Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)

Nr. 190 Bühl-Kappelwindeck, kath. Kapelle St. Johannes Nepomuk 1517

Beschreibung

Epitaph für den bischöflich straßburgischen Hofmeister Reinhard von Windeck d. Ä. und dessen Sohn Peter. Ehemals in der Kappelwindecker Pfarrkirche St. Maria „an ainer saul vnder dem gewelb am neben chorlin (…) vff recht mit eÿsen gefast.“1 Vermutlich im Zuge der Neuerrichtung der Kirche von 1763/65 abgegangen.2 Das untere Drittel der Platte im Jahre 1909 bei der Niederlegung des Kirchenchores wiederaufgefunden.3 Nachdem das Fragment an der rechten Kante offenbar neu beschnitten worden war, wurde es außen an der Westwand der St.-Johannes-Nepomuk-Kapelle in ca. 2 m Höhe vermauert.4 Sandstein. Der ursprünglich im oberen Bereich der Platte eingemeißelte Sterbevermerk für Reinhard d. Ä. von Windeck (A) verloren. Vom anschließenden Sterbevermerk für dessen Sohn ist nur das letzte Wort und die Fürbitte erhalten geblieben (B). Darunter ein erhaben ausgehauener, tartschenförmiger Wappenschild, der die drei oberen Zeilen des abschließenden Stiftungsvermerkes (C) unterbricht und einst farbig gefaßt5 war.

Inschrift (A) und die Ergänzungen in (B) nach FGvAGA Ebnet D 206, Windecksches Wappenbuch.

Maße: H. (Rest) 56, B. 72, Bu. 5,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/1]

  1. A†

    Anno 1502. vf denn · 10.a) tag Martij. ist gestorben der Vest Reinhardtb) vonn Windeckh Hoffmeister eins Bischoffs von Straszburgc)6)

  2. B

    [Anno · 1500. vf denn · 12.d) tag Nouembris ist gestorben der Vest Peter von Windeckh Sein] / so(n) deṇẹ(n)e) got genadt · A · [M · E · N]f)

  3. C

    Positu(m) per //g) sebasti[anum] / de wi(n)deck //g) rector[e(m)h) Ecc(lesi)ei) / o]tterswile(r)k) //g) rei(n)ha[rdi / filiuml)] ạn(n)o · d(omi)ni · 1 · 5 · 17 ·

Übersetzung:

Gesetzt durch Sebastian von Windeck, Kirchherrn von Ottersweier und Sohn Reinhards von Windeck, im Jahr des Herrn 1517. (C)

Wappen:
Windeck.

Kommentar

Die Ober- und Unterlängen der Gemeinen ragen deutlich aus dem Mittelband hervor. Die oberen Schaftenden von h und l sowie das untere von p sind gespalten. Das A besitzt einen beiderseits überstehenden Deck- und einen gebrochenen Mittelbalken. Der Schaft des P ist stark nach rechts durchgebogen und hat am oberen Ende ein kurzes Zierhäkchen. Der Bogen ist nur geritzt und als Kreis ausgeführt, den innen mehrere kürzere Zierlinien nebeneinander begleiten. Der Schaft der 1 ist ebenfalls nach rechts durchgebogen, die 5 S-förmig und die 7 lambdaförmig. Als Wort- bzw. Zifferntrenner dienen paragraphzeichenförmige Quadrangel.

Es handelt sich offensichtlich um ein von Sebastian von Windeck nachträglich gesetztes Epitaph für seinen Vater und seinen Bruder. Der Anlaß ist nicht überliefert. Offenbar standen dem Stifter im Jahre 1517 genügend finanzielle Mittel zur Verfügung, da er im gleichen Jahr den Neubau der Pfarrkirche zu Ottersweier, wo er 1531 bestattet wurde, veranlaßte.7

Reinhard d. Ä. war der Sohn Peters von Windeck und der Barbara von Kemnot.8 Er vermählte sich zunächst mit Barbara von Enzberg, mit der er die Söhne Peter und Sebastian hatte.9 Nach ihrem Tod im Jahre 1472 heiratete er Elisabeth von Ratsamhausen.10 Als auch diese bereits wenige Jahre später (1477) verstorben war, nahm er Elisabeth von Utenheim zur dritten Frau.11 Bevor Reinhard d. Ä. von Windeck das Amt des Hofmeisters unter Bischof Albrecht von Straßburg innehatte,12 war er Hofmeister des Markgrafen Christoph I. von Baden13 und dessen Vogt in Bühl.14

Für Peter von Windeck und seine Frau Christina, geb. Veus, ist 1500 ein Anniversarium eingerichtet worden.15

Textkritischer Apparat

  1. Im Ms. rechts über der 0 ein geschwungener Kürzungsstrich.
  2. Reinhart Verzaichnüs.
  3. Strasburgs: Verzaichnüs.
  4. Im Ms. rechts über der 2 ein geschwungener Kürzungsstrich.
  5. Die oberen Abschnitte der beiden hinteren Buchstaben ne beschädigt. Entgegen der Überlieferung auch die Lesung dem möglich.
  6. Vom M noch der untere Sporn des linken Schrägschaftes erkennbar.
  7. Unterbrechung durch den Wappenschild.
  8. Kürzungsstrich über dem verlorenen zweiten e noch teilweise sichtbar.
  9. Kürzung aufgrund des geringen Platzes erschlossen.
  10. Die Ergänzung entspricht der gesamten Überlieferung. Grammatikalisch exakter wäre freilich de o]tterswiler; die überlieferte Junktur ist aber auch anderweitig bezeugt, vgl. Topogr. Wb., Bd. 2, Sp. 454: „ecclesiae Otterswihr patronus“.
  11. Die zerstörte Ecke der Platte neu angesetzt. In den Putz nachträglich livm · eingeritzt.

Anmerkungen

  1. Vgl. PfA Ottersweier A 34, Verzaichnüs, fol. 3v. Die Standortangabe bezieht sich offenbar auf die Bach’sche Grabkapelle, vgl. Rumpf, Bach’sche Grabkapelle 49–52.
  2. Vgl. Brommer, Pfarrkirche 4, 6–8; s. a. Bloedt, Pfarrkirche 18–27.
  3. Vgl. Rumpf, Bach’sche Grabkapelle 51; Regesten von Windeck 163 nr. 601.
  4. Vgl. ebd.
  5. Vgl. PfA Ottersweier A 34, Verzaichnüs, fol. 3v: „mit farben angestrichen“.
  6. Albrecht, Pfalzgraf bei Rhein (1440–1506), Bischof von Straßburg (1478–1506), vgl. Bischöfe (1995) 16f.
  7. Vgl. nrr. 189, 237, 241.
  8. Vgl. Gartner, Die Windecker, o. S. (hinterer Klappeinband, Stammtafel Neu-Windeck). S. a. nr. 68.
  9. Vgl. zu Barbara von Enzberg nr. 92, zu ihrer Mutterschaft für Sebastian von Windeck vgl. Regesten von Windeck 158 nr. 583; für Peter von Windeck vgl. ebd. 163 nr. 605.
  10. Vgl. nr. 101.
  11. Vgl. Gartner, Die Windecker, o. S. (hinterer Klappeinband, Stammtafel Neu-Windeck).
  12. Vgl. Regesten von Windeck 163 nr. 605 (3.9.1500).
  13. Vgl. ebd. 151 nr. 548 (1483), 155 nr. 570 (1488), 156 nr. 576 (1489).
  14. Vgl. ebd. 155f. nr. 572 (1488); s. a. Gartner, Die Windecker 29.
  15. Vgl. Regesten von Windeck 163 nr. 602.

Nachweise

  1. PfA Ottersweier A 34, Verzaichnüs, fol. 3v.
  2. FGvAGA Ebnet D 206, Windecksches Wappenbuch, fol. 8r.
  3. GLA Karlsruhe 67/1414, Windecksches Wappenbuch, fol. 9r.
  4. Reinfried, Grablegen 254 (nach Verzaichnüs).
  5. Stadtgesch. Inst. Bühl, Photoarchiv, Gruppe 25: Heraldik, b.) Adels- und Familienwappen, 1.) Windeck, Windeck-Wappen.
  6. Harbrecht, Grablegen 74 (nach Verzaichnüs).
  7. Stadtgesch. Inst. Bühl o. Sig., Fauler, Repertorium, fol. 13r–14r (nach Verzaichnüs).
  8. Erika Schappeler-Honnef, Kapellen zwischen Rhein und Schwarzwaldhochstraße. Betrachtungen kulturhistorischen Erbes, Bühl 1987, 32 (Abb.).
  9. Regesten von Windeck 162f. nr. 601 (nach FGvAGA Ebnet D 206, Windecksches Wappenbuch).
  10. Gartner/Hall, Kappelwindeck 21 (Abb.), 69 (nach GLA Karlsruhe 67/1414, Windecksches Wappenbuch).
  11. Rumpf, Bach’sche Grabkapelle 50f. (nach Verzaichnüs; Abb.).

Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 190 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0019004.