Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)

Nr. 175† Baden-Baden, altkath. Pfarrkirche St. Maria u. Vierzehn Nothelfer (ehem. Spitalkirche) 1513?

Beschreibung

Grabmal für Philipp (?) von Wittstatt gen. Hagenbuch den Jüngeren. Im Jahre 1801 von Franz Josef Herr als achtes Grabmal „links des grosen Eingangs“ bezeugt.1 In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts von Fridegar Mone nur noch als „Bruchstück auf dem Boden“ vorgefunden, das mit zwei Wappenschilden versehen war.2 Bereits 1942 vermißt.3 Verlustumstände unbekannt.

Inschrift nach GLA Karlsruhe Hfk-Hs nr. 509, Herr.

Schriftart(en): Frühhumanistische Kapitalis (?).4

  1. ANNO D(O)M(IN)I 1[5]13 [.]a) DIE IANVARII OBIIT [– – – INGENV(VS)]b) D(OMI)N(V)S DE [– – –]c) HAGENBVCH IVNIOR.

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn (1513?) starb am (…) Tag des Januar (… der wohlgeborne) Herr von (Wittstatt genannt) Hagenbuch der Jüngere.

Wappen:
Bock von Staufenberg5, Wittstatt6.

Kommentar

Dem Wappen sowie der Herkunftsbezeichnung HAGENBVCH ist zu entnehmen, daß der Verstorbene dem fränkischen Niederadelsgeschlecht von Wittstatt entstammte, genannt Hagenbach oder Hagenbuch nach ihrem Reichslehen in Friedrichshall (Lkr. Heilbronn).7 Unter den Familienangehörigen ist bisher nur eine Person überliefert, die den Beinamen „der Junge“ trug. Dabei handelt es sich um Hans von Wittstatt, der jedoch bereits 1425 als Zeuge im Kloster Holzkirchen (Lkr. Würzburg) erwähnt wird und somit in Anbetracht des überlieferten Todesjahres nicht in Betracht kommen kann.8 Hier ist vielmehr an einen Sohn des erst um 1513 in die Stadt Baden gezogenen Philipp von Wittstatt zu denken.9 Dessen Frau, Agathe von Ramstein, entstammte mütterlicherseits dem Geschlecht der Bock von Staufenberg,10 dessen Wappen auf dem Grabmal offenbar im Rahmen einer Vier-Ahnenprobe ausgeführt war. Der Namenszusatz IVNIOR deutet schließlich darauf hin, daß der Sohn den gleichen Namen wie sein Vater trug.

Die Inschrift scheint in Frühhumanistischer Kapitalis ausgeführt worden zu sein. Im Bemühen, die Buchstaben originalgetreu abzuzeichnen, hat nämlich Fridegar Mone im Epitheton INGENV(VS) ein G wiedergegeben, dessen relativ kleiner Bogen nur die oberen zwei Drittel der Zeile beansprucht und mit einer Cauda ausgestattet ist, die den Bogen nicht berührt und unter der Grundlinie nach links gekrümmt ist. Eine äußerst ähnliche Form findet sich innerhalb der in Frühhumanistischer Kapitalis ausgeführten Grabschrift für Dietrich Röder von Rodeck den Jüngeren von 1514.11 Auch dies spricht für die vorgenommene Ergänzung des Todesjahres und die vorgeschlagene Identifizierung des Verstorbenen.

Textkritischer Apparat

  1. 1[5]13 [.]] Der Ziffernverlust im Ms. durch je einen waagerechten Strich auf der Grundlinie gekennzeichnet. Ergänzung erschlossen, vgl. Kommentar. 1[.]13. [.] BLB Karlsruhe K 218, Herr, Kdm. Fehlt in Mone.
  2. Der Textverlust im Ms. lediglich durch zwei waagerechte Striche gekennzeichnet und deshalb vermutlich gering. Ergänzung nach Mone. Lies vermutlich unter Berücksichtigung des Kommentars vollständig: [PHILIPPVS INGENV(VS)].
  3. Textverlust im Ms. durch einen waagerechten Strich gekennzeichnet. Möglicherweise soll ein zweiter Strich darunter eine größere Lücke andeuten. Ergänze vermutlich zu [WITSTAT D(I)C(TV)S] o. ä., vgl. Kommentar.

Anmerkungen

  1. Vgl. GLA Karlsruhe Hfk-Hs nr. 509, Herr (wie unten).
  2. Vgl. GLA Karlsruhe N Mone 109, Mone (wie unten).
  3. Vgl. Kdm. (wie unten).
  4. Erschlossen aus der offenbar originalgetreuen, jedoch unvollständigen Abschrift Mones, vgl. GLA Karlsruhe N Mone 109, Mone (wie unten). Der durch Herr überlieferte Wortlaut der Inschrift deshalb hier unter Verwendung von /V/ für /u/ und /I/ für /j/ in Kapitalis-Buchstaben transkribiert.
  5. Nach GLA Karlsruhe N Mone 109, Mone (wie unten) fol. 140r (Abb.): Ein Kelch über Dreiberg, überhöht von zwei Patenen.
  6. Nach GLA Karlsruhe N Mone 109, Mone, Aufzeichnungen Oosthal, fol. 140r (Abb.): ein Balken.
  7. Vgl. Land Baden-Württemberg, Bd. 1, 46; Hantsch, Herren von Wittstatt 257–260.
  8. Vgl. Biedermann, Geschlechtsregister Rhön und Werra, Taf. 434.
  9. Vgl. nr. 206.
  10. Vgl. nr. 194. Zur Genealogie des alten Ganerbengeschlechts Bock von Staufenberg allg. vgl. Oberbad. Geschlechterbuch, Bd. 1, 115, 119.
  11. Vgl. nr. 179.

Nachweise

  1. BLB Karlsruhe K 218, Herr, Materialien 422 nr. 8.
  2. GLA Karlsruhe Hfk-Hs nr. 509, Herr, Merkwürdigkeiten, fol. 52r–v nr. VIII.
  3. GLA Karlsruhe N Mone 109, Mone, Aufzeichnungen Oosthal, fol. 140r (unvollst.).
  4. Kdm. Baden-Baden 223 nr. 2 (nach Herr, Materialien).

Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 175† (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0017504.