Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)

Nr. 398 Baden-Baden-Lichtental, Kloster Lichtenthal, Museum 1594?

Beschreibung

Zwei Wappenstickereien. Erstmals 1881 auf einer schwarzen Baßgeigenkasel bezeugt,1 die dem Kloster im Jahre 1831 zur Renovierung der Fürstenkapelle von Großherzog Leopold von Baden geschenkt worden war.2 Auf der Rückseite des Gewandes flankierten die Schilde das untere Stammende eines applizierten Kreuzes aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, auf dem in Hochstickerei sechs Szenen mit dem auferstandenen Christus ausgeführt sind.3 Nach 1970 wurden diese Applikationen von der Kasel abgetrennt und auf ein einfaches, hochrechteckiges Leinentuch montiert.4 Stickerei in Anlegetechnik auf einem mit Silberlahn durchschossenen Seidengewebe. Beide Wappen sind identisch ausgeführt. Die Schilde werden oben jeweils von einem Schriftband begrenzt, das an den überstehenden Seiten tief geschlitzt und verschlungen ist. Im mittleren Bereich über dem Schild die mit schwarzem Garn in ehemals silbernen Hintergrund eingestickten Namensinitialen (erneuert), die von den kleiner ausgeführten Ziffern einer Jahreszahl auf den schmaleren und verschlungenen Seitenabschnitten flankiert werden (A, B).

Maße: H. 9, B. 11,5, Bu. 1,1–1,2 cm, Zi. 0,6 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften; Zisterzienserinnenabtei Lichtenthal, Baden-Baden [1/3]

  1. A

    1 · 5 //a) · E(DVARD) · F(ORTVNAT) · M(ARGGRAVE) · Z(V) · B(ADEN) · V(ND) · H(ACHBERG)b) ·c) · 9 · 4

  2. B

    1 · 5 //a) · E(DVARD) · F(ORTVNAT) · M(ARGGRAVE) · Z(V) · B(ADEN) · V(ND) · H(ACHBERG)b) ·c) 9 · 4

Wappen:
zweimal Baden-Baden.5

Kommentar

Die aufgestickten Buchstaben lassen eine merkwürdig uneinheitliche Strichstärke erkennen. Sie tragen entweder waagerecht oder rechtsschräg anliegende Sporen. Der Mittelteil des konischen und etwas nach rechts aus der Achse verschobenen M endet in Zeilenmitte. Die 1 hat einen sehr kurzen, horizontalen Anstrich, die 5 besteht lediglich aus Bogen und Balken. Als Worttrenner dienen Punkte auf halber Zeilenhöhe.

Aus einem 1594 verfaßten Dankesschreiben der Lichtenthaler Nonne Charitas Wasa an ihren Halbbruder Markgraf Eduard Fortunat von Baden-Baden geht hervor, daß dieser der Abtei zur Anfertigung eines Meßgewandes ausreichend grünen Samt geschenkt hatte.6 Die Schwester bat darin außerdem darum, der Markgraf möge „meister Albrecht dem sÿden stücker [befelen], das er Euwer fürstlicher Gnaden wapen unden an das crücz macht wie er gemacht hat an die ornaten so margraff Philipps hoch loblichen gedechtnis in vnser closter geschencket hat (…).“6 Bei dem genannten Seidensticker handelt es sich um Albrecht Wörl, der auch im markgräflichen Dienstbuch von 1587 bezeugt ist.7 Da einige im Auftrag Philipps II. von Baden-Baden erstellte Stickereien erhalten sind, von denen die ebenfalls in schwarzem Garn ausgeführten Inschriften offenbar nicht mehr original sind,8 läßt sich auch hier mit einiger Sicherheit annehmen, daß die Namensinitialen erneuert wurden. Schemenhaft sind manche der ursprünglich vermutlich in Anlegetechnik und in Kontur ausgeführten Buchstaben noch erkennbar.9 Ob hingegen auch die Jahreszahlen nur restauriert oder gänzlich neu hinzugesetzt wurden, läßt sich nicht entscheiden. Auf der älteren Wappenstickerei von 1579 scheinen die Jahresangaben erst nachträglich ausgeführt worden zu sein.10

Textkritischer Apparat

  1. Wechsel auf die andere Seite des Schriftbandes.
  2. Die Schreibung des ergänzten Namen bzw. Titels in Anlehnung an ein Siegel Markgraf Eduard Fortunats von 1589, vgl. Siegel, Bd. 1, o. S. Taf. 13 nr. 5.
  3. Nach dem Worttrenner eine doppelte Windung im Schriftband.

Anmerkungen

  1. Vgl. Kat. d. Bad. Kunst- und Kunstgewerbe-Ausstellung 46 nr. 392. Mone bezeugt nur die Wappen, ohne den Trägerstoff zu erwähnen, vgl. GLA Karlsruhe N Mone 109, Mone, Aufzeichnungen Oosthal, fol. 218v.
  2. Vgl. KA Lichtenthal o. Sig., Bauer, Inventar (wie unten).
  3. Vgl. Kdm. (wie unten). Auf dem Stamm folgen unter architektonischen Flachbögen von oben nach unten folgende Szenen: der Auferstandene erscheint seiner Mutter; Maria Magdalena mit Salbgefäßen am leeren Grab; Christus mit Wundmalen zwischen den Aposteln sowie der ungläubige Thomas. Auf dem linken Balkenabschnitt ein Noli me tangere, auf dem rechten das Mahl in Emmaus. Die Datierung ergibt sich aus einem Vergleich mit zwei ehemals auch in Lichtenthal befindlichen Kaselstäben von 1522/23, die ursprünglich aus dem Domschatz zu Speyer stammen, vgl. Einl. Kap. 6. nr. *41; Kdm. Baden-Baden 498 (Abb. 403f.). Auf der Vorderseite der Kasel war ein gekürzter, in Gobelintechnik gearbeiteter Stab mit der Darstellung der Wurzel Jesse (2. H. 15. Jh.) montiert, vgl. 750 Jahre Lichtenthal 253 nr. 85 (Abb. 85).
  4. Der ältere Zustand letztmalig 1970 bezeugt in KA Lichtenthal o. Sig., Bauer, Inventar (wie unten).
  5. Geviert und mit Mittelschild (Baden) belegt: 1. Vordere Grafschaft Sponheim, 2. geviert: 1/4. Alt-Eberstein, 2/3. Neu-Eberstein, 3. gespalten: vorn Lahr, hinten Mahlberg, 4. Hintere Grafschaft Sponheim; vgl. hierzu Das Wappen des Grossherzoglichen Hauses Baden 30.
  6. Vgl. GLA Karlsruhe 92/165, Schenkung, o. S.
  7. Vgl. Rott, Kunst 47 Anm. 3.
  8. Vgl. nr. 367 (B, C, F).
  9. Vgl. zur ursprünglichen Technik nr. 367 (D).
  10. Vgl. nr. 367 (B, F). Mone konnte von einer Jahreszahl lediglich die ersten beiden Ziffern noch erkennen und ergänzte zu 15[96], vgl. GLA Karlsruhe N Mone 109, Mone, Aufzeichnungen Oosthal, fol. 218v.

Nachweise

  1. GLA Karlsruhe N Mone 109, Mone, Aufzeichnungen Oosthal, fol. 218v (Jz. unvollst.).
  2. Kat. d. Bad. Kunst- und Kunstgewerbe-Ausstellung 46 nr. 392.
  3. RP Karlsruhe (Denkmalpflege), Photoarchiv, Neg.-nr. 0538 (Aufn. vor 1940).
  4. Kdm. Baden-Baden 491 nr. 9, 500 (Abb. 406).
  5. KA Lichtenthal o. Sig., Bauer, Inventar, Bd. 10: Handarbeit, Stickereien, Reliquien, Kleinkunst, fol. 19r–25r (Abb.).
  6. KA Lichtenthal o. Sig., Krupp, Inventar, Bd.: Museum, Fürstenzimmer 1, Mittelvitrine, Fensterseite, o. S.

Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 398 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0039808.