Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)

Nr. 183 Baden-Baden, altkath. Pfarrkirche St. Maria u. Vierzehn Nothelfer (ehem. Spitalkirche) 1515

Beschreibung

Grabplatte für Wilhelm von Winterbach. 1801 von Franz Josef Herr als siebzehntes Grabmal „links des grosen Eingangs“ bezeugt.1 Im Zuge der 1865 vorgenommenen Renovierung des Kirchengebäudes im mittleren Langhausjoch als dritte Platte von Westen aufrecht an die Nordwand gestellt.2 Rötlicher Sandstein. Im eingetieften Binnenfeld unter einer Astwerkarkade ein reliefiertes Vollwappen. Auf dem stellenweise bestoßenen bzw. ausgebrochenen Rand der umlaufend eingemeißelte Sterbevermerk mit Fürbitte. Der tartschenförmige Schild stark verwittert.

Maße: H. 187, B. 93, Bu. 9 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/1]

  1. Anno · domini · xv[c ·]a) / vnd · xv · Jar · vff · geruasij · prothasij · / starb · der · vest · w[il·]/helmb) · vo(n) · w[intter]bachb) · de(m) · got · genad ·

Datum: 19. Juni 1515.

Wappen:
Winterbach.3

Kommentar

Die nahezu vollständige Übereinstimmung der Buchstabenformen, das identische Inschriftenformular und die äußerst ähnliche Gestaltung des Binnenfeldes lassen im Vergleich mit der Grabplatte Reinharts von Remchingen erkennen, daß beide Monumente offenbar von demselben Steinmetz angefertigt wurden.4 Dabei sind insbesondere die charakteristischen Formen von g, h und x sowie die paragraphzeichenförmigen Worttrenner hervorzuheben. Lediglich die A-Versalien weisen geringfügige Unterschiede auf, doch sind beide aus der Grundform des Minuskelbuchstaben abgeleitet. Hier ist der Schaft allerdings stark verkürzt und weit nach oben verschoben. Der obere, zweimal gebrochene Bogen reicht indessen bis zur Grundlinie herab und ist links mit mehreren Zacken versehen. Der untere Bogen ist um 90° nach rechts gedreht. Die linke Schaftseite des J ist ebenfalls gezackt.

Wilhelm von Winterbach entstammte einem Niederadelsgeschlecht aus der Nähe von Lautenbach (Ortenaukreis).5 Er selbst wird in zwei Urkunden des abgegangenen Klosters Engelthal bei Dornstetten (Lkr. Freudenstadt) von 1496 und 1502 genannt.6 In beiden bestätigt Claus Starck zu Hallwangen (Lkr. Freudenstadt) eine Zinsvereinbarung mit dem Kloster und gibt an, den „edeln vnd vesten junckherr Wilhelm von Winterbach“, seinen „lieben junckherrn“, für diese Urkunden um dessen Siegel gebeten zu haben.7 Darauf unterschied sich das Wappen von dem des Grabsteins lediglich durch die Anordnung der Vögel und Kugeln.8 Außerdem ist Wilhelm von Winterbach in zwei Urkunden von Bebenhausen (Lkr. Tübingen) aus den Jahren 1493 und 1506 nachweisbar.9

Textkritischer Apparat

  1. Die rechte obere Ecke bestoßen, notdürftig ausgebessert und überputzt. Ergänzung unter Berücksichtigung von nr. 182 erschlossen. M.V.Hundert Herr; xv Kdm.
  2. Ergänzung nach Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Forschungsstelle „Deutsche Inschriften“, Photo Hartmann nr. 4371 (Aufn. 1971).

Anmerkungen

  1. Vgl. GLA Karlsruhe Hfk-Hs nr. 509, Herr (wie unten).
  2. Vgl. Kdm. Baden-Baden 216, 218 nr. 13. Dieser Standort wurde auch nach der Verkürzung des Kirchenschiffes im Jahre 1963 beibehalten, vgl. Stadtkreis Baden-Baden 139. Zu den Renovierungsmaßnahmen von 1865 s. a. RP Karlsruhe (Denkmalpflege) I/281, Spitalkirche, passim.
  3. Das Wappenbild nahezu gänzlich abgewittert. Beschreibung nach Photo (wie Anm. b). Geviert: 1/4. Drei 1:2 gestellte Vögel, 2/3. Drei 1:2 gestellte Kugeln. Als Helmzier ein offener Flug.
  4. Vgl. nr. 182; s. a. Einl. Kap. 5.2, LXXXf.
  5. Vgl. Land Baden-Württemberg, Bd. 6, 379.
  6. Joseph Dambacher, Urkundenlese zur Geschichte schwäbischer Klöster, 6. Engelthal, in: ZGO 17 (1865) 339–346, hier 343f. u. ZGO 18 (1865) 208–217, hier 212f.
  7. Dambacher (wie Anm. 6), in: ZGO 17 (1865) 339–346, hier 344; ähnlich formuliert in: ZGO 18 (1865) 208–217, hier 213.
  8. Vgl. wie Anm. 3 und Dambacher (wie Anm. 6), in: ZGO 17 (1865) 339–346, hier 344: „In dem rechtsgetheilten Schilde scheinen im obern, linken Felde und im untern rechten je 3 (2 . 1) Kugeln, in dem untern, linken Felde 3 rechts gekehrte (2 . 1) Vögelchen zu sein (…).“
  9. Vgl. Alberti, Wappenbuch 1070.

Nachweise

  1. BLB Karlsruhe K 218, Herr, Materialien 425 nr. 17.
  2. GLA Karlsruhe Hfk-Hs nr. 509, Herr, Merkwürdigkeiten, fol. 53v nr. XVII.
  3. GLA Karlsruhe N Mone 109, Mone, Aufzeichnungen Oosthal, fol. 134v–135r.
  4. Kdm. Baden-Baden 218 nr. 13.

Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 183 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0018306.