Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)

Nr. 232 Privatbesitz 1527 oder später

Foto vgl. Druckversion, Abb. 166. Für die Onlineversion wurde keine Fotopublikationsgenehmigung erteilt.

Beschreibung

Tafelbild mit dem Porträt Markgraf Christophs I. von Baden. Das Gemälde erstmals in einem Inventar über das 1772 aus dem Rastatter Schloß in die fürstliche Hofbibliothek zu Karlsruhe verbrachte Kunstgut bezeugt.1 Gemäß den Vereinbarungen mit dem badischen Staat 1930 aus dem Karlsruher Schloß in das Neue Schloß der Stadt Baden überführt.2 Nach Verkauf der Liegenschaft (2003) am heutigen privaten Standort. Öl auf Lindenholz. Im Zentrum der hochrechteckigen Tafel das nach rechts gewendete Brustbild im Halbprofil vor grünem Hintergrund. Der mit Kinn- und Backenbart abgebildete Markgraf trägt ein durch Schleifen verziertes Barett und eine schwarze Pelzschaube. Um seinen Hals hängt eine doppelt gelegte Kette mit dem Ordenskleinod des Goldenen Vlieses. Über dem Haupt die zeilenweise in goldenen Lettern ausgeführte fürstliche Titulatur mit anschließender Fürbitte. Rechts daneben unter einem Fürstenhut der Wappenschild, umgeben von der Kollane des Ordens vom Goldenen Vlies.

Maße: H. 39, B. 31,3 Bu. 1,2 cm.

Schriftart(en): Frühhumanistische Kapitalis.

  1. V(ON)a) · G(OTTES) · G(NADEN) · CRISTOFFb) MARGRAVE ZVOc) / BADEN · VND HOCHBERG · (ETCETERA)d) ·e) / ·f) DEM · GOTTb) · GNAD ·e)

Wappen:
Baden-Sponheim.4

Kommentar

Die Buchstaben zeigen – abgesehen vom G – deutliche Bogen- und Linksschrägenverstärkungen. In der Regel wurden die senkrechten Schäfte stärker als die Balken ausgeführt. Die freien Enden der Schrägschäfte und Bögen nehmen hingegen keilförmig an Stärke zu. Das trapezförmige A ist nach links aus der Achse verschoben und hat einen nach rechts überstehenden Deckbalken. Der obere Bogen des B ist beträchtlich kleiner als der untere. Der mittlere und der etwas verlängerte untere Balken des E sind als geschwungene Schwellzüge ausgeführt. Die senkrechte Cauda des G reicht bis knapp unter den oberen Bogenabschnitt und schließt dadurch den Buchstaben fast vollständig ab. Der Balken des H besitzt eine Ausbuchtung nach unten, das I einen i-Punkt. Der Mittelteil des geraden M endet im oberen Zeilendrittel. Der Schrägbalken des N wurde als Haarlinie ausgeführt. Der Bogen des R ist relativ klein, die lange Cauda ausgestellt. Als Worttrenner dienen Quadrangel in der unteren Zeilenhälfte.

Diesem Porträt Christophs I. von Baden5 liegt ein Holzschnitt Hans Baldung Griens von 1511 zugrunde.6 Auf dem Gemälde bildete der unbekannte Maler den Markgrafen jedoch zusätzlich mit Pelzschaube und Ordenskette ab und setzte das Wappen hinzu. Auch die Inschrift ist umfangreicher.7 Ihr einheitlich ausgeführter Text beansprucht drei ganze Zeilen, die in den viel zu kleinen Bereich zwischen dem oberen Bildrand, dem Wappen und dem Kopf der Figur gezwängt wurden. So berühren das V in ZVO den heraldischen Fürstenhut, das O in GOTT eine Schleife des Baretts und das letzte Blütenornament die um den Schild gelegte Kollane. Wie es scheint, war die Inschrift also bei der Anfertigung des Porträts noch nicht vorgesehen und wurde erst nachträglich aufgemalt. Für diese Hypothese spricht auch die Formulierung der Fürbitte DEM · GOTT · GNAD, die in der Regel einem Toten gewidmet ist.8 Da Christoph I. von Baden erst am 19. April (März?) 1527 starb,9 bildet dieses Datum für die Erstellung der Inschrift vermutlich den terminus post quem. Die Verwendung der Frühhumanistischen Kapitalis deutet indes darauf hin, daß die Inschrift nicht viel später entstanden sein dürfte.10 Kircher datiert das Bild hingegen ohne nähere Begründung in den Ausgang des 16. Jahrhunderts.11 Dieser Zeitansatz wäre zwar mit dem um 1527 sonst nirgends belegten Fürstenhut über dem Wappenschild etwas besser zu vereinbaren,12 doch müßte die Inschrift dann noch später und in bewußtem Rückgriff auf das Formeninventar der Frühhumanistischen Kapitalis ausgeführt worden sein. Ein solcher Vorgang wäre für das 17. und 18. Jahrhundert ungewöhnlich.

Textkritischer Apparat

  1. Der Buchstabe um 0,3 cm größer als die übrigen.
  2. Die letzten beiden Buchstaben verschränkt.
  3. Das O klein über das V gestellt.
  4. Das Kürzel kleiner ausgeführt und hochgestellt.
  5. Fünfblättriges Blütenornament.
  6. Sechsblättriges Blütenornament.

Anmerkungen

  1. Vgl. GLA Karlsruhe 47/1977, Inventar Rastatt, fol. 228v nr. 122.
  2. Vgl. Kircher, Zähringer Bildnissammlung 64f. Allgemein zu den nach 1919 mit dem markgräflichen Haus getroffenen Regelungen über die Teilung der Sammlungsbestände in Staats- und Hofbesitz vgl. Ulrike Grimm, Das Badische Landesmuseum in Karlsruhe. Zur Geschichte seiner Sammlungen, hg. v. Harald Siebenmorgen (Badisches Landesmuseum Karlsruhe), Karlsruhe 1993, 146f.
  3. Maßangaben ohne Berücksichtigung des Rahmens; mit Rahmen H. 52,2, B. 43,8 cm.
  4. Die Felder 2 und 3 hier nur neunfach geschacht. Über dem Schild ein flacher Fürstenhut, der im Zusammenhang mit dem badischen Wappenschild sonst erst im 17. Jahrhundert unter Markgraf Wilhelm I. von Baden belegt ist, vgl. nr. 528; Wielandt / Zeitz, Medaillen 37 nr. 23.
  5. Vgl. die biographischen Angaben in nr. 229.
  6. Vgl. die Abbildung in Renaissance, Bd. 1, 381 nr. F 2; weitere Angaben in Brambach, Bildnisse 14 nr. 45. S. a. den sehr ähnlichen Kupferstich von 1512 in Müller, Badische Fürsten-Bildnisse, o. S. nr. 6 (hier noch mit Markgraf Bernhard III. identifiziert). Zu Hans Baldung Grien vgl. nrr. 166, 174, 184.
  7. Auf dem Holzschnitt lautet die Inschrift auf dem unteren Bildrand lediglich: CRISTOFER(VS) · MARCHIO · BADENSIS ·, vgl. Renaissance, Bd. 1, 381 nr. F 2.
  8. Vgl. dazu die entsprechenden Einträge im Register 6. Formeln und besondere Wendungen; s. a. Einl. Kap. 4.1, LVII, LXI.
  9. Vgl. nr. 229.
  10. Zur Frühhumanistischen Kapitalis allg. vgl. Einl. Kap. 5.3, LXXXIVf.
  11. Vgl. Kircher (wie unten).
  12. Vgl. wie Anm. 4.

Nachweise

  1. GLA Karlsruhe 47/1977, Inventar Rastatt, fol. 228v nr. 122.
  2. Koelitz, Katalog 44 nr. 87.
  3. Brambach, Bildnisse 13 nr. 44 (erw.).
  4. Müller, Badische Fürsten-Bildnisse 11.
  5. Kircher, Zähringer Bildnissammlung 64f. nr. 276.

Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 232 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0023204.