Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)

Nr. 289†? Gernsbach, ev. Pfarramt (Ebersteingasse 1) 1551

Beschreibung

Sturz eines Flachbogenportals. Ehemals am Haus Löhlein, dem ehemaligen Gasthaus „Zum Jockers“ in der Schloßstraße.1 Nach 1882 zu unbestimmter Zeit über den westlichen Eingang des ev. Pfarrhauses versetzt.2 Rötlicher Sandstein. Über einem Flachbogen das seitlich verkröpfte Gebälk. Im Fries das eingemeißelte und in Gold nachgezogene Bibelzitat mit Jahresangabe. Vor den Gesimsverkröpfungen über den Pfosten je ein aufgelegter Wappenschild. Die schmalen horizontalen Leisten wurden offenbar nachträglich mit dem Scharriereisen bearbeitet; andere Flächen sind teilweise punziert. Geringfügige Beschädigungen im linken Bereich.

Maße: H. 272, B. 190, Bu. 9 cm.

Schriftart(en): Frühhumanistische Kapitalis und Gotische Minuskel.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/2]

  1. V(ERBVM) d(omini) M(ANET) i(n) ET(ERNVM)3) 1551

Übersetzung:

Das Wort des Herrn bleibt in Ewigkeit. 1551.

Wappen:
unbekannt4, unbekannt5.

Kommentar

Die freien Schaftenden sind keilförmig verbreitert. Der mehrfach gebrochene Bogen des d ist offen, das E epsilonförmig. Der Mittelteil des konischen M bleibt auf das obere Zeilendrittel beschränkt. Die Schäfte des i und beider 1 münden oben und unten in Quadrangel; die linke Ecke der unteren Quadrangel ist jeweils zu einem Zierhäkchen ausgezogen. Beide 5 haben rechtsschräg gestellte Balken und keine Schäfte.

Das Bibelzitat war ursprünglich der Wahlspruch des Kurfürsten Friedrich des Weisen von Sachsen und entwickelte sich in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts zur gemeinsamen Losung aller Protestanten.6 Die Inschrift stellt einen zusätzlichen Beleg dafür dar, daß sich in Gernsbach bereits vor der Einführung des Augsburgischen Bekenntnisses und der brandenburg-ansbachischen Kirchenordnung 1556/57 eine selbstbewußte evangelische Gemeinde herausgebildet hatte.7

Der auffallend gute Erhaltungszustand, die scharrierten Leisten und punzierten Oberflächen, aber auch die merkwürdig plump gestalteten Wappenschilde deuten darauf hin, daß der Sturz in jüngerer Vergangenheit entweder sehr stark überarbeitet oder nach dem Vorbild des Originals vollkommen neu gefertigt worden ist.

Anmerkungen

  1. Vgl. StdtA Gernsbach 1439, Krebs (wie unten). Nach RP Karlsruhe (Denkmalpflege) I/60, Fragebögen (wie unten) handelte es sich um das Haus nr. 116.
  2. Zeitangabe erschlossen aus den Angaben in RP Karlsruhe (Denkmalpflege) I/60, Fragebögen (wie unten).
  3. I Pt 1,25.
  4. Schifferzeichen nr. 8 (Leistensparren, unten begleitet von einer Längsschindel, oben rechts von einer schwebenden, senkrecht gestellten Leiste).
  5. Schifferzeichen nr. 9 (eine schwebende, senkrecht gestellte Leiste, rechts begleitet von einer waagschnittigen Schräglinksschindel, links von einer waagschnittigen Schrägschindel).
  6. Vgl. Stopp, Verbum Domini 123–135. S. a. DI 41 (Göppingen) nr. 421; RDK, Bd. 3, Sp. 1350.
  7. Zur Einführung der Reformation in Gernsbach vgl. Hennl, Gernsbach 247–251; Landkreis Rastatt, Bd. 2, 104; Steigelmann, Des Herrn Wort, passim; Eisenlohr, Kirchliche Geschichte 9–14.

Nachweise

  1. StdtA Gernsbach 1439, Krebs, Chronologische Notizen 23.
  2. RP Karlsruhe (Denkmalpflege) I/60, Fragebögen (1882), Antwortschreiben zu den weltlichen Bau- und Kunstdenkmalen von Gernsbach, o. S.
  3. Steigelmann, Des Herrn Wort 34, 51, o. S. (Abb. 5).
  4. Kdm. Rastatt 186.

Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 289†? (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0028900.