Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)
Nr. 309 Baden-Baden, altkath. Pfarrkirche St. Maria u. Vierzehn Nothelfer (ehem. Spitalkirche) 1550–1559
Beschreibung
Grabplatte für Jörg Sies (Süß?). Im Jahre 1801 von Franz Josef Herr als dreizehntes Grabmal „links des grosen Eingangs“ bezeugt.1 Im Zuge der 1865 vorgenommenen Neugestaltung des Kircheninneren im mittleren Langhausjoch als dritte Platte von Osten aufrecht an die Nordwand gestellt.2 Nach der 1963 erfolgten Verkürzung des Kirchenschiffes an die Norwand des östlichen Langhausjoches versetzt.3 Seither hier das erste Grabmal östlich des Nebeneingangs. Rötlicher Sandstein. In der Mitte des eingetieften Binnenfeldes ein reliefiertes Vollwappen mit tartschenförmigem Schild und Stechhelm. Auf der Randleiste zwischen zwei rahmenden Ritzlinien der etwa zu drei Vierteln umlaufend eingemeißelte Sterbevermerk mit Fürbitte. Der überwiegende Teil der linken Randleiste leer. Ein längliches Stück der oberen rechte Ecke brach bereits vor 1801 ab und ist unter Verlust einiger Kleinfragmente wieder angesetzt worden; dadurch die Jahreszahl verstümmelt.4 Die Ränder bestoßen; die Platte sonst gut erhalten.
Maße: H. 186, B. 75, Bu. 7 cm.
Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Frakturversalien und Frakturelementen.
Anno · d(omi)ni · 155[.]a) ·b) / den · 18 · Februari · Starb · der · Ernhafft · Jerg · Sies · Bvrger · zv · Baden · / des · sel · got · gnedig · seÿ · / amen ·c)
Sies.5 |
Textkritischer Apparat
- Ziffernverlust durch die Bruchstelle.
- Lediglich die rechte Hälfte des waagerecht liegenden, paragraphzeichenförmigen Quadrangels noch erhalten.
- Am rechten Eckpunkt des Quadrangels setzt eine ca. 8 cm lange Fadenranke an. Der Rest der linken Rahmenleiste leer.
Anmerkungen
- Vgl. GLA Karlsruhe Hfk-Hs nr. 509, Herr, Merkwürdigkeiten, fol. 51r, 53r nr. XIII.
- Vgl. Kdm. Baden-Baden 216, 218 nr. 14; zu den Renovierungsmaßnahmen von 1865 s. a. RP Karlsruhe (Denkmalpflege) I/281, Spitalkirche, passim.
- Vgl. Stadtkreis Baden-Baden 139.
- Die Beschädigung bereits in GLA Karlsruhe Hfk-Hs nr. 509, Herr, Merkwürdigkeiten, fol. 53r nr. XIII bezeugt.
- Ein abgeschnittener oberhalber Löwe. Als Helmzier ein wachsender Adler.
- Vermutlich sollte auf der Platte noch der später nachzutragende Sterbevermerk für die Ehefrau Platz finden, dessen Ausführung jedoch unterblieb.
- Vgl. nr. 295; s. a. Einl. Kap. 5.2, LXXXI.
- Vgl. Schindele, Abtei Lichtenthal (1984) 166. Im Jahre 1656 ist ein Pfarrer Sies an der St.-Johannes-Kirche zu Speyer nachweisbar, vgl. Remling, Geschichte, Bd. 2, 532 Anm. 1612.
Nachweise
- BLB Karlsruhe K 218, Herr, Materialien 423f. nr. 13.
- GLA Karlsruhe Hfk-Hs nr. 509, Herr, Merkwürdigkeiten, fol. 53r nr. XIII.
- GLA Karlsruhe N Mone 109, Mone, Aufzeichnungen Oosthal, fol. 134v.
- Kdm. Baden-Baden 218 nr. 14.
Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 309 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0030907.
Kommentar
Die Buchstaben sind schmal proportioniert und stehen vor allem zum Ende der Inschrift eng aneinandergedrängt.6 Der obere Bogen am a ist ausgerundet. Der obere Abschnitt des oberen g-Bogen ist als ein den Schaft durchschneidender und rechts überstehender Deckbalken gestaltet. Das obere Schaft- und untere Bogenende am h sind in entgegengesetzte Richtungen nach innen umgebogen. Das f und das Schaft-s ragen unter die Grundlinie und stammen aus dem Formeninventar der Fraktur. Der rechte Schaft des nach pseudounzialem Vorbild gestalteten A ist oben zu einem linksschräg verlaufenden Deckbalken umgebogen, der linke geschwungen und unten eingerollt. Der schwebende Mittelbalken ist linksschräg gestellt. Der Schaft des B ragt über den oberen Bogenansatz hinaus und ist am oberen Ende etwas nach links gekrümmt. Das epsilonförmige E und das J sind in mehrere Bestandteile aufgelöst und neu zusammengesetzt. Der obere Bogenabschnitt des runden F ist zweimal gebrochen. Als Worttrenner dienen Quadrangel auf halber Zeilenhöhe.
Das Schriftbild gleicht in fast allen Details dem des Grabmals für Sebastian von Botzheim.7 Besonders auffällig ist die nahezu identische Ausführung von A, B, F, g, h, Schaft-s, der 5 sowie der verzierten Worttrenner, so daß beide Platten demselben Steinmetz zugewiesen werden können.
Jörg Sies läßt sich anderweitig nicht nachweisen. Möglicherweise war Conrad Sieß, ein um 1512 nachweisbarer Notar des Bischofs von Speyer, mit ihm verwandt.8