Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)

Nr. 319 Durmersheim, kath. Pfarrkirche St. Dionys 1562

Beschreibung

Glocke. Ursprünglich wohl in der Pfarrkirche zu Au am Rhein.1 Während des Orléansschen Erbfolgekrieges vergraben und am 31. Oktober 1697 erneut im Kirchturm aufgehängt.2 Vermutlich im Zuge des 1838 erfolgten Neubaus der Auer Kirche nach Durmersheim überführt.1 Hier seit 1917 bezeugt.3 Bronze. Die Außenseiten der Kronenbügel sind mit reliefierten Kordeln verziert. An der Schulter vier Stege; zwischen den beiden mittleren das Bibelzitat (A), darunter ein Fries aus undeutlichem Blattwerk. Die Flanke wird im oberen Drittel durch einen weiteren Fries aus waagerecht liegenden Putten mit Blattkronen horizontal in zwei Bereiche untergliedert. Im oberen ein Relief des hl. Andreas, flankiert von dem Bildtitel (B), auf der Seite gegenüber ein Rundmedaillon mit männlichem Profilkopf. Am Wolm ein Bündel aus drei Stegen, am Schlag zwischen zwei begleitenden Stegen die Glockenrede mit Gußvermerk und Gießersignatur (C).

Maße: H. 85,4 Dm. 113, Bu. 2 (A, C), 2,5 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/5]

  1. A

    DES HEREN WORT BLEIBT EWIG5) AMEN · VERBVM DOMINIa) MANNETb) IN ETERNNVMc)6)

  2. B

    SANCT // ANDREAS

  3. C

    · · · SANCT ANNDREASd) HEIS ICHZVe) GOTTES WORT LEIT MAN MICHMEISTER HANS KLOSS ZVe) STRASBVRG GOS MICHIM IAR ALS MAN ZALTe) NACH CRISTVS VNSER HEREN GEBVRT MDLXII

Übersetzung:

Das Wort des Herrn bleibt in Ewigkeit. (A)

Versmaß: Deutsche Reimverse (C).7

Kommentar

Die Buchstaben haben überwiegend quadratische Proportionen, die Strichstärke wechselt aber ohne strenges Prinzip. Bogenverstärkungen sind nur geringfügig ausgeprägt. Entgegen klassischem Vorbild wurden Sporen auch an der unteren Spitze des M-Mittelteils bzw. am Treffpunkt von Schrägschaft und rechtem Schaft des N angefügt. Die Schrägschäfte des A nehmen in Richtung ihrer freien Enden keilförmig an Breite zu. Der stark verlängerte untere Balken des E knickt am Ende nach oben um. Der Mittelteil des überwiegend schwach konischen M erreicht regelmäßig die Grundlinie. Das O ist kreisrund, die Cauda des R stachelförmig. Als Worttrenner dienen kräftige Quadrangel auf halber Zeilenhöhe.

Das Bibelzitat (A) war ursprünglich der persönliche Wahlspruch des sächsischen Kurfürsten Friedrich III., entwickelte sich jedoch bald zur Devise aller Protestanten.8

Hans Kloss (auch: Claus) erlernte das Gießerhandwerk bei dem Esslinger Meister Lienhart Seidler.9 Nach dessen Tod im Jahre 1544 arbeitete er – abgesehen von einer sechsjährigen Rückkehr nach Esslingen – bis 1566 vorwiegend in Straßburg.

Textkritischer Apparat

  1. Das D retrograd.
  2. So für MANET.
  3. So für AETERNVM.
  4. Das D retrograd. Vor dem Wort eine vergossene Stelle; dadurch anscheinend kein Buchstabenverlust.
  5. Das Z retrograd.

Anmerkungen

  1. Vgl. Dt. Glockenatlas (Baden) 89 Anm. 163, siehe dazu Burkhart, Durmersheim 239 mit Anm. 330.
  2. Vgl. Kdm. Rastatt 54; Schwarz, Durmersheim 71.
  3. Vgl. EA Freiburg Na 35 VI 1–2, Glockenakten 1917/18, Aufnahmebögen, Durmersheim (wie unten).
  4. Maßangabe ohne Kronenhöhe.
  5. 1 Pt 1,25.
  6. I Pt 1,25.
  7. Betrifft nur Vers 1–3.
  8. Vgl. zur Devise ausführlich Frederic John Stopp, Verbum Domini Manet In Aeternum. The Dissemination of a Reformation Slogan, 1522–1904, in: Essays in German Language, Culture and Society 2 (1969) 123–135; s. a. Max Löbe, Wahlsprüche, Devisen und Sinnsprüche der Kurfürsten und Herzöge der Sachsen-Ernestinischen Linie, Leipzig 1878; Julius Dielitz, Die Wahl- und Denksprüche, Feldgeschreie, Losungen, Schlacht- und Volksrufe besonders des Mittelalters und der Neuzeit, Frankfurt/M. 1888, 124, 348; DI 41 (Göppingen) nr. 421 Anm. 2 (Lit.).
  9. Vgl. auch zu den folgenden Angaben Dt. Glockenatlas (Baden) 34, 89 Anm. 162.

Nachweise

  1. EA Freiburg Na 35 VI 18, Glockenakten 1917/18, Listen, Glocken des Amtsbezirks Rastatt, Durmersheim, o. S. (erw.).
  2. EA Freiburg Na 35 VI 1–2, Glockenakten 1917/18, Aufnahmebögen, Durmersheim, Gutachten des stellv. Vorstandes d. Erzbischöfl. Bauamtes Karlsruhe vom 9.6.1917, o. S.
  3. Sauer, Glocken Badens 86 (erw.).
  4. Eckert, Inschriften 68 (nur A).
  5. Neumaier, Marktflecken 97.
  6. Steigelmann, Des Herrn Wort 83f. Anm. 124 (nur A).
  7. Kdm. Rastatt 53f.
  8. Dt. Glockenatlas (Baden) nr. 1713.
  9. Charlotte Fass, Von der Geschichte der Glocken im Landkreis Rastatt, in: Heimatbuch Lkr. Rastatt 14 (1987) 148.
  10. Burkhart, Durmersheim 233 (erw.), 239.
  11. Durmersheim in Vergangenheit und Gegenwart 328 (erw.).

Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 319 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0031903.