Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)

Nr. 235(†) Ottersweier, ehem. Gemarkungsgrenze; Ottersweier, Rathaushof 1530, nach 1530?

Beschreibung

Grenzsteine. In einer Beschreibung der „Gräntzen deß Ottersweyerer banneß und zehenden“ vom Jahre 1565 erstmals bezeugt.1 Das Gebiet deckte sich mit dem des Rektoratszehnten der Ottersweierer Kirche und wurde durch 41 Steine markiert, die heute überwiegend verloren sind. Im Bereich zwischen Breithurst und Waldmatt verschmolz die Grenze mit der Gemarkungslinie von Bühl, etwas weiter südlich mit der des Neusatzer Bannes.2 Für den ersten Abschnitt lassen sich die Steine auch anhand der „Beschreybung des Gemeinen Stabs und Bezirkhs des Fleckens Bühell“ lokalisieren.3 Ausgehend von der Laufbachbrücke östlich von Zell verlief die Ottersweierer Banngrenze über Breithurst, Hatzenweier zum Hartkopf, wandte sich dann nach Süden, orientierte sich am Billenstein und Omerskopf, bevor sie das Gebiet des heutigen Landkreises Rastatt verließ. An der Hornisgrinde bog sie nach Westen um, passierte den Kroppenkopf nördlich von Sasbachwalden (Ortenaukreis), bezog Sasbach (Ortenaukreis) mit ein und erreichte südlich von Ottersweier auf dem Bößfeld wieder das Bearbeitungsgebiet. Von hier setzte sich der Grenzverlauf in nordwestlicher Richtung fort und erreichte nahe Breithurst den Ausgangspunkt. Für 16 Grenzsteine im Norden des Gebietes sind die darauf verzeichneten Inschriften, teilweise auch ihre heraldische Gestaltung überliefert (I–XVI). So waren an der Grenze zwischen der Markgrafschaft Baden und der Reichsvogtei Ortenau sämtliche Steine entweder mit den Wappen oder den Wappenbildern beider Herrschaften versehen. Zusätzlich trugen sie die entsprechenden Namen, bisweilen auch eine Jahreszahl.

Inschrift (I/A) nach Beschreybung (Abb.); Inschriften (I/B; II–VI/C–D; VII/F–G; IX–X/L–M; XII/L–M; XIII/P; XIV–XVI/Q–R) nach Gräntzen; Inschrift (VII/E, XI/L–M) nach Beschreybung; Inschriften (XIII/N–O) nach Stemmler.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/3]

I. „1. stehet vor der lauffbach-brück an dem weeg, so auff Unzhurst gehet; hat auf einer seiten [(A)] und adler auff der anderen seiten daß Marggräfliche wappen und [(B)].“4 Im Sommer 1957 durch das Anlegen eines Zufahrtsweges mit Erde überdeckt.5 Ein Photo zeigt, daß auf der ehemaligen Südseite des Steines unter der Inschrift der Doppeladler des Heiligen Römischen Reiches ohne den Schild wiedergegeben war.5

Schriftart(en): Kapitalis (A).5

  1. A†

    REICH

  2. B†

    Baaden

 
Wappen:
Baden.

II–VI. „2. stehet fürbass an derselben strass [nach Unzhurst], auff der rechten seiten [(C)], auff der lincken [(D)]. 3. stehet an dem landgraben an dem weeg, so von Hazenweyr auff untzhurst gehet, hat auff einer seiten [(C)] auff anderer [(D)]. 4. stehet bey dem dörfflein Hazenweyr, mit dem Nahmen [(C)] und [(D)]. 5. stehet von diesem dörflein hindurch an dem Riedersbächlein genant im hegenich mit dem Nahmen [(C)] und [(D)] (…) 6. stehet auf dem Rappen wasen genant, stehet darauf [(C)] et [(D)].“6

  1. C†

    Reich

  2. D†

    Baadena)

 
Wappen:
Baden.7

VII. „7. stehet an der Landstraßen, so von Ottersweyr auff Buhl gehet, wo die jäger stecklein gestanden, im Haag mit [(F, G)] und wappen.“8 In der „Beschreybung des Gemeinen Stabs und Bezirkhs des Fleckhens Bühell“ von 1598 heißt es dazu: „biß uf die landtstraaß, da hievor die Ruche eiche gestanden, daselbst an gemellter straaßen steht der Neun und dreyßigiste Marckstain, auch mit des Reichs Adler, Herrschaft Baden Wappen und Jar Zall [(E)] bezeichnet, und sein an der Jar Zahl die Dreyßig abgeschlagen.“9

  1. E†

    1530

  2. F†

    Reich

  3. G†

    Baaden

 
Wappen:
Baden.

VIII. „8. stehet auff der Leicht (werden nun Leichtbösch genant unter der Linden) auf der rechten seiten ein adler und Jahrzahl 1130 [sic!], auff der anderen seiten Baaden.“8 Die „Beschreybung etc.“ führt aus: „(…) Jn derselbigen [d.i. Marthin Mörders büne] steht wider ein Marckstain nahe bey dem Haag, daß man jn vom weg, der von Bühell jn die Huob geht, sehen khan; uf dem Ackher bey einem Bürenbaumlin, ist mit deß Reichs Adler, Herrschaft Baden Wappen und Jar Zall [(H)] bezaichnet und der Achtunddreyßigiste Marckstain (…).“9 Dieser Stein ist zweifellos identisch mit dem heute am Ottersweierer Rathaus aufgerichteten Exemplar, das zuvor am Vermessungsamt in Bühl stand und ursprünglich von „einem Acker Rittersbach-Hub“10 stammt. Rötlicher Sandstein. Auf der einen Seite über dem Wappenschild ist die nachgeschlagene Jahreszahl (H), darunter der Herrschaftsname (I) eingemeißelt. Die Flügel des reliefierten Doppeladlers wurden offenbar nachträglich mit den Initialen G(emeinde) O(ttersweier) versehen. Auf der anderen Seite unter dem Wappenschild der Herrschaftsname (J). Eine Schmalseite trägt die Ziffern (K). Die Oberseite ist mit einer den Grenzverlauf andeutenden Ritzlinie versehen.

Maße: H. 67, B. 34, T. 12, Bu. 8, Zi. 7–9 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versal.

  1. H

    1530b)

  2. I

    Reich

  3. J

    baden

  4. K

    9/5

 
Wappen:
Heiliges Römisches Reich, Baden.

IX–XII. „9. stehet an dem weeg, so von Waldmatt in die hueb gehet, mit obigen Nahmen [(L, M)] bezeichnet. 10. stehet von dem stracks über sich auff einem Kopf, der Hardberg genant, wie vor bezeichnet [(L, M)]. 11. stehet also über zwerch hinumb zu der Matt. 12. stehet neben dem weeg, der von Waldmatt gehet, bezeichnet wie gemeldet [(L, M)].“11 In der „Beschreybung etc.“ werden drei dieser Grenzsteine in entgegengesetzter Reihenfolge so lokalisiert: „(…) durch die Hardt Reben hinuf biß zu deren von Windeckh Ackher, der ob jnen Reben am Hartberg ligit und außwendig desselben Ackhers steht der Fünf und dreyßigiste Marckstain [XI.], daran ist außwendig [(L)] und Jnwendig [(M)] gehauen; der weyset baß für ufhin, biß uf des Hardberges Kopf und Spüzen, da stehet wider dergleichen mit Worten [(L)] und [(M)] gehawen der Sechs und dreyßigiste Marckstain [X.], zilet strackhs für sich den Hartberg hinab durch den Befang biß uf den Weg, so von waldtmatten in die Huob geht, ob demselbigen Weg steht mit [(L)] und [(M)] gehawet, der Sibenunddreyßigiste Marckstein [IX.], weyset durch den Wolffshaag strackhs für sich hinüber, biß uf die Leicht und jn Marthin Mörders büne.“12

  1. L†

    Reich

  2. M†

    Baadena)

XIII. „13. stehet bey dem Keichbächel [?], auff einer seitten adler, anderer Seiten [(P)] und obige Jahrzahl [(N)].“8 Dieser Stein ist offenbar mit demjenigen identisch, der in einer Grenzbeschreibung des Neusatzer Bannes von 1784 erwähnt wird: „Ein Grenzstein am Huber Mühlbach im alten Engert, der in den Aspach gehet, gezeichnet auf der Seite gegen die Hub mit dem doppelten Adlerwappen und dem Wort [(O)], auf der Neusatzer Seite mit dem badischen Wappen und der Jahreszahl [(N)].“13

  1. N†

    1530c)

  2. O†

    Reich

  3. P†

    Baaden

 
Wappen:
Heiliges Römisches Reich, Baden.

XIV–XVI. „14. stehet von dannen uff die lincke hand nebst gemeltem weeg gegen den Gebürg auffwerths mit nahmen [(Q)] und [(R)]. 15. stehet von dannen winckelrecht an der zwerchgass an einem vorgebürg. 16. stehet von demselben hinumb uff die lincke hand gegen den gebürg an dem Aschbächlein [?] genant, mit [(Q)] und [(R)]. 17. stehet von dannen stracks hinauff biß zu einem weeg, der zwerchweeg genant, mit nahmen [(Q, R)] bezeichnet.“14

  1. Q†

    Reich

  2. R†

    Baaden

Kommentar

Innerhalb der noch vorhandenen Inschriften (VIII/H–K) ist der Schaft des R oben nach links umgebogen und berührt weder den Bogen noch die kurze, unten mit einem dreieckigen Sporn versehene Cauda. Der Schaft des h ist oben und unten gespalten, der Bogen unter der Grundlinie stark nach links umgebogen. Dieser Grenzstein vermittelt eine gute Vorstellung von der Gestalt der übrigen Exemplare, die man aufgrund des am 19. März 1530 zwischen Markgraf Philipp I. von Baden und den Pfandherren der Reichsvogtei Ortenau geschlossenen Ortenauer Herrschaftsvertrages neu angefertigt und gesetzt hatte.15 Damals wurde die Grenze zwischen beiden Herrschaften zumindest teilweise neu festgelegt. Da auf dem Grenzstein (I) abweichend von den übrigen die Inschrift (A) in Kapitalis ausgeführt war, scheint dieser Stein nach 1530 ersetzt worden zu sein.

Textkritischer Apparat

  1. Baden Beschreybung (ed. Gartner).
  2. Die oberen Ziffernabschnitte von 15 wurden nachgeschlagen. Die ehemals kleiner und kreisrund ausgeführte 0 befand sich den Spuren nach im oberen Zeilenbereich. Sie wird heute von einer neu eingemeißelten, hochovalen und die gesamte Zeilenhöhe ausfüllenden 0 überdeckt. Zum älteren Zustand vgl. Stadtgesch. Inst. Bühl, Photoarchiv (wie unten) Ottersweier etc.; Hub, Vorderansicht Grenzstein etc.
  3. 1130 Gräntzen.

Anmerkungen

  1. Vgl. Gräntzen (wie unten).
  2. Vgl. zu weiteren Grenzsteinen der Gemarkung Bühl nr. 405.
  3. Vgl. Beschreybung (ed. Gartner; wie unten).
  4. Gräntzen (wie unten) 24.
  5. Vgl. Beschreybung (ed. Gartner; wie unten) 15 (Abb.).
  6. Vgl. Gräntzen (wie unten) 24. Die Lokalisierung dieser Grenzsteine in umgekehrter Reihenfolge lautet in Beschreybung (ed. Gartner; wie unten) 15f.: „Von dißem Stein [siehe VII.] nur ueber daß Ackherveldt der Lange nach hinab, dem walt Hagenich zue, zwüschen demselben Wald und gemellten Ackherveldt, steht uf dem Enger der Vierzigiste Marckstain [VI.], mit des Reichs Adler und Badischem Wappen gezeichnet, weyset durch daß Hagenich biß zum wassergraben, so von der Rug Eichen Hazenweyer zugeht, daselbst am Graben steht der Einundvierzigist Marckstain [V.] (…); danen geht die Markhung biß gehn Hazenweyer in daß dorff, daselbst hinder Lorenz Seyder seins Heußlin, am Unzhurster Pfadt, wo man jn das Ackher Veldt, das Hurtle genant, hineinsteiget, steht der Zweiundvierzigiste Marckstein [IV.], auch mit dem Reichs Adler und Badischen Wappen gezeichnet. Von dißem Stein dem Unzhurster Pfadt nach durchs Ackherveldt hinüber, biß ueber den Landgraben, am selben graben, und gemelltem Unzhurster Pfadt, steht der Dreyundvierzigiste Marckstain [III.], auch mit deß Reichs Adler und Badischen Wappen gezaichnet; der weyset dem Pfad nach hinein biß zum Schonbronnen, und dan von dißem bronnen dem Pfadt nach hinfür biß ans Henhhurster Heydenveldt. Ob demselben Veldt am Weg, da man, wan es nit gesäet ist Unzhurst zufahrt, steht wider ein stain, mit [(C)] und [(D)] bezaichnet, und ist der Vierundvierzigste Marckstein [II.] (…).“
  7. Nur für die Grenzsteine III., IV. und VI. bezeugt, vgl. Anm. 6.
  8. Gräntzen (wie unten) 24.
  9. Beschreybung (ed. Gartner; wie unten) 15.
  10. Vgl. Stadtgesch. Inst. Bühl, Photoarchiv (wie unten).
  11. Gräntzen (wie unten) 24.
  12. Beschreybung (ed. Gartner; wie unten) 14f.
  13. Stemmler, Geschichte Neusatz 37.
  14. Gräntzen (wie unten) 24f.
  15. Vgl. Beschreybung (ed. Gartner; wie unten) 22 Anm. 38. Zum Ortenauer Herrschaftsvertrag s. a. Reinfried, Kondominat 113f.; ders., Pfarrei Ottersweier 38; Landkreis Rastatt, Bd. 2, 312. Die Urkunde ist abgedruckt in: Urkunden zur Bewährung der uhralthergebrachten Landesfürstlichen Hoheit, Erb-Kastenvogtey, Schutz- und Schirm-Herrschaft des Margräflichen Hauses Baden über das Gotteshaus Schwarzach. Erster Theil: Gerichtlich angebrachte Urkunden. 2. Abschnitt: Beylagen zur Besterkung der am 31. März und 14. Juni 1773 aufgetragenen Baden-Durlachischen Additional-Auszüge von Nr. 87 bis 137, o. O. 1773, nr. 94.

Nachweise

  1. Gräntzen des Ottersweyerer banneß und zehenden (1565), in: PfA Ottersweier C 51, Hayl, Historia 24–26, hier 24f. (nur I–VI, VII/F–G, VIII/H, J, IX–X, XII–XIII/N, P; XIV–XVI).
  2. Beschreybung des Gemeinen Stabs und Bezirkhs des Fleckhens Bühell 1598. Im Original und mit Erläuterungen wiedergegeben von Otto Gartner (ediert nach GLA Karlsruhe 66/1437), in: Bühler Blaue Hefte 1 (1957) 11–31, hier 14f. (nur II–VII, VIII/H, IX–XI), 15 (Abb., nur I/A).
  3. Stadtgesch. Inst. Bühl, Photoarchiv, Gruppe 14: Kunst-, Natur- und Baudenkmale, g.) Grenzsteine, 12.) andere Gemeinden, Ottersweier, Österreichische Landvogtei (nur VIII/H, I im urspr. Zustand); Hub, Grenzstein Vorderösterreich mit Doppeladler (nur VIII/J); Hub, Vorderansicht: Grenzstein Vorderösterreich mit Doppeladler, Markgraf von Baden (nur H im urspr. Zustand).
  4. Stemmler, Geschichte Neusatz 37 (nur XIII/N–O), 178 (nur X/L–M).
  5. Otto Gartner, Die Bühler Imensteine und die Entstehung des Bühler Bannes, in: Bühler Blaue Hefte 26/27 (1974) 63–67, hier 64 (nur VII/E).
  6. Suso Gartner, Die erste Erwähnung von Bühl, in: Bühler Blaue Hefte 26/27 (1974) 68–71, hier 70 (unvollst. nach Hayl).
  7. Gartner/Hall, Kappelwindeck 72 (Abb. 42; nur VIII/H, I, K).

Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 235(†) (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0023505.