Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)

Nr. 219 Baden-Baden, altkath. Pfarrkirche St. Maria u. Vierzehn Nothelfer (ehem. Spitalkirche) 1524

Beschreibung

Grabplatte für Nikolaus von Argenthal. In der Spitalkirche erstmals in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch Fridegar Mone bezeugt.1 Demnach ist das Grabmal erst nach 1801 hier entdeckt oder hierher verbracht worden.2 Im Zuge der Innenrenovierung von 1865 im westlichen Langhausjoch als sechste Platte von Westen aufrecht an die Nordwand gestellt.3 Nach der Verkürzung des Kirchenschiffes von 1963 in das mittlere Joch versetzt.4 Hier seither das zweite Grabmal von Osten an der Nordwand. Rötlicher Sandstein. Im Binnenfeld ein tartschenförmiger Wappenschild in Ritzzeichnung. Am Rand der umlaufend eingemeißelte und von zwei Ritzlinien gerahmte Sterbevermerk mit Fürbitte.

Maße: H. 173, B. 97, Bu. 9 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/1]

  1. Anno Domin(i)a) 1524 / vff samstag nach corp(us) Cristi starb der / Ersam niclausb) von / argendal des sellen gott gnadc)

Datum: 28. Mai 1524.

Wappen:
Argenthal.5

Kommentar

Der obere Bogen des a ist vollkommen ausgerundet. Der obere Teil des gebrochenen oberen g-Bogens ist als Deckbalken gestaltet und ragt rechts über den Schaft hinaus; der untere Bogen holt im Unterlängenbereich nach rechts aus. Außer in der wurde stets das Bogen-r verwendet, dessen Bogen als geschwungener oder leicht gekrümmter Schrägschaft erscheint und dessen Cauda linksschräg gestellt ist. Das Bogen-s ist von einer an den Enden eingerollten Zierlinie schräg durchstrichen. Der linke, stark eingebogene Schaft des v ragt in den Oberlängenbereich. Das A erscheint in der Grundform des entsprechenden Minuskelbuchstaben. Dabei ist der obere Schaftabschnitt im rechten Winkel nach links umgebrochen. Der obere Abschnitt des gebrochenen unteren Bogens ist rechtsschräg gestellt und leicht nach unten durchgebogen; der untere fehlt. Das D ist oben nicht ganz geschlossen.

Aus den benannten Schriftbesonderheiten geht im Vergleich mit dem Sterbevermerk für Elisabeth Merhelt von Wurmlingen hervor, daß beide Grabplatten in derselben Werkstatt angefertigt wurden.6 Dafür sprechen insbesondere die Formen des Bogen-r, des s, des g, des nur leicht offenen D und des E mit dem ausgerundeten unteren Bogen. Eine fast ebenso starke Schriftverwandtschaft besteht zu den Grabmälern für die Eheleute von Han, Agathe von Wittstatt und Heinrich Amlung, die dieser Steinmetzhütte offenbar auch zuzuweisen sind.7

Obwohl für das 13. Jahrhundert in Argenthal (Rhein-Hunsrück-Kreis) ein gleichnamiges Adelsgeschlecht urkundlich belegt ist,8 scheint es sich bei dem Verstorbenen doch um einen Bürger zu handeln, der lediglich aus diesem Ort stammte. Dafür spricht vor allem das Epitheton Ersam, das fast nur bei Männern bürgerlichen Standes verwendet wurde.9

Textkritischer Apparat

  1. Als Kürzungszeichen über dem m ein waagerechter, leicht nach unten durchgebogener Strich.
  2. Über den Schäften des u je ein Punkt.
  3. Nach dem Wort der obere Abschnitt der linken Rahmenleiste auf ca. 25 cm leer.

Anmerkungen

  1. Vgl. GLA Karlsruhe N Mone 109, Mone, Aufzeichnungen Oosthal, fol. 123r.
  2. In GLA Karlsruhe Hfk-Hs nr. 509, Herr, Merkwürdigkeiten bzw. BLB Karlsruhe K 218, Herr, Materialien nicht bezeugt.
  3. Vgl. Kdm. Baden-Baden 216, 217 nr. 6; zu den Renovierungsmaßnahmen von 1865 s. a. RP Karlsruhe (Denkmalpflege) I/281, Spitalkirche, passim.
  4. Vgl. Stadtkreis Baden-Baden 139.
  5. Geteilt: oben ein wachsender Löwe, unten anscheinend schräggeschacht (stark abgetreten). Das Wappenbild vermutlich in Anlehnung an das Ortswappen (schräggeteilt: vorn silber-blau gerautet, hinten ein linksgewendeter Löwe), vgl. Kdm. Rhein-Hunsrück-Kreis, T. 1.I, 131.
  6. Vgl. nr. 169.
  7. Vgl. nrr. 194, 221, 222; s. a. Einl. Kap. 5.2, LXXX.
  8. Vgl. Kdm. Rhein-Hunsrück-Kreis T. 1.I, 130; Achim R. Baumgarten / Fritz Schellack, 900 Jahre Argenthal 1091–1991, hg. v. d. Gemeinde Argenthal, Argenthal 1991, 36–40.
  9. Vgl. für die nähere Umgebung die Registereinträge unter „ersam“ in DI 1 (Badischer Main- und Taubergrund) 214; DI 15 (Rothenburg o. d. Tauber) 267; DI 20 (Karlsruhe) 233; DI 22 (Enzkreis) 203; DI 30 (Calw) 246; DI 54 (Mergentheim) 412; DI 57 (Pforzheim) 236, s. a. Einl. Kap. 4.1, LXIV.

Nachweise

  1. GLA Karlsruhe N Mone 109, Mone, Aufzeichnungen Oosthal, fol. 123r.
  2. Kdm. Baden-Baden 217 nr. 6.

Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 219 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0021908.