Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)

Nr. 221 Baden-Baden, altkath. Pfarrkirche St. Maria u. Vierzehn Nothelfer (ehem. Spitalkirche) 1. V. 16. Jh.

Beschreibung

Grabmal für Heinrich Amlung und seine unbekannte Ehefrau. Im Jahre 1801 von Franz Josef Herr als fünfzehntes Grabmal in „der Kirche links des großen Eingangs“ und neben dem für Dietrich Röder bezeugt.1 Im Zuge der Innenrenovierung von 1865 im westlichen Langhausjoch als erste Platte von Westen aufrecht an die Südwand gestellt.2 Während der Verkürzung des Kirchenschiffes von 1963 an die Südwand des östlichen Langhausjoches versetzt.3 Hier seither die erste Platte von Westen. Rötlicher Sandstein. Auf dem Rand der zu drei Vierteln umlaufend eingemeißelte Grabtitel (A). Im Zentrum ein Wappenschild in Ritzzeichnung, darin als Wappenbild die in Kontur eingeritzte Namensinitiale (B). Die Plattenränder bestoßen, im unteren Bereich der Oberfläche eine tiefe Kerbe.

Maße: H. 158, B. 82, Bu. 10 (A), 25 cm (B).

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/1]

  1. A

    Bẹgrepnisa) · hain=̣/rich · Amlungenb) vnd siner hausz=/frauwenc)

  2. B

    A(mlungen)

Wappen:
Amlung.4

Kommentar

Innerhalb des Grabtitels (A) ragen die Unterlängen etwas stärker als die Oberlängen aus dem Mittelband hervor. Der obere Bogenabschnitt des c ist rechtwinklig gebrochen, der untere stark verkürzt. Der gebrochene obere Bogenabschnitt des oberen g-Bogens ist als Deckbalken gestaltet, der rechts über den Schaft hinausragt. Der untere Bogen holt unter der Grundlinie stark nach rechts aus. Der nur oben gebrochene Bogen des h berührt den leicht nach rechts durchgebogenen Schaft nicht und ist weit in den Unterlängenbereich verlängert. Die Fahne des r besitzt einen unten, in hauszfrauwen auch oben ansetzenden Zierstrich. Beide Bögen des Bogen-s sind rechtwinklig gebrochen. Die linken Schrägschäfte von v und w sowie der mittlere Schrägschaft des w sind stark eingebogen und weit in den Oberlängenbereich hineingezogen. Das A hat die Grundform des zweistöckigen Minuskel-a, wobei der untere Bogen nur einmal in Höhe der Grundlinie gebrochen und sein oberer Abschnitt stark nach innen eingebogen ist. Das B hat einen nach rechts durchgebogenen Schaft. Als Worttrenner dienen Quadrangel auf halber Zeilenhöhe. Die in Kontur eingeritzte Namensinitiale (B) besitzt einen beiderseits überstehenden und an den freien Enden schräg geschnittenen Deck- sowie einen gebrochenen Mittelbalken. Die Schrägschäfte sind unten keilförmig verbreitert.

Von den beschriebenen Buchstaben lassen sich A, g, s, v und w in nahezu identischer Form auf der Grabplatte für Agathe von Wittstatt beobachten,5 weshalb die Inschriften beider Grabmäler zweifellos derselben Steinmetzhütte zuzuweisen sind. Ferner besteht ein Werkstattzusammenhang mit den Grabmälern für die Eheleute Erhart Han und Anna Wels, für Nikolaus von Argenthal und Elisabeth Amlung, geb. Merhelt von Wurmlingen.6

Heinrich Amlung entstammte einer seit dem 14. Jahrhundert in Straßburg und in der Stadt Baden nachweisbaren Familie, deren Angehörigen mehrfach städtische oder markgräfliche Ämter übertragen wurden.7 Er selbst läßt sich jedoch nur durch seine Immatriakulation an der Universität Tübingen am 29. Januar 1482 nochmals nachweisen.8 Aus dem Grabtitel ohne Todesdatum geht hervor, daß Heinrich Amlung in der Spitalkirche für sich und seine Frau noch zu Lebzeiten eine Grabstelle erwarb und diese durch eine entsprechende Inschrift kennzeichnen ließ. Die mit anderen datierten Grabplatten vergleichbaren Buchstabenformen deuten darauf hin, daß dies im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts geschah.9

Textkritischer Apparat

  1. Das Wort stark abgetreten.
  2. Über dem linken Schaft des u ein Punkt; möglicherweise eine Beschädigung.
  3. Das zweistöckige z besteht aus zwei linksschrägen kurzen Balken und einem daruntergesetzten Quadrangel. Nach dem Wort eine kreisrunde Beschädigung.

Anmerkungen

  1. Vgl. GLA Karlsruhe Hfk-Hs nr. 509, Herr (wie unten).
  2. Vgl. Kdm. Baden-Baden 216, 219 nr. 17; zu den Renovierungsmaßnahmen von 1865 s. a. RP Karlsruhe (Denkmalpflege) I/281, Spitalkirche, passim.
  3. Vgl. Stadtkreis Baden-Baden 139.
  4. Ein flachgedecktes A.
  5. Vgl. nr. 194.
  6. Vgl. nrr. 222, 219, 169; s. a. Einl. Kap. 5.2, LXXX.
  7. Vgl. Oberrheinische Geschlechterkunde 72–74; s. a. nr. 169.
  8. Vgl. Matrikel Tübingen, Bd. 1, 38 nr. 44.
  9. Vgl. wie Anm. 5 u. 6.

Nachweise

  1. BLB Karlsruhe K 218, Herr, Materialien 424 nr. 15.
  2. GLA Karlsruhe Hfk-Hs nr. 509, Herr, Merkwürdigkeiten, fol. 53r nr. XV.
  3. GLA Karlsruhe N Mone 109, Mone, Aufzeichnungen Oosthal, fol. 140v.
  4. Kdm. Baden-Baden 219 nr. 17.

Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 221 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0022101.