Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)

Nr. 222 Baden-Baden, altkath. Pfarrkirche St. Maria u. Vierzehn Nothelfer (ehem. Spitalkirche) 1. V. 16. Jh.

Beschreibung

Grabmal für Erhart vom Han und seine Ehefrau Anna, geb. Wels. In der Spitalkirche erst nach 1801 entdeckt oder hierher verbracht.1 Während der Innenrenovierung von 1865 im westlichen Langhausjoch als dritte Platte von Westen aufrecht an die Südwand gestellt.2 Nach der 1963 vorgenommenen Verkürzung des Kirchenschiffs an die Südwand des östlichen Langhausjoches versetzt.3 Hier seither das zweite Grabmal von Westen. Sandstein. Im oberen Drittel der hochrechteckigen Platte der zeilenweise eingemeißelte Grabtitel (A). Darunter zwei Wappenschilde übereinander; im unteren als Wappenbild die Namensinitiale (B). Die Schildumrisse eingeritzt, die Wappenbilder reliefiert. Die gesamte Oberfläche der Platte bereits stark verwittert bzw. abgetreten.

Maße: H. 177, B. 86, Bu. 7 (A), 19 cm (B).

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versal.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/1]

  1. A

    Begrebnis erhartz / vo(m) ḥaṇa) vnd anna / welsin ṣịṇer husfrau=/enb)

  2. B

    W(els)

Wappen:
vom Han4, Wels5.

Kommentar

Die Buchstaben sind sehr schlank proportioniert und stehen eng aneinandergedrängt. Die Oberlängen ragen nur geringfügig aus dem Mittelband hervor. Der zu einem Schrägbalken umgeformte Bogen des fast regelmäßig verwendeten Bogen-r sitzt mit der unteren Ecke auf der Cauda auf. Die Schäfte des u enden oben stets stumpf. Die linken Schrägschäfte von v und w, sowie der Mittelschaft des w sind eingebogen und in den Oberlängenbereich hinein verlängert. Der leicht nach rechts durchgebogene Schaft des B ist stark überhöht, während der obere Bogen das Mittelband kaum überragt. Das W in (B) ist verschränkt. Die Schrägschäfte sind oben keilförmig verbreitert.

Erhart vom Han war unter Markgraf Christoph I. von Baden zwischen 1497 und 1501 Landschreiber.6 Im Jahre 1477 hatte er sich an der Universität Freiburg eingeschrieben und hier das Studium zwei Jahre später als Bakkalar abgeschlossen.7 Als Bürger zu Baden ist er letztmalig in einer Urkunde vom 28. Juli 1517 bezeugt.8 Darin bestätigt er den Verkauf einer Wiese mit zwei Scheuern zwischen dem Gunzenbachweg und der Oos-Siedlung bzw. dem Quettig (heute Stadt Baden-Baden, etwa zwischen Gunzenbach und Quettigstraße) an Markgraf Philipp I. von Baden für 327 fl. Seine Ehefrau Anna entstammt der in Pforzheim ansässigen und dort gut bezeugten Familie Wels.9 Sie selbst ist allerdings nur durch diese Inschrift nachweisbar.

Die letzten Lebensdaten Erharts vom Han lassen sich nur bedingt als Indiz für die zeitliche Einordnung des Grabmals werten, da es sich bei der Inschrift um einen Grabtitel handelt, der sicher noch zu Lebzeiten des Auftraggebers erstellt wurde, um die von ihm erworbene Grabstelle zu markieren und bis zu seinem Tode zu reservieren. Einige der beschriebenen Buchstabenformen, wie das Bogen-r, das v, das w, und das B, lassen sich jedoch auch auf anderen Grabmälern aus dem ersten Viertel des 16. Jahrhunderts beobachten, so daß hier dieselbe Zeitstellung und wohl auch dieselbe Steinmetzwerkstatt anzunehmen ist.10

Textkritischer Apparat

  1. vo(m) han] Welsan Kdm.
  2. Die letzten zwei Buchstaben an das rechte Ende der neuen Zeile bzw. rechts neben den oberen Wappenschild gesetzt; das Trennungszeichen über dem zweiten u.

Anmerkungen

  1. In BLB Karlsruhe K 218, Herr, Materialien bzw. GLA Karlsruhe Hfk-Hs nr. 509, Herr, Merkwürdigkeiten nicht bezeugt.
  2. Vgl. Kdm. Baden-Baden 216, 219 nr. 19; zu den Renovierungsmaßnahmen von 1865 s. a. RP Karlsruhe (Denkmalpflege) I/281, Spitalkirche, passim.
  3. Vgl. Stadtkreis Baden-Baden 139.
  4. Lediglich noch ein Wechselzinnenbalken erkennbar. Oben eine begleitende Figur nicht auszuschließen. Stark verwittert.
  5. Gekröntes W. Teilweise beschädigt.
  6. Vgl. Wielandt, Markgraf Christoph I. 567 Anm. 1; s. a. die an Erhart vom Han ergangene Landschreiberordnung vom 15. Juni 1497 in Carlebach, Badische Rechtsgeschichte, T. 1, 76–82.
  7. Vgl. Matrikel Freiburg, Bd. 1, 64 nr. 5 mit Anm. 5.
  8. Regesten u. Urkunden 442 nr. 87.
  9. Vgl. nr. 83; DI 57 (Pforzheim) nrr. 28, 43, 52, 65; Pflüger, Geschichte 86f.
  10. Vgl. nrr. 169, 194, 219, 221. Zum Werkstattzusammenhang vgl. Einl. Kap. 5.2, LXXX.

Nachweise

  1. GLA Karlsruhe N Mone 109, Mone, Aufzeichnungen Oosthal, fol. 138v.
  2. Kdm. Baden-Baden 219 nr. 19.

Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 222 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0022208.