Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)

Nr. 343 Schwarzach (Gde. Rheinmünster), kath. Pfarrkirche St. Peter u. Paul (ehem. Abteikirche) 1573

Beschreibung

Bemalter Wandverputz. Innen an der Westwand des Langhauses hinter der Orgel. Um 1668 durch Gallus Wagner „in Odaeo ad ingressum templi“ und im lokalen Zusammenhang mit einem Wappen bezeugt.1 Bereits am 22. September 1668 tilgte man zumindest den Namen des genannten Priors (erasio nominis).2 Die gesamte Inschrift wurde während der Restaurierungsarbeiten unter Josef Durm zwischen 1888 und 1897 freigelegt, jedoch nur teilweise gerettet.3 Auf dem noch heute erhaltenen Rest des ehemaligen Wandverputzes haben lediglich wenige Wörter der zeilenweise in schwarzer Farbe aufgetragenen Inschrift die Zeit überdauert. Unter der oberen Wappenbeischrift (A) folgt zunächst eine Freizeile, bevor der Restaurierungsvermerk (B) einsetzt.

Ergänzungen in (A) nach GLA Karlsruhe 65/606, Wagner, in (B) nach Sernatinger.4

Maße: H. 87, B. 100,5 Bu. 6–8 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/2]

  1. A

    [INSIGNIA] MONASTEṚ[II / SVARTZ]ACHa)

  2. B

    DEO OPT(IMO) MAX(IMO)b) / [AEDIS SAC]R[AE] SVARTZACHIAṆ[Ic) HVIVS COENOBII O]RDINIS.d) S(ANCTI)e) BENE[DICTI SVB FRATRE SIMONE F]ỊRṆḲORNf) VT D[IGNISSIMO ITAg) VIGILANTI]ṢSIMOd) P̣ṚỊỌ[RE RENOVATIO FACTA EST ANNO A CHRISTO NATO 1573h)]

Übersetzung:

Wappen des Klosters Schwarzach. (A) – Gott, dem besten und größten, (geweiht). Die Erneuerung des Gotteshauses dieses Klosters Schwarzach vom Orden des heiligen Benedikt geschah unter dem Bruder Simon Firnkorn, dem ebenso hochwürdigen wie äußerst wachsamen Prior, im Jahr nach Christi Geburt 1573. (B)

Wappen:
[Abtei Schwarzach].6

Kommentar

Die quadratisch proportionierten Buchstaben lassen deutliche Bogen- und Linksschrägenverstärkungen erkennen. Über dem I sitzt stets ein schräg gestelltes Quadrangel. Der Schrägbalken des N ist nur als Haarlinie ausgeführt, der Linksschrägschaft des X nach links durchgebogen. Der Mittelteil des konischen M endet auf halber Zeilenhöhe. Die geschwungene Cauda des R reicht bis unter die Grundlinie. Die Balken des einstöckigen Z sind linksschräg gestellt und geschwungen. Von den Interpunktionszeichen ist lediglich ein Quadrangel auf der Grundlinie erhalten.

Die Inschrift bezeugt die bauliche Erneuerung des Schwarzacher Münsters, nachdem die bayerische Vormundschaftsregierung in der Markgrafschaft Baden-Baden (1569/70) auf Betreiben der Bischöfe von Straßburg und Speyer die Absetzung des neugläubigen Abtes Michael Schwan veranlaßt und so der weiteren Evangelisierung des Klosters Einhalt geboten hatte.7 Welche Baumaßnahmen damals im einzelnen durchgeführt wurden, ist bisher nicht vollständig geklärt.8 Offenbar hat man auch den Dachstuhl erneuert, da 1888 in einem Balken Münzen aus dem 16. Jahrhundert gefunden wurden.9 Merkwürdigerweise wird in der Restaurierungsinschrift (B) nur der Prior Simon Firnkorn genannt, während der neue Abt Johann Kaspar Brunner keine Erwähnung findet. Gallus Wagner wertet diese Tatsache als Beleg dafür, daß Brunner bereits 1573 nicht mehr im Kloster weilte.10 Im Rahmen der Auseinandersetzungen der Abtei mit der Markgrafschaft Baden-Baden um die weltlichen Hoheitsrechte war Brunner gemeinsam mit dem Prior im Jahre 1572 gefangengenommen worden.11 Nach ihrer Freilassung sah sich der Abt der Verleumdung ausgesetzt, er habe mit der Schwarzacher Schulmeisterin unehrenhaften Umgang gehabt. Die Vorwürfe erwiesen sich als haltlos; dennoch zog er sich daraufhin nach Straßburg zurück.

Textkritischer Apparat

  1. Schreibung erschlossen aus folgendem Textbefund im Ms.: Jnsignia Mon(aste)rij Schwarzach. Die Schreibung von SVARTZACH nach Inschrift (B). Am Original danach ein Rankenornament als Zeilenfüller.
  2. DEO OPT(IMO) MAX(IMO)] In der Mitte der Zeile. Kürzungszeichen nicht erkennbar.
  3. Nach dem ersten I ein zusätzlicher Schaft; zwischen diesem und dem folgenden A ein ungewöhnlich breites Spatium. Offenbar ein nur ungenügend korrigierter Fehler des Schriftmalers.
  4. Innerhalb der voranstehenden Ergänzung der Zeilenumbruch.
  5. Kürzung durch Quadrangel auf der Grundlinie.
  6. Innerhalb der voranstehenden Ergänzung der Zeilenumbruch. Spuren der erasio nominis sind nicht erkennbar.
  7. ita et Wagner.
  8. MDLXXIII. Wagner.

Anmerkungen

  1. Vgl. GLA Karlsruhe 65/606, Wagner, Comportata, vol. 2, 1562.
  2. Vgl. ebd.: „Eius nomen fide laesa deletum est Anno 1668. 22. Septembris, quod dicatur non solum descivisse ab ordine, sed a catholica religione frater Praedicans zu Trudstenhaim (Drusenheim?).“ Allg. zur erasio nominis vgl. Renate Neumüllers-Klauser, Zum Phänomen der „Erasio nominis“ im Mittelalter und in der frühen Neuzeit, in: ZGO 147 (1999) 255–272.
  3. Vgl. Sernatinger, Ehem. Benediktinerabtei 2. Das damals ebenfalls freigelegte Wappen zerfiel unter Lufteinwirkung. Zu den Restaurierungsarbeiten allg. vgl. Rüsch, Restaurierungen 25–39; Rüsch, Barockumbau 413–419; Marzolff, Baugeschichte 31f.; Göricke, Restaurierungsarbeiten 72, 75; Josef Durm, Die Abteikirche in Schwarzach, in: Deutsche Bauzeitung 33 (1899) nr. 72, 449–455, nr. 74, 461f.
  4. Der überlieferte Text wird hier dem Originalbefund entsprechend in Großbuchstaben wiedergegeben. Dabei steht für ein überliefertes u stets ein V.
  5. Die Maßangaben beziehen sich auf die jeweils größte Ausdehnung des noch vorhandenen Putzrestes.
  6. Nach GLA Karlsruhe 65/606, Wagner, Comportata, vol. 2, 1562, und Inschrift (A).
  7. Vgl. Benediktinerklöster 577.
  8. Vgl. dazu lediglich Marzolff, Baugeschichte 27.
  9. Vgl. Sernatinger, Ehem. Benediktinerabtei 3; Harbrecht, Reichsabtei Schwarzach (1952) 20.
  10. Vgl. GLA Karlsruhe 65/606, Wagner, Comportata, vol. 2, 1562: „Ex hoc colliges Abbatem Jo. Casparum non amplius fuisse in Monasterio, sed iam exactum a Marchione.“
  11. Vgl. zu den Vorgängen Gartner, Kloster Schwarzach 313–317.

Nachweise

  1. GLA Karlsruhe 65/606, Wagner, Comportata, vol. 2, 1562.
  2. Reinfried, Geschichte Schwarzach 55 (nur B fehlerhaft nach Wagner).
  3. Sernatinger, Ehem. Benediktinerabtei 2 (nur B).
  4. Harbrecht, Reichsabtei Schwarzach (1952) 20 (nur B unvollst. nach Wagner); 1956, 179 (erw.).
  5. Stadtgesch. Inst. Bühl o. Sig., Smets, Geschichte 189 (nur B).
  6. Stadtgesch. Inst. Bühl o. Sig., Smets, Grabinschriften 4 (nur B).
  7. Marzolff, Baugeschichte 27 (erw.).

Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 343 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0034302.