Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)

Nr. 308 Baden-Baden, altkath. Pfarrkirche St. Maria u. Vierzehn Nothelfer (ehem. Spitalkirche) 1559

Beschreibung

Grabplatte für Diebolt Heckner und seine Ehefrau Barbara, geb. Hochmüller. Im Jahre 1801 von Franz Josef Herr im Chor bezeugt.1 Im Zuge der Neugestaltung des Kircheninneren von 1865 im westlichen Langhausjoch als dritte Platte von Osten aufrecht an die Südwand gestellt.2 Nach der 1963 erfolgten Verkürzung des Kirchenschiffes an die Südwand des östlichen Langhausjoches versetzt.3 Seither hier das vierte Grabmal von Osten. Rötlicher Sandstein. Im oberen Drittel des Binnenfeldes eine flach eingetiefte Nische unter einem Eselsrücken. Darin erhaben ausgearbeitet die scheinbar an einem gemeinsamen Band aufgehängten Schilde der zwei Eheallianzwappen. Auf dem Plattenrand zwischen zwei rahmenden Ritzlinien die umlaufend eingemeißelten Sterbevermerke, die sich danach zeilenweise unter dem Wappenfeld fortsetzen und hier mit einer Fürbitte schließen. An der oberen Schmalseite der Platte eine größere Ausbruchstelle, sonst nur geringfügig bestoßen.

Maße: H. 194, B. 96, Bu. 8–9 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/1]

  1. · A(N)NOa) · D(OMI)NI · 1̣[558 · ]b) DEN · 12̣c) / · ṬẠG · AVG(VSTI)d) STARBE · DER · ERNHAFT · FV̈RNEM · DIBOLT · / HECNER · WV̈RT · ZVM / ·e) GREIFOGEL · ZV · BADEN : AN(N)Of) · 1559 · DEN · 5 · TAG · // APRIL(IS)d) DIE · ERSAM · / TVGENDSAM · / FRAW · BARBARA · / HOCHMV̈LLERIN · / SEINE · LIBE · EHLIC/HE · HAVSFRAW · DEREN · SEELEN · GOT·T · GNAD ·

Wappen:
Heckner4, Hochmüller5.

Kommentar

Die Kerben der Buchstaben sind gleichbleibend schmal geschlagen. Der untere Bogen des B und die stark geschwungene Cauda des R setzen ohne Berührung des oberen Bogens am Schaft an. Der Bogen des D endet unten genau am Schaft, während er oben links über ihn hinausragt. Besonders auffällig sind die kurzen geschwungenen unteren Balken an E und L. Der obere Bogenabschnitt des G ist meist weit nach rechts verlängert, die Cauda senkrecht gestellt. Der Mittelteil des geraden M bleibt auf die obere Zeilenhälfte beschränkt, der Schrägschaft des N und der Balken des H haben eine Ausbuchtung nach oben. Der Mittelbalken des Z ist als linksschräge Wellenlinie gestaltet. Der nach rechts durchgebogene Schaft der 1 ist unten hakenförmig nach links umgebogen, die 9 offen. Der rechts keilförmig verstärkte Balken der 5 setzt direkt am Bogen an. Als Worttrenner dienen Punkte etwa auf halber Zeilenhöhe.

Da zwischen den Buchstaben- bzw. Ziffernformen beider Sterbevermerke keinerlei Unterschiede erkennbar sind, dürfte die Grabplatte erst nach dem Tod der Frau angefertigt worden sein.

Die Badherberge „Zum Greifvogel“ lag unterhalb des Florentiner Berges am Kloster Zum Heiligen Grab; sie wurde schon im 18. Jahrhundert aufgegeben.6 Der Wirt Diebold Heckner ist 1545 als Zinspflichtiger für Warmwasser nachweisbar, das oberhalb des sog. Brühbrunnens entsprang.7 An Verwandten sind für 1552 Kaspar und Anthoni Heckner bezeugt;8 ein Moritz Heckner (gest. 1591) war Wirt der Herberge „Zum Ungemach“.9 Die Ehefrau Barbara Hochmüller läßt sich anderweitig nicht nachweisen.10

Textkritischer Apparat

  1. Kürzungsstrich nur schwach erkennbar.
  2. Ergänzung nach Kdm.
  3. Von der spitzen 2 lediglich die beiden Balken erkennbar.
  4. Kürzung durch Doppelpunkt.
  5. Der Punkt links oberhalb des G-Bogens.
  6. Über dem N ein Kürzungsstrich mit Ausbuchtung nach oben.

Anmerkungen

  1. Vgl. GLA Karlsruhe Hfk-Hs nr. 509, Herr (wie unten).
  2. Vgl. Kdm. Baden-Baden 216, 219f. nr. 23; zu den Renovierungsmaßnahmen von 1865 s. a. RP Karlsruhe (Denkmalpflege) I/281, Spitalkirche, passim.
  3. Vgl. Stadtkreis Baden-Baden 139.
  4. Gestielte Rose mit Blättern.
  5. Gespalten, vorn ein rechtshalbes Mühlrad am Spalt, hinten zwei schräglinks verstutzte aufgerichtete Schindeln pfahlweise übereinander, die untere links begleitet von einer lotschnittigen (?) Schrägschindel, vgl. Schifferzeichen nr. 12.
  6. Vgl. Kdm. Baden-Baden 380 mit Abb. 294; Kicherer, Geschichte 38 (Abb.). Eine knappe Beschreibung der Herberge bietet Matthaeus, Natürliche Beschreibung 20; Schreiber, Baaden 42f.; Heiligenthal, Geschichte 54f.
  7. Vgl. Oetling-Kappler, Familien 262; Regesten u. Urkunden 443 nr. 93.
  8. Vgl. Gauges, „Wir Bekennen“ 63.
  9. Vgl. nr. 388.
  10. Eine Barbara Hochmüller ist 1505 zu Gernsbach als Pächterin eines Waldstücks am Sasbach bezeugt (vgl. Hennl, Gernsbach 198), doch dürfte es sich hierbei um eine gleichnamige Verwandte der Verstorbenen handeln.

Nachweise

  1. BLB Karlsruhe K 218, Herr, Materialien 428f. nr. 26.
  2. GLA Karlsruhe Hfk-Hs nr. 509, Herr, Merkwürdigkeiten, fol. 54v nr. XXVI.
  3. GLA Karlsruhe N Mone 109, Mone, Aufzeichnungen Oosthal, fol. 138r.
  4. Eckert, Inschriften 50 (unvollst.).
  5. Kdm. Baden-Baden 219f. nr. 23, 381 (Abb. 295).

Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 308 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0030803.