Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)
Nr. 295 Baden-Baden, altkath. Pfarrkirche St. Maria u. Vierzehn Nothelfer (ehem. Spitalkirche) 1553
Beschreibung
Grabplatte für Sebastian von Botzheim. Im Jahre 1801 von Franz Josef Herr als zwölftes Grabmal „links des grosen Eingangs“ bezeugt.1 Seit der Kirchenrenovierung von 1865 an der Südwand des mittleren Langhausjoches die zweite Platte von Westen.2 Rötlicher Sandstein. In der oberen Hälfte des eingetieften Binnenfeldes zwei reliefierte Eheallianzwappen unter gemeinsamem Helm. Auf der Randleiste zwischen zwei rahmenden Ritzlinien der umlaufend eingemeißelte Sterbevermerk mit Fürbitte. Gut erhalten, lediglich an den Kanten leicht bestoßen.
Maße: H. 185, B. 84, Bu. 7 cm.
Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Frakturversalien und Frakturelementen.
Anno · d(omi)ni · 1553 · den · 16 · / tag · Febrvarii · starb · der · Erenvesta) · Sebastian · Botzheim ·b) / Weliches · selen · der · Allmech=/tigc) · Got · gnedig · Vnd · Barmhertzig · seÿ · Amend) ·e)
Botzheim3, unbekannt4. |
Textkritischer Apparat
- Über dem v ein Häkchen.
- Nach dem Worttrenner ein größeres Spatium von etwa 10 cm.
- Der linke Schaft des A geschwungen, der rechte nach rechts durchgebogen. Der beiderseits überstehende Deck- und der frei schwebende Mittelbalken linksschräg gestellt.
- Die nahezu senkrecht gestellten Schäfte des A etwa in Zeilenmitte unterbrochen; die unteren Abschnitte nach außen versetzt und rechts einseitig gezackt.
- Dem Worttrenner entspringt eine Fadenranke. Im Anschluß ein Spatium von ca. 30 cm.
Anmerkungen
- Vgl. GLA Karlsruhe Hfk-Hs nr. 509, Herr (wie unten) fol. 51r, 52v.
- Vgl. Kdm. Baden-Baden 216. Dieser Standort blieb auch nach der Verkürzung des Kirchenschiffes von 1963 unverändert, vgl. Stadtkreis Baden-Baden 139. Zu den Renovierungsmaßnahmen von 1865 s. a. RP Karlsruhe (Denkmalpflege) I/281, Spitalkirche, passim.
- Gemeinsame Helmzier: Botzheim (eine wachsende Bracke zwischen zwei Büffelhörnern, hier linksgewendet).
- Geteilt: oben zwei schräggekreuzte Zweige mit je fünf symmetrisch ansetzenden Blättern, unten ein Wellenschrägbalken.
- Vgl. nr. 309; s. a. Einl. Kap. 5.2, LXXXI.
- Vgl. Oberbad. Geschlechterbuch, Bd. 1, 145 (hier unter dem Lemma „Botzhelm“), 148f.; GHBy 4 (1953) 96f.; Albert Frhr. von Botzheim, 2 Ahnentafeln, in: Frankfurter Blätter für Familien-Geschichte 3 (1910) 108f.
- Vgl. Oberbad. Geschlechterbuch, Bd. 1, 148; GHBy 4 (1953) 97. Möglicherweise kommen hier die überaus zahlreichen Nachkommen Bernhards von Botzheim, des Bruders von Wilhelm II., in Frage, deren Genealogie bisher noch nicht aufgearbeitet wurde, vgl. Oberbad. Geschlechterbuch, Bd. 1, 148.
Nachweise
- BLB Karlsruhe K 218, Herr, Materialien 423 nr. 12.
- GLA Karlsruhe Hfk-Hs nr. 509, Herr, Merkwürdigkeiten, fol. 52v nr. XII.
- GLA Karlsruhe N Mone 109, Mone, Aufzeichnungen Oosthal, fol. 131r.
- Kdm. Baden-Baden 220f. nr. 28.
Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 295 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0029509.
Kommentar
Die Oberlängen der schmal proportionierten und relativ dicht aneinandergedrängten Minuskelbuchstaben ragen – abgesehen vom t – deutlich aus dem Mittelband hervor. An den Versalien läßt sich die für die Fraktur typische Tendenz zur Zergliederung und Neuzusammensetzung der Buchstaben beobachten. Unter den Gemeinen ist das Schaft-s dem Frakturalphabet entnommen und der obere a-Bogen teilweise stark ausgerundet. Der als waagerechter Deckbalken gestaltete obere Abschnitt des oberen g-Bogens ragt rechts über den Schaft hinaus. Der Bogen des h ist unter der Grundlinie weit nach links geführt, während das obere Schaftende zweimal nach rechts umgebogen ist. Das zweistöckige z besteht aus einem linksschrägen Deckbalken und einem sich nach unten zu einer Haarlinie verjüngenden Bogen. Das nach pseudounzialem Vorbild gestaltete A hat einen geschwungenen bzw. gewölbten Deck- und einen frei schwebenden, linksschräg gestellten Mittelbalken. Der stark geschwungene und über die Höhe des oberen Bogens verlängerte Schaft des B berührt nur das untere Ende des unteren Bogens. Das F ist rund. Der Schaft der unten nach links umgebogenen 1 ist oben umgebrochen. Die 5 besteht lediglich aus dem Bogen und einem rechtsschräg gestellten Balken, die 6 ist offen. Als Worttrenner dienen Quadrangel auf halber Zeilenhöhe.
Die beschriebenen Schriftmerkmale haben eine starke Ähnlichkeit mit den Buchstabenformen auf der Grabplatte für Jörg Sies.5 Vermutlich wurden beide Stücke von derselben Hand gefertigt.
Sebastian von Botzheim ist in den bisher veröffentlichten Stammtafeln seiner Familie nicht nachgewiesen.6 Möglicherweise handelt es sich um einen unbekannten Bruder oder Neffen Wilhelms II. von Botzheim, der 1554 als markgräflicher Amtmann zu Baden-Baden bezeugt ist.7