Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)

Nr. 390 Baden-Baden, altkath. Pfarrkirche St. Maria u. Vierzehn Nothelfer (ehem. Spitalkirche) 1592

Beschreibung

Grabplatte für Bernhard Hauser. Im Jahre 1801 von Franz Josef Herr im Chor bezeugt.1 Im Zuge der Kirchenrenovierung von 1865 im westlichen Langhausjoch als zweites Grabmal von Osten aufrecht an die Nordwand gestellt.2 Nach der 1963 vorgenommenen Verkürzung des Kirchenschiffes in das östliche Langhausjoch versetzt.3 Hier seither die erste Grabplatte von Osten an der Südwand. Rötlicher Sandstein. In der oberen Hälfte ein hochrechteckiges, eingetieftes Feld, in dem unter einem Rundbogen zwei Vollwappen nebeneinander erhaben ausgearbeitet sind. Im unteren Bereich der zeilenweise eingemeißelte Sterbevermerk mit Fürbitte (A), dem sich in einer niedrigeren letzten Zeile eine Bitte um Fürbitte anschließt (B). Die Platte ist etwa in der Mitte in zwei große Teile und ein kleineres Eckfragment zerbrochen und wurde neu zusammengefügt. Die Oberfläche sandelt stellenweise ab. An der unteren linken Ecke fehlt ein im Viertelkreisbogen ausgeschnittenes Teilstück; dadurch geringfügiger Textverlust.

Maße: H. 204, B. 91,5, Bu. 8 (A), 4,5 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/1]

  1. A

    IMa) · IAHR · 15 · 9 · 2 · DEN · 7 / SEPTEMBRISb) · STARB · DER / ERNVEST VND FIIRGACHT / HER · BERNHARDT · HA/VSER VON · MESKIRCHT4) / WONHAFFTc) ALHIE · ZV · / [BAD]ENd) · DEM GOT · GNADT ·

  2. B

    [. . . . . . . . . .]OR:e) PRO EIVS ANIMAf) DEVM ORA

Übersetzung:

(Ich bitte dich): Bete zu Gott für seine Seele.

Wappen:
Hauser5, unbekannt6.

Kommentar

Die Kerben der mit unauffälligen Sporen versehenen Buchstaben sind konstant schmal geschlagen. Das spitze bzw. leicht trapezförmige A besitzt in der Regel einen kurzen, beiderseits überstehenden Deckbalken. Das D ist weit offen, sein Bogen endet auf beiden Seiten spitz. Sein verkürzter Schaft und die rechtwinklig umgebrochene Cauda des G sind jeweils in den Bogen eingestellt. Der Balken des H und der Schrägschaft des N sind mit einer Ausbuchtung nach unten ausgestattet. Das I verfügt über einen i-Punkt. Der Mittelteil des konischen M bleibt auf das obere Zeilendrittel begrenzt. Der sehr kleine, querovale und oben offene Bogen des P endet oben links neben dem Schaft. Das O ist spitzoval, der Schaft des T regelmäßig rechtsschräg gestellt, die Cauda des R gewölbt und das Z zweistöckig. Über dem V sitzt häufig ein Punkt. Als Worttrenner dienen Dreisporne auf halber Zeilenhöhe.

Die Buchstabenformen sind mit denen der Grabplatten für die Lichtenthaler Äbtissin Barbara Veus (gest. 1597) und Anna Alexandra von Fleckenstein (gest. 1610) so stark verwandt, daß allesamt demselben Steinmetzen zugeordnet werden können.7 Dagegen besteht zu einer weiteren Gruppe von Grabmälern, die zwar teilweise auch das auf der Veus-Grabplatte nachweisbare Stz. nr. 50 tragen, jedoch etwas abweichende Buchstabenformen aufweisen, lediglich ein Werkstattzusammenhang.8

Angehörige der Familie Hauser sind urkundlich mehrfach belegt.9 Zu Bernhard Hauser findet sich bisher lediglich die Nachricht, daß er am 22. Februar 1583 „Christophen Gözen alhie zum adiuncten der fabric alhie zugeordnet worden und derwegen pflicht und aidt erstattet“ habe.10 Er war also als zweiter Pfleger für die Verwaltung der kirchlichen Baufinanzen zuständig.11

Textkritischer Apparat

  1. Der erste Buchstabe etwa 2 cm größer.
  2. Das R zunächst zu einem B verschlagen und dann korrigiert.
  3. Die ersten drei Buchstaben durch die fehlende untere Ecke verstümmelt.
  4. Die ersten drei Buchstaben durch die fehlende untere Ecke verloren.
  5. Lücke durch die fehlende untere Ecke. Ergänze vermutlich zu: [TE PREC]OR:
  6. Das I verschmilzt mit dem linken Schaft des M; darüber ein Punkt.

Anmerkungen

  1. Vgl. GLA Karlsruhe Hfk-Hs nr. 509, Herr (wie unten).
  2. Vgl. Kdm. Baden-Baden 216, 217 nr. 8; zu den Renovierungsmaßnahmen von 1865 s. a. RP Karlsruhe (Denkmalpflege) I/281, Spitalkirche, passim.
  3. Vgl. Stadtkreis Baden-Baden 139.
  4. Meßkirch (Lkr. Sigmaringen).
  5. Ein aus einem Dreiberg wachsender Widder. Helmzier: das Wappenbild über einem Helmwulst. Hier linksgewendet.
  6. Ein oberhalber Widder. Helmzier: Halbflug. Friedegar Mone weist das Wappen einem Geschlecht Reutlinger zu, vgl. GLA Karlsruhe N Mone 109, Mone, Aufzeichnungen Oosthal, fol. 124r. Bisher läßt sich jedoch nur ein Simon Reutinger in einer Urkunde von 1589 nachweisen, vgl. Andermann, Urkunden 59 nr. 97.
  7. Vgl. nrr. 404, 458.
  8. Vgl. nrr. 417, 422, 427, 434, 435. Zur Werkstatt siehe Einl. Kap. 5.4, LXXXVIIf.
  9. Vgl. Regesten u. Urkunden 460; Oetling-Kappler, Familien 270.
  10. Vgl. Der Geistliche Rat 81 nr. 635.
  11. Zur Kirchenfabrik und ihren Pflegern allgemein vgl. Sebastian Schröcker, Die Kirchenpflegschaft. Die Verwaltung des Niederkirchenvermögens durch Laien seit dem ausgehenden Mittelalter, Paderborn 1934, passim.

Nachweise

  1. BLB Karlsruhe K 218, Herr, Materialien 429 nr. 27.
  2. GLA Karlsruhe Hfk-Hs nr. 509, Herr, Merkwürdigkeiten, fol. 54v.
  3. GLA Karlsruhe N Mone 109, Mone, Aufzeichnungen Oosthal, fol. 124r.
  4. Kdm. Baden-Baden 217 nr. 8.

Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 390 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0039004.