Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)

Nr. 253 Wachendorf (Gde. Starzach, Lkr. Tübingen), Neues Schloß 1542

Beschreibung

Tafelbild mit Markgraf Bernhard III. von Baden-Baden, seiner Familie und den Vormündern seiner Kinder. Im sog. „Musik-Zimmer“ des Schlosses.1 Das Gemälde gelangte vermutlich aufgrund der vor dem 17. Dezember 1526 geschlossenen Ehe Rosinas, der Schwester Markgraf Bernhards III. von Baden-Baden, mit Johann d. J. von Ow in den Besitz der Freiherren von Ow-Wachendorf.2 Öl auf Holz. Die querrechteckige Tafel zeigt links inmitten einer weiten, hügeligen Landschaft eine Loggia, in der hinter einer Brüstung das Fürstenpaar Bernhard III. von Baden-Baden und Franziska von Luxemburg im Halbprofil wiedergegeben ist.3 Zwischen den beiden schräg einander zugewandten Personen auf einem Säulenkapitell eine angekettete Meerkatze.4 Über deren Kopf am Gewölbeansatz die in Schwarz nachgezogene5 Jahreszahl (A). Vor der Brüstung zwei bekränzte Kinder in roten Mänteln, die sich ebenfalls schräg zueinandergekehrt auf einer Wiese gegenüberstehen. Der linke Knabe hält einen Sittich auf dem Arm, der rechte reitet auf einem Steckenpferd. Zwischen beiden Figuren auf einem Mauerquader der Loggia die teilweise verfälschte Jahreszahl (B). Links im Bild am Brüstungssockel die Malersignatur (C). Die rechte Bildhälfte zeigt zwei adelige Herren in geschlitzten Pluderhosen, Wams und Umhang. Der linke von ihnen hat eine Hand auf die Schulter des andern gelegt und erhebt mit der Rechten einen gläsernen Buckelpokal. Im Hintergrund die Burgsilhouette von Hohenbaden6, über der die Altersangabe (D) erkennbar ist. Leichte Stockflecken, letztmalig um 1960 restauriert.7

Maße: H. 47,5, B. 65,8 Bu./Zi. 1 (A), 0,6 (B, C), 0,3 cm (D).

Schriftart(en): Kapitalis.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften; Burkhard Frhr. von Ow-Wachendorf, Starzach [1/5]

  1. A

    1536a)

  2. B

    1536b)

  3. C

    N(icolaus) K(remer)c)

  4. D

    1542 / AETATIS / 22

Übersetzung:

1542 (ihres) Alters 22. (D)

Kommentar

Buchstaben und Ziffern wurden in ungleichmäßigen Pinselstrichen auf das Bild gebracht und sind wohl weitgehend nicht mehr original.

Aus der Komposition des Bildes geht hervor, daß es sich bei den Kindern um Bernhards Söhne Philibert und Christoph II. handelt.9 Die beiden Männer rechts neben ihnen lassen sich sinnvollerweise mit deren Vormündern, Herzog Wilhelm IV. von Bayern und Pfalzgraf Johann II., Herzog von Pfalz-Simmern, identifizieren.10 Die Altersangabe (D) kann sich demnach nur auf Bernhards früh verwitwete Gemahlin Franziska von Luxemburg beziehen, deren Geburtsjahr anderweitig nicht überliefert ist.11 Allerdings wäre sie folglich 1520 geboren und bereits mit 13 Jahren (19. März 1533) verheiratet worden, was kaum glaubhaft erscheint. Die Jahreszahl (B) zwischen den Knaben bezeichnet das Geburtsjahr ihres ersten Sohnes Philibert, der am 22. Januar 1536 zur Welt kam.12 Markgraf Bernhard verstarb am 9. November desselben Jahres;13 somit ist Inschrift (A) wohl mit seinem Ableben in Verbindung zu bringen. Der Jahreszahl 1542 in (D) ist zu entnehmen, daß Nikolaus Kremer dieses Bildnis erst sechs Jahre nach dessen Tod gemalt hat.14 Der Anlaß ist nicht überliefert.15 Da aber die Witwe des Markgrafen in zentraler Position wiedergegeben wurde, dürfte das Bild ihr entweder gewidmet oder von ihr in Auftrag gegeben worden sein.

Textkritischer Apparat

  1. Zur Frage nach der Originalität der Jahreszahl vgl. Anm. 5.
  2. Heutiger Befund: 1538. Die Jahreszahl wurde zu unbekannter Zeit im Zuge einer Restaurierung verfälscht, die ursprüngliche 6 ist jedoch noch ausreichend erkennbar, vgl. Rott (wie unten) 98.
  3. Die Namensinitialen ligiert.

Anmerkungen

  1. Für die Genehmigung der Aufnahme danke ich Sigurd Frhr. von Ow-Wachendorf. Die Aufnahmearbeiten vor Ort führte Herr Dr. Lars Adler, Darmstadt, durch.
  2. Vgl. Rott (wie unten) 98. Zum Zeitpunkt der Vermählung vgl. Schwennicke, Europ. Stammtafeln NF, Bd. 1.2, Taf. 268.
  3. Vgl. zur Identifizierung der Personen Renaissance (wie unten); Rott (wie unten).
  4. Zur ikonographischen Deutung eines angeketteten Affen als die Verschlingung des Menschen in der Sünde vgl. LCI, Bd. 1, Sp. 77. Innerhalb der von Tobias Stimmer angefertigten Deckenmalerei im Fürstensaal des Neuen Schlosses erscheint die Meerkatze als Begleitung der Wollust, vgl. nr. 371/I.
  5. Vgl. Rott (wie unten) 98: „die Zahl 1536 über der Meerkatze ist völlig neu und in ihrer Vorlage anscheinend verfälscht.“
  6. Vgl. Rott (wie unten) 97.
  7. Vermerk auf der Rückseite des Bildes.
  8. Maßangaben ohne Rahmen.
  9. Vgl. Rott (wie unten) 97, danach auch Renaissance (wie unten); zur Stammfolge Schwennicke, Europ. Stammtafeln NF, Bd. 1.2, Taf. 268.
  10. Vgl. Rott (wie unten) 97, danach auch Renaissance (wie unten). Zu den historischen Einzelheiten vgl. Reinking, Vormundschaften 36–59.
  11. Vgl. Schwennicke, Europ. Stammtafeln NF, Bd. 1.2, Taf. 232.
  12. Vgl. Schwennicke, Europ. Stammtafeln NF, Bd. 1.2, Taf. 268.
  13. Vgl. ebd. und nr. 356.
  14. Vgl. zu Nikolaus Kremer nr. 296. Zu seinem Oeuvre vgl. Wescher (wie unten); s. a. nr. 211?, 239, 246.
  15. Auf der Rückseite des Bildes ist folgender, wenig glaubhafter Vermerk verzeichnet: „Nach Ansicht von Geheimrat Dr. Wilh. Brambach bei Gelegenheit der Belehnung des Philibert mit dem Dorf Oos (1542) entstanden.“

Nachweise

  1. Rott, Quellen u. Forschungen, T. 3, Bd. 3, 96 (Abb.), 97 (C, D), 98 (A, B).
  2. Paul Wescher, Nicolas Kremer of Strassburg, in: The Art Quarterly 1 (1938) 204–209, hier 209 (erw.).
  3. Renaissance, Bd. 1, 172 nr. C 7.
  4. FA Ow-Wachendorf o. Sig., Hans-Otto Frhr. von Ow-Wachendorf, Chronik, Bd. 2, 954.

Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 253 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0025303.