Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)

Nr. 269 Gernsbach, Marktplatz 1549

Beschreibung

Marktbrunnen. Rötlicher Sandstein. Die Außenseiten des umfangreichen Beckens auf quadratischem Grundriß sind mit vorgeblendetem spitzbogigen Maßwerk versehen. In der Mitte der Brunnenstock in Form einer Balustersäule. Daran sind auf halber Höhe zwischen reliefierten Blüten vier eiserne Gewehrläufe1 als Wasserspender befestigt. Darüber zwischen lappigen Blättern das Stz. nr. 25. Unter dem Halsring des Kapitells, das mit geschuppten und an den Schwänzen paarweise zusammengebundenen Fabelwesen ausgestattet ist, die umlaufend eingemeißelte Datierung. Am Ende der Inschrift nochmals das Stz. nr. 25. Als Bekrönung dient eine Figur des hl. Nepomuk, die seit 1750 die ursprüngliche Marienfigur ersetzt.2 Der Brunnen wurde mehrfach restauriert, nach einer Inschrift am Beckenrand auch im Jahre 1951.3 Deutliche Verwitterungsspuren.

Maße: H. ca. 350, B. 474, Bu. ca. 4 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/7]

  1. ANNO DOMINI · 1549 · IAR · AVF DEN · 12 · TAG · IVLIVS

Kommentar

Die Kerben der einheitlich geschlagenen und teilweise quadratisch proportionierten Buchstaben sind gleichbleibend schmal. Die Cauda des G ist rechtwinklig nach innen umgebrochen. Der Mittelteil des geraden M ragt nur geringfügig in die untere Zeilenhälfte. Die Cauda des R ist geschwungen und ausgestellt, das O unten spitz. Als Worttrenner dienen kleine Dreiecke auf halber Zeilenhöhe. Die identischen Buchstabenformen und das Steinmetzzeichen belegen, daß Inschrift und Brunnenstock von demselben Steinmetz stammen, der sich auch an zwei Portalen zum Katzschen Garten nachweisen läßt.4

Die Inschrift datiert zweifellos die Errichtung des Brunnens. Die Ansicht Langenbachs, sie bezeichne außerdem den Tag der zugestandenen Religionsfreiheit, beruht offenbar auf unzutreffenden Vermutungen.5

Anmerkungen

  1. Es soll sich dabei um Gewehrläufe aus der Zeit der Badischen Revolution von 1849 handeln. Einer davon ist eine jüngere Nachbildung, vgl. Kdm. Rastatt 189.
  2. Vgl. Kdm. Rastatt 189. Danach handelt es sich bei der Figur des hl. Nepomuk um eine Stiftung des Speyerischen Amtsschreibers Ettlinger.
  3. Inschrift am östlichen Beckenrand: RENOV(ATVM) 1951.
  4. Vgl. nrr. 272, 282.
  5. Vgl. Langenbach, Gernsbach (wie unten) 104. Zur Einführung der Reformation in Gernsbach (1556/57) vgl. Hennl, Gernsbach 247–251; Landkreis Rastatt, Bd. 2, 104; Steigelmann, Des Herrn Wort, passim.

Nachweise

  1. GLA Karlsruhe N Mone 108, Mone, Aufzeichnungen Murgthal, fol. 24v.
  2. RP Karlsruhe (Denkmalpflege), Photoarchiv, Neg.-nrr. 01859, 9477, 660/13.
  3. StdtA Gernsbach 1439, Krebs, Chronologische Notizen 22 (Nachtrag mit Bleistift).
  4. Langenbach, Oberamtsstadt Gernsbach 145 (erw.).
  5. StdtA Gernsbach o. Sig., Langenbach, Stadtchronik Gernsbach, Bd. 2, fol. 130r (erw.).
  6. Kdm. Rastatt 189f. (Abb. 112).
  7. Heinrich Langenbach, Gernsbach hatte einst zweierlei Herren, in: Der Merkur. Heimatkalender für die Kreise Bühl und Rastatt und die Kurstadt Baden-Baden 1 (1963) 104f., hier 104.
  8. Kunitzki, Gernsbach 80.
  9. Kieser u. a., Kunst- u. Kulturdenkmale RA/BAD 216.

Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 269 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0026908.