Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)

Nr. 375 Baden-Baden-Lichtental, Kloster Lichtenthal, Klosterkirche 1581

Beschreibung

Grabmal für Margareta Baldung, geb. Veus. Ehemals auf dem Gelände des alten Kirchhofes südlich vom Chor der Klosterkirche und östlich der Sakristei.1 Von dort im Jahre 1804 auf Veranlassung Franz Josef Herrs an die Umfassungsmauer des Klostergartens nahe der Einsiedlerkapelle gestellt.2 Bereits 1894 dann an der Außenwand der Klosterkirche bezeugt.3 Dieser Standort vermutlich identisch mit dem heutigen, der sich außen an der Nordseite der Klosterkirche rechts neben dem Eingang befindet. Hier ist das Grabmal auf einem Sockel aufrecht in die Wand eingelassen und schließt oben mit einer profilierten Deckplatte ab. Rötlicher Sandstein. Etwa die obere Hälfte der hochrechteckigen Platte trägt den zeilenweise eingemeißelten Sterbevermerk mit Grabbezeugung und Fürbitte. Darunter ein stark eingetieftes Feld, das unten als Rechteck, oben hingegen als abgestumpfter Giebel gestaltet ist. Dessen Schrägseiten sind mit Voluten und Beschlagwerk verziert; den oberen, waagerechten Abschluß bilden drei Flachbögen nebeneinander. Im Inneren die reliefierten Eheallianzwappen unter gemeinsamem Helm.

Maße: H. 114, B. 67,5, Bu. 3,5 cm.

Schriftart(en): Fraktur.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften; Zisterzienserinnenabtei Lichtenthal, Baden-Baden [1/2]

  1. Anno dominj · 1 · 5 · 81 · den 28 :a) / Octobris ist in Gott seliglichen verschaide(n) / Vnd ligt hie begraben die Edel vnd tugendt/=reich Fraw Margretha Veijsin weiland desz / Ehrnvesten Johan Baldvngs alten oberster / meister der Statt Freÿburg nach gelassne wit/tib (et)c(etera)b) Ein stiffterin Der Ampel in dem siechhavsz / Deren selen sampt Alen Christglaubigen selen / Gott gnedig vnd barmhertzigc) sein wole Amen

Wappen:
Baldung4, Veus5.

Kommentar

Worte und Buchstaben stehen sehr eng zusammengedrängt. Die Bestandteile der unterschiedlich gestalteten Versalien sind in Schwellzüge aufgelöst und werden von dünnstrichigen Zierlinien begleitet oder durchkreuzt. Die oberen Schaftenden des b, h und teilweise auch des l sind nach rechts umgebogen, der Bogen des p und der rechte Schrägschaft des w stark eingeschnürt. Der Balken des t sitzt auf halber Zeilenhöhe. Mitunter befindet sich über u, v und w als diakritisches Zeichen ein waagerechter Balken. Die gedrungene 2 hat einen stark verlängerten Balken; der Schaft der 5 ist schräggestellt, ihr Balken nach unten durchgebogen. Als Worttrenner dienen Quadrangel auf halber Zeilenhöhe. Die Schriftformen sind eng verwandt mit jenen des Grabmals für den Fremersberger Klostervorsteher Franz Braun; vermutlich sind beide Inschriften von derselben Hand geschlagen worden.6

Margareta war eine Tochter des badischen Kanzlers Hieronymus Veus und der Dorothea Meyer.7 Ihre Schwester Barbara war in den Jahren 1551 bis 1597 Äbtissin des Klosters Lichtenthal.8 Mit ihrem Ehemann Johann Baldung, der ein Neffe des Malers Hans Baldung Grien war,9 hatte sie einen Sohn Johann, der 1573 bis 1582 das Amt des Lichtenthaler Klosterschaffners bekleidete.10 So dürften neben der Stiftung der inschriftlich genannten Ampel auch die engen Beziehungen der Familien Veus und Baldung zum Kloster dazu beigetragen haben, daß man Margareta hier die Bestattung gewährte. Ihr Tod ist im Nekrolog der Abtei ebenfalls unter dem 28. Oktober 1581 verzeichnet.11

Textkritischer Apparat

  1. Dem unteren Punkt entspringt eine geschwungene Zierlinie.
  2. Kürzung durch Schleife mit Abschwung.
  3. Der Schaft des h endet oben in einer Schleife, die bis zum b zurückgeführt ist.

Anmerkungen

  1. Vgl. GLA Karlsruhe Hfk-Hs nr. 510, Herr (wie unten) fol. 23v–24r. Zur Lokalisierung des alten Kirchhofes vgl. ebd. sowie 750 Jahre Lichtenthal 413f. nr. 300 (Abb. 300); Kdm. Baden-Baden 446 (Abb. 348).
  2. Vgl. GLA Karlsruhe Hfk-Hs nr. 510, Herr (wie unten) fol. 23v–24r. Zur Lokalisierung der Einsiedlerkapelle vgl. Kdm. Baden-Baden 446 (Abb. 348).
  3. Vgl. Handzeichnungen (wie unten).
  4. Linksgewendet. Oberhalbes Einhorn. Als Helmzier über Helmwulst ein wachsendes Einhorn.
  5. Aus einem Dreiberg hervorwachsender und von einem Pfeil durchbohrter Hirschrumpf.
  6. Vgl. nr. 395; s. a. Einl. Kap. 5.5, XCIf.
  7. Vgl. Herbert Immenköter, Hieronymus Vehus. Jurist und Humanist der Reformationszeit (Katholisches Leben und Kirchenreform im Zeitalter der Glaubensspaltung 42), Münster 1982, 17. Zu Hieronymus und Dorothea Veus vgl. nr. 255.
  8. Vgl. nr. 404.
  9. Vgl. Immenköter (wie Anm. 7).
  10. Vgl. Schindele, Abtei Lichtenthal (1985) 107; Reiss, Studien 252 Anm. 136.
  11. Vgl. GLA Karlsruhe 64/47, Nekrolog Lichtenthal III, fol. 20v, abgedr. in Schindele, Abtei Lichtenthal (1985) 107 Anm. 1060.

Nachweise

  1. GLA Karlsruhe 47/37, Herr, Beschreibung Lichtenthal 40 nr. IV.
  2. GLA Karlsruhe Hfk-Hs nr. 510, Herr, Begräbnisse Lichtenthal, fol. 24r.
  3. Handzeichnungen, Bd. 1 (Text), X nr. 22.
  4. Bruno Klaus, Gmünder Künstler. II. Maler, in: Württembergische Vierteljahrshefte für Landesgeschichte 5 (1896) H. 1/2, 305–332, hier 308f. Anm. 1 (nach Handzeichnungen).
  5. RP Karlsruhe (Denkmalpflege), Photoarchiv, Neg.-nr. 0856.
  6. Kdm. Baden-Baden 517 nr. 3.
  7. Eckert, Inschriften 50.
  8. KA Lichtenthal o. Sig., Bauer, Inventar, Bd. 1: Klosterkirche mit Ausstattung, Hochaltar, fol. 92r (Abb.); Bd. 6: Klosterhof, Schulhof, Äußerer Garten, Umgebung, fol. 32r (Abb.); Bd. 8: Plastik, fol. 39r (Abb.).

Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 375 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0037504.