Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)

Nr. 204 Baden-Baden, altkath. Pfarrkirche St. Maria u. Vierzehn Nothelfer (ehem. Spitalkirche) 1519

Beschreibung

Grabplatte für den Priester Wendel Walckmüller. Im Jahre 1801 von Franz Josef Herr als sechzehntes Grabmal „links des grosen Eingangs“ bezeugt.1 Im Zuge der 1865 vorgenommenen Innenrenovierung im westlichen Langhausjoch als vierte Platte von Westen aufrecht an die Südwand gestellt.2 Nach der Verkürzung des Kirchenschiffes im Jahre 1963 an die Südwand des mittleren Langhausjoches versetzt.3 Hier seither das dritte Grabmal von Osten. Rötlicher Sandstein. Im Binnenfeld ein in Kontur geritztes Kreuz auf einem durch mehrere Kehlungen gestuften Sockel. Darüber zwei reliefierte und zueinandergekehrte Wappenschilde. Den Rand umläuft zwischen zwei rahmenden Ritzlinien der eingemeißelte Sterbevermerk mit Fürbitte. Die Oberkante der Platte erheblich bestoßen, der Bereich um die Wappen stark abgetreten.

Maße: H. 184, B. 85, Bu. 6,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/1]

  1. Ạ[nno ·] ḍ[o]ṃịṇịa) / · m° v[c] xviiiib) · Jar · starb · der · erwirdig · herr · / Wendel · walckmile(r)c) / · vo(n) · Calw · dem · gott · gnedig · sy

Wappen:
Priesterwappen4, Walckmüller5.

Kommentar

Während die schmal proportionierten Buchstaben relativ eng beieinanderstehen, werden die Wörter – vor allem auf der linken Rahmenleiste – durch weite Spatien getrennt. Die Ober- und Unterlängen ragen nur geringfügig aus dem Mittelband hervor. Der obere Bogenabschnitt des oberen g-Bogens ist als Deckbalken ausgeführt, der den Schaft durchkreuzt und rechts übersteht. Der untere Bogen holt im Unterlängenbereich nach rechts aus. Die i-Punkte sitzen stets über der äußeren Rahmenritzlinie. Das stark verwitterte A läßt lediglich noch einen stark gebogenen linken Schaft erkennen, den unten ein rechtsschräg gestellter und asymmetrisch nach links verschobener Sporn begrenzt. Den Bogen des C schließt ein eingestellter Zierstrich vollständig ab. Der Balken des J ist geschwungen und am freien Ende eingerollt. Als Worttrenner dienen paragraphzeichenförmige Quadrangel auf halber Zeilenhöhe.

Wendel Walckmüller läßt sich bisher nicht nachweisen.6 In Calw, wo das Tuchmacherhandwerk schon früh Bedeutung erlangte und Walkmühlen seit 1327 bezeugt sind,7 war ein Verwandter des Verstorbenen namens Hans Walkmüller 1523 Bürgermeister des Rates.8

Textkritischer Apparat

  1. Von den Buchstaben nur noch die untere Hälfte sichtbar. Der erste Buchstabe möglicherweise ein D.
  2. m° v[c] xviiii] Die Ergänzung des Multiplikators erschlossen. Er befand sich vermutlich über der äußeren Rahmenlinie.
  3. Als Kürzungszeichen ein r-Haken am oberen Bogenabschnitt des e nur unsicher erkennbar. Waltenung Herr; waldmile Kdm.

Anmerkungen

  1. Vgl. GLA Karlsruhe Hfk-Hs nr. 509, Herr, Merkwürdigkeiten, fol. 53v.
  2. Vgl. Kdm. Baden-Baden 216, 219 nr. 20; zu den Renovierungsmaßnahmen von 1865 s. a. RP Karlsruhe (Denkmalpflege) I/281, Spitalkirche, passim.
  3. Vgl. Stadtkreis Baden-Baden 139.
  4. Kelch. Der Schild linksgewendet.
  5. Zwei gestürzte, schräggekreuzte Spaten, überdeckt von einem großen Stulphandschuh (?). Für die Hilfe bei der Identifizierung der im Wappenbild wiedergegebenen Objekte danke ich Herrn Prof. Dr. Friedrich Karl Azzola, Trebur.
  6. Negativer Befund in Oetling-Kappler, Familien 270f.; Gauges, „Wir bekennen (…)“ 62–65; Regesten u. Urkunden Baden-Baden 460f.; Paul Friedrich Stälin, Geschichte der Stadt Calw, Calw, Stuttgart 1888, 19f.; Christoph Bernhardt Canz, [Chronik], Calw 1741, abgedr. unter dem Titel „Aus Calws Vergangenheit“, in: Aus dem Schwarzwald 13 (1905) H. 3, 4, 5, 9, 10, hier H. 10, 198–200.
  7. Vgl. Ernst Rheinwald / Gisbert Rieg, Calw. Geschichte und Geschichten aus 900 Jahren, Calw [1952], 57; Beschreibung des Oberamts Calw, hg. v. d. Königlich statistisch-topographischen Bureau, Stuttgart 1860, Ndr. Magstadt 1968, 162 (hier zu den Calwer Walkmühlen, u. a. bei St. Wendel).
  8. Vgl. Hellmut J. Gebauer, Bürgermeister und Gemeinderäte von Calw: Ein geschichtlicher Überblick, Calw 2000, 22; Canz (wie Anm. 6) H. 10, 200.

Nachweise

  1. BLB Karlsruhe K 218, Herr, Materialien 425 nr. 16.
  2. GLA Karlsruhe Hfk-Hs nr. 509, Herr, Merkwürdigkeiten, fol. 53v nr. XVI.
  3. GLA Karlsruhe N Mone 109, Mone, Aufzeichnungen Oosthal, fol. 138v.
  4. Kdm. Baden-Baden 219 nr. 20.

Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 204 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0020400.