Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)

Nr. 241† Ottersweier, kath. Pfarrkirche St. Johannes d. Täufer 1534

Beschreibung

Epitaph für den Kirchherrn Sebastian von Windeck. 1573 im Chor „zu der Rechten handt“ hängend bezeugt.1 Bemalte und vergoldete Tafel,2 auf der die Grabbezeugung mit Totenlob, Stiftungsinschrift und Bitte um Fürbitte verzeichnet war. Im unmittelbaren Zusammenhang damit zwei nebeneinander angeordnete, tartschenförmige Wappenschilde;3 der heraldisch rechte offenbar von einem Kranz umgeben.4 Verlustumstände unbekannt, vermutlich im Zuge der Renovierungsmaßnahmen von 1723/24 mit den meisten Grabdenkmälern abgegangen.5

Inschrift nach FGvAGA Ebnet D 206, Windecksches Wappenbuch.

  1. Hic situs est Reuerendus ac nobilis uir dominus Sebastianus Ex domo et familia de Windecka) progenitus, Rector huius Ecclesie in Oterschwirb), ac Canonicus Collegiate. Ecclesiae in Seltz6), Clementia siquidem et uitae, ac morumc) honestateq(ue)d) preclarus, pacisq(ue) et Justitiae, cultor eximiuse). Dum Ecclesiae suae in annum usq(ue) vicesimum Octauum gubernaculaf) tenuissetg), ac eandem pro maiori Ere suo restaurauit ac ampliauith). Anno salutis nostre Millesimo Quingentesimo Tricesimo primo, veneris post dominicami) quasi modo, hora diei, quasi tertia Ek) uita hac misera ad celos migrauit, Deo pro meritis in gloria perpetuo fruiturus, Cuius ne digna euanescat memoria, venerabilis dominus Caspar Wurtzl) Exm) Alttorff7) sub districtu Ecclesiae in Ettenheimn)8) oriundus, Archipresbÿter capituli Otersuuilero), successit in Rectoriam, qui ob honorem et memoriam, praefati dominip) Sebastiani de Windeck, antecessoris et benefactoris sui, hoc opus de suo constituit, Anno Dominj. M.D.XXXiiii.q) O(rate)r) Pro eis.s)

Übersetzung:

Hier liegt der ehrwürdige und edle Mann, Herr Sebastian, ein Sproß aus dem Haus und der Familie von Windeck, Kirchherr dieser Kirche in Ottersweier und Stiftsherr der Kollegiatkirche in Selz. Während er die Leitung seiner Kirche bis in das 28. Jahr innehatte, stach er durch Milde, aber auch durch Ehrenhaftigkeit sowohl in der Lebensführung als auch in den Sitten hervor, war ein vortrefflicher Hüter des Friedens und der Gerechtigkeit und erneuerte und vergrößerte dieselbe (Kirche) zum überwiegenden Teil aus eigenen Mitteln. Im Jahr unseres Heils 1531 am Freitag nach dem Sonntag Quasi modo um die dritte Tagesstunde begab er sich aus diesem elenden Leben in den Himmel, um sich seiner Verdienste wegen am ewigen Gott in Herrlichkeit zu erfreuen. Damit das würdevolle Andenken an ihn nicht erlösche, folgte im Kirchherrenamt der ehrwürdige Herr Kaspar Wurz aus Altdorf im Bezirk der Kirche zu Ettenheim nach, Archipresbyter des Landkapitels Ottersweier, der wegen der Ehre des zuvor genannten Herrn Sebastian von Windeck, seines Vorgängers und Wohltäters, und wegen des Andenkens an ihn, dieses Werk aus eigenem Vermögen im Jahr des Herrn 1534 gestiftet hat. Betet für sie!

Datum: 21. April 1531.

Wappen:
Windeck, Priesterwappen (?).9

Kommentar

Sebastian von Windeck war der Sohn Reinhards d. Ä. aus dessen erster Ehe mit Barbara von Enzberg.10 Er studierte in Bologna11 und wurde im Jahre 1502 Kirchherr zu Ottersweier.12 Gleichzeitig war er Vikar des Domstifts Straßburg.13 Im Jahre 1512 gestaltete er den Ottersweierer Pfarrhof um,14 stiftete fünf Jahre später den Neubau der Kirche und gab überdies zahlreiche Ausstattungstücke aus eigenen Mitteln in Auftrag.15 Daneben renovierte er die Güter und Gefälle des Rektorats.12 Sein Nachfolger Kaspar Wurz war bereits seit 1519 Kaplan der St.-Nikolaus-Pfründe in Ottersweier und wurde 1525 zum Erzpriester des Landkapitels gewählt.16 Ein Jahr nach der Anfertigung des Epitaphs für Sebastian von Windeck richtete er für ihn am 25. Oktober 1535 außerdem eine Jahrzeit ein.17 Er starb 1556.18

Textkritischer Apparat

  1. Windeckh Verzaichnüs.
  2. Otterschwür Verzaichnüs.
  3. ac morum] morumq(ue) Verzaichnüs.
  4. honestate Verzaichnüs.
  5. cultor eximius] eximius cultor Verzaichnüs.
  6. gubernaculum GLA Karlsruhe 67/1414, Windecksches Wappenbuch.
  7. tenusset GLA Karlsruhe 67/1414, Windecksches Wappenbuch.
  8. ac ampliauit] et ampliaverit Verzaichnüs.
  9. Fehlt in PfA Ottersweier A 34, Verzaichnüs.
  10. ex Verzaichnüs.
  11. Wrtzius Verzaichnüs.
  12. de Verzaichnüs.
  13. Ettenhaim Verzaichnüs.
  14. Otterschwiler Verzaichnüs; Otersvuiler GLA Karlsruhe 67/1414, Windecksches Wappenbuch.
  15. dominus GLA Karlsruhe 67/1414, Windecksches Wappenbuch.
  16. 1534. Verzaichnüs.
  17. Im Ms. ohne Kürzungszeichen.
  18. eis (etcetera) Verzaichnüs.

Anmerkungen

  1. Vgl. PfA Ottersweier A 34, Verzaichnüs, fol. 6v. Die scheinbar widersprüchliche Lokalisierung in FGvAGA Ebnet D 206, Windecksches Wappenbuch, fol. 42r. („vff der linckhen seitten“) beruht dort offenbar auf der Bestimmung der Begriffe „rechts“ und „links“ aus der Perspektive vom Altar in das Kirchenschiff; vgl. hierzu CVMA Dtld. II/1 (Baden/Pfalz) 210 Anm. 8.
  2. Vgl. PfA Ottersweier A 34, Verzaichnüs, fol. 6v: „ain taffell vergült“; FGvAGA Ebnet D 206, Windecksches Wappenbuch, fol. 42r: „ein gemalte tafel“.
  3. In PfA Ottersweier A 34, Verzaichnüs, fol. 7r als Skizze unter der Inschrift wiedergegeben; in FGvAGA Ebnet D 206, Windecksches Wappenbuch, fol. 42r lediglich der Windecksche Wappenschild abgebildet, der sich mitten auf der Tafel befunden habe.
  4. Vgl. die Wappenskizze in PfA Ottersweier A 34, Verzaichnüs, fol. 7r.
  5. Vgl. Reinfried, Pfarrei Ottersweier 55.
  6. Elsaß, dép. Bas-Rhin.
  7. Altdorf (Stadt Ettenheim, Ortenaukreis).
  8. Ortenaukreis.
  9. Nach Wappenskizze in PfA Ottersweier A 34, Verzaichnüs, fol. 7r. Das Wappenbild des Priesterwappens (?) nicht sicher identifizierbar: Der untere Teil der Figur ähnelt einem Kelchfuß, auf dem in der Mitte eine Querschindel liegt, von der mehrere geschwungene Linien aufsteigen. Reinfried erkannte darin einen flammenden Opferaltar im Sinne eines redenden Wappens zum Namen Würz, vgl. Reinfried, Grabschriften 256.
  10. Vgl. Gartner, Die Windecker, o. S. (hinterer Klappeinband).
  11. Vgl. Deutsche Studenten in Bologna (1289–1562). Biographischer Index zu den Acta nationis Germanicae universitatis Bononiensis, bearb. v. Gustav C. Knod, Berlin 1899, 335; Regesten von Windeck 161 nr. 596.
  12. Vgl. Reinfried, Pfarrei Ottersweier 72.
  13. Vgl. Regesten von Windeck 166 nr. 616.
  14. Vgl. nr. 168.
  15. Vgl. nrr. 173, 189, 200.
  16. Vgl. Reinfried, Pfarrei Ottersweier 72f. S. a. Regesten von Windeck 178 nr. 653; Archivalien aus Orten des Amtsbezirks Rastatt, verzeichnet v. Jakob Köhler, in: ZGO 47 NF 8 (1893) m103–m127, hier m122.
  17. Vgl. Regesten von Windeck 198 nr. 723; s. a. Reinfried, Pfarrei Ottersweier 88 nr. 24.
  18. Vgl. Reinfried, Pfarrei Ottersweier 73.

Nachweise

  1. PfA Ottersweier A 34, Verzaichnüs, fol. 6v–7r.
  2. FGvAGA Ebnet D 206, Windecksches Wappenbuch, fol. 42r.
  3. GLA Karlsruhe 67/1414, Windecksches Wappenbuch, fol. 32r.
  4. Die Religionsschicksale im Amte Bühl während des 16. und 17. Jahrhunderts und die Pastorationstätigkeit der Jesuiten daselbst, in: Freiburger katholisches Kirchenblatt 16 (1872) nr. 47, 369f., hier 369 (unvollst.).
  5. Reinfried, Stadt- u. Pfarrgemeinde Bühl 76 Anm. 3 (unvollst.).
  6. Reinfried, Geschichte Bühl 12 Anm. 3 (unvollst.).
  7. Reinfried, Grablegen 255f. (nach Verzaichnüs).
  8. Heimatkunde Bühl 194 (erw.).
  9. Harbrecht, Grablegen 74 (nach Verzaichnüs).
  10. Regesten von Windeck 190f. nr. 696 (nach FGvAGA Ebnet D 206, Windecksches Wappenbuch).

Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 241† (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0024103.