Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)
Nr. 434 Bühl-Kappelwindeck, Städtischer Friedhof 1606
Beschreibung
Grabplatte für den markgräflich badischen Vogt Johann Schlude. Während des Teilabbruchs der ehemaligen Bühler Pfarrkirche im Jahre 1879 etwa sechs Fuß unter dem Dielenboden des Chores neben der Grabplatte der Ehefrau Apollonia Tucher entdeckt und danach auf den Stadtfriedhof verbracht.1 Hier an der Innenseite des nordwestlichen Abschnitts der Umfassungsmauer in das Mauerwerk eingelassen. Rötlicher Sandstein. In der oberen Hälfte ein von einer Ritzlinie umgebenes Feld mit dem zeilenweise eingemeißelten Sterbevermerk und der anschließenden Fürbitte. Der untere Teil der Platte brach offenbar erst nach 1879 ab und wurde neu angefügt.2 Dessen Oberfläche ist bis auf die obere linke Ecke vollständig zerstört. Hier waren ehemals zwei Vollwappen erhaben ausgearbeitet. An unbekannter Stelle befand sich das Stz. nr. 50.3
Maße: H. (Rest) 152, B. 80, Bu. 4–4,5 cm.
Schriftart(en): Kapitalis.
ANNO · 1606 · DEN · 18 / SEPTEMBRIS · VM · 10 · VHER / VOR · MITTAGa) · IST · IN · CH=/RISTO · VERSCHIDEN · DER / ERNVEST · WOLGELERT / HER · M(AGISTER) · IOHANNES · SCH=/LVDAEVS · FIRST·LICHER / MARGGRÄVISCHER · BA=/DAMISCHER · VOGT · ZV / BIHELLb) · VNDER · ALTEN / WINDECK · SEINES · AL=/TERS · 42 · IAR [· D]EM · GOTTa) · GENAD
[Schlude]4, [Tucher]5. |
Textkritischer Apparat
- Das zweite T etwas kleiner ausgeführt und unter den rechten Balkenabschnitt des voranstehenden T gestellt.
- Das zweite L etwas kleiner ausgeführt und über den Balken des voranstehenden L gestellt.
Anmerkungen
- Vgl. Reinfried, Bühler Friedhof III, o. S. S. a. Beschreybung (ed. Gartner; wie unten) 24 Anm. 53. Zur Tiefe, in der die Platten lagen, vgl. RP Karlsruhe (Denkmalpflege) I/56b, Fragebögen (wie unten). Zur Ehefrau Apollonia Tucher vgl. nr. 461.
- Nach Reinfried, Bühler Friedhof III, o. S. war die Platte bei ihrer Auffindung noch unversehrt. Diese Angabe wird durch RP Karlsruhe (Denkmalpflege) I/56b, Fragebögen (wie unten) bestätigt.
- Reinfried, Bühler Friedhof III, o. S. identifiziert das Stz. mit dem Thomas Königs (Stz. nr. 59) an der Lichtenthaler Kanzel (nr. 436) und zugleich mit dem davon abweichenden Stz. nr. 50 am Grabmal Georg Kentners (nr. 422). Siehe hierzu im Kommentar.
- Blasonierung nach Reinfried, Bühler Friedhof III, o. S.: zwei sich umarmende Kinder (ein Zwillingspaar) unter einem Stern. Helmzier wie Schildbild.
- Blasonierung nach Reinfried, Bühler Friedhof III, o. S.: ein springender Fuchs (oder Jagdhund) unter einem Herz. Helmzier wie Schildbild. S. a. Oberbad. Geschlechterbuch, Bd. 1, 254. Eine Spolie mit diesem Wappenbild, die aber keinesfalls von der Grabplatte Johann Schludes stammen kann, befindet sich im südwestlichen Abschnitt der Friedhofsmauer, nahe der Alban-Stolz-Kapelle; siehe hierzu Stadtgesch. Inst. Bühl Sg 100, Falk, Grab- u. Gedenksteine 2 nr. 15.b.3.4.
- Vgl. nrr. 417, 422, 427, 435.
- Vgl. nrr. 390, 404, 458; s. a. Einl. Kap. 5.4, LXXXVIIf.
- Vgl. Reinfried (wie Anm. 3).
- Vgl. Gerke, Personalchronik 141.
- Vgl. Regesten von Windeck 247f. nr. 918; Reinfried, Geschichte Bühl 82. Zum Schultheißen Johannes Lang vgl. nr. 427.
- Vgl. nr. 461.
Nachweise
- RP Karlsruhe (Denkmalpflege) I/56b, Fragebögen (1882), Antwortschreiben des Pfarramtes Bühl (Verf. Ferdinand Hundt, Pfarrverweser), Beilage, o. S. (erw.).
- Reinfried, Generalvicar Tucher 239 (erw.).
- Reinfried, Bühler Friedhof III, o. S.
- Beschreybung des Gemeinen Stabs und Bezirkhs des Fleckhens Bühell 1598. Im Original und mit Erläuterungen wiedergegeben von Otto Gartner (ediert nach GLA Karlsruhe 66/1437), in: Bühler Blaue Hefte 1 (1957) 11–31, hier 24f. Anm. 53.
- Stadtgesch. Inst. Bühl Sg 100, Falk, Grab- u. Gedenksteine 38 nr. 15.b.3.88.
Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 434 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0043408.
Kommentar
Der Bogen des G endet rechts oberhalb der senkrechten, nicht umgebrochenen Cauda. Der Mittelteil des konischen M ist bis in das untere Zeilendrittel hinabgeführt und der Schaft des T stets rechtsschräg gestellt. Die meist geschwungene Cauda des R berührt den Bogen in der Regel nicht. Als Worttrenner dienen Quadrangel auf halber Zeilenhöhe.
Die Schriftmerkmale bezeugen, daß diese Grabplatte von demselben unbekannten Steinmetzen angefertigt worden sein muß, der auch das Bühler Friedhofskreuz sowie die Grabmäler für den Bühler Gastwirt Georg Kentner (gest. 1602?), den markgräflich badischen Burgvogt Friedrich Kraft von Dellmensingen (gest. 1606) und einen Unbekannten (A. 17. Jh.) schuf.6 Folglich kann das widersprüchlich überlieferte Stz. nur mit Stz. nr. 50 identisch gewesen sein.3 Hingegen weist die Lichtenthaler Grabplatte für die Äbtissin Barbara Veus zwar auch das gleiche Stz. auf, doch stammt deren Inschrift offenbar von anderer Hand, der die Grabmäler für Bernhardt Hauser (gest. 1592) und Anna Alexandra von Fleckenstein (gest. 1610) ebenfalls zuzuordnen sind.7 Die von Reinfried angenommene Urheberschaft Thomas Königs läßt sich hingegen ausschließen.8
Johann Schlude ist zwischen 1595 und 1606 als markgräflich badischer Vogt zu Bühl bezeugt.9 In dieser Funktion erließ er im Jahre 1596 gemeinsam mit Alexander Hacke, dem Amtsverweser der ehemals windeckschen Teilherrschaft, und dem Schultheißen Johannes Lang eine neue Bach- und Teichordnung für die Müller und Hänfer des Amtes Bühl.10 Er war mit Apollonia Tucher verheiratet, die fünf Jahre nach ihm starb und an seiner Seite bestattet wurde.11