. Einl. Kap. 5.4, LXXXVIII.
Nachweise
- Stadtgesch. Slg. Baden-Baden Inv.-nr. 11063, Johannes Stanislaus Schaffroth, Bleistiftzeichnung (nur A).
- Gutgesell, Kloster Lichtenthal 16.
- Bauer, Frauenkloster Lichtenthal 256.
- Deodata, Frauenkloster Lichtenthal 159.
- Kdm. Baden-Baden 463f. (Abb. 365f.).
- KA Lichtenthal o. Sig., Bauer, Baugeschichte, fol. 7r (erw.).
- KA Lichtenthal o. Sig., Bauer, Inventar, Bd. 1: Klosterkirche mit Ausstattung K13 (Abb.), fol. 41r–44r; Bd. 8: Plastik, fol. 52r.
- Zorn, Kloster Lichtenthal 11 (Abb.), 61.
- Stober, Baugeschichte 98 (Abb. 2).
- Kloster Lichtenthal – 750 Jahre 55 (Abb.).
- KA Lichtenthal o. Sig., Krupp, Inventar, Bd.: Klosterkirche 1, Schiff, Schlußsteine, Südwest.-Chörle, o. S. (erw.).
- Abtei Lichtenthal 9 (Abb.).
Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 436 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0043602.
Kommentar
Die Buchstabenkerben in Inschrift (B) sind nahezu gleichbleibend schmal geschlagen. Innerhalb des Bildtitels (A) lassen sich hingegen schwach ausgeprägte Bogenverstärkungen erkennen. Bei N und A ist zudem eine leichte Linksschrägen-, bei V eine Rechtsschrägenverstärkung zu beobachten. Die Sporen an den freien Balken- und Bogenenden sind rechtsschräg geschnitten. Der Mittelteil des konischen M endet im oberen Zeilendrittel. Die geschwungene Cauda des R ist bis unter die Grundlinie gezogen. Der Schaft der 1 ist unten gespalten und links als Schleife ausgeführt, der Bogen der 6 nicht ganz geschlossen. Als Trennzeichen dienen Dreiecke bzw. Quadrangel auf halber Zeilenhöhe.
Zur Biographie des Bildhauers Thomas Königs ist bisher nichts bekannt.7 Aufgrund des Steinmetzzeichens und der Schriftgestaltung, die hier nur teilweise mit dem für ihn typischen Formeninventar übereinstimmt, lassen sich seinem Schaffen auch die Grabmäler für Hans Acker (gest. 1607?), Apollonia Tucher (gest. 1611), Anna Agatha von Baden (gest. 1611) sowie für zwei Unbekannte (gest. 1607/1609) zuordnen.8