Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)

Nr. 132†? Baden-Baden-Lichtental, Kloster Lichtenthal, Museum E. 15. Jh.

Beschreibung

Tafelbild mit Kreuzigungsgruppe. Das hochrechteckige Gemälde letztmalig 1970 im Kloster bezeugt.1 Verlustumstände bzw. gegenwärtiger Standort unbekannt. Öl auf Holz.2 In der Mitte der Gekreuzigte mit langem, im Winde flatterndem Lendentuch. Über seinem mit einem Strahlenkreuz hinterlegten Haupt ein querrechteckiges Schild, auf dem sich ein weißes Schriftband mit dem in Schwarz aufgemalten Kreuztitulus (A) nach rechts entrollt. Der Stamm des T-Kreuzes flankiert von Maria und Johannes, die beide ihre Hände vor dem Leib im Betgestus zusammengelegt haben. In ihren Nimben die in Goldgrund trassierten Nameninschriften, links (B), rechts (C). Zu ihren Füßen mehrere Blumen; im Hintergrund eine weite, hügelige Landschaft mit einigen Türmen bzw. zwei Häusergruppen. Der floral ornamentierte Himmel ebenfalls in Goldgrund trassiert. Das Bild wurde 1960 restauriert.3

Inschrift nach RP Karlsruhe (Denkmalpflege), Photoarchiv.

Maße: H. 48, B. 31, Bu. ca. 0,6 (A), ca. 0,5 (B, C) cm.4

Schriftart(en): Gotische Minuskel (A), Gotische Minuskel mit Versalien (B, C).

  1. A

    inri5)

  2. B

    Ṣạṇc̣ṭạ · Maria Mater · Deia)

  3. C

    Ṣanct(ṿṣ) · Johanṣb) Evaṇg̣ẹḷịṣṭạc)

Übersetzung:

Heilige Maria, Mutter Gottes (B).

Kommentar

Innerhalb der Inschrift (A) ist das Bogen-r verwendet worden, dessen Bogen gebrochen und dessen kleine Cauda hakenförmig gewölbt ist. Die trassierten Buchstabenformen sind auf dem Photo nur undeutlich erkennbar und entziehen sich weitgehend einer Beurteilung. Das S ist sehr breit ausgeführt und zeigt schmale, querovale Bögen. Der Balken des t hat rechts einen kräftigen, rechtwinklig angesetzten Zierstrich. Balken und Schaft des J verschmelzen zu einem Bogen. Als Worttrenner dienen anscheinend Quadrangel auf halber Zeilenhöhe.

Die Datierung des Gemäldes stützt sich sowohl auf stilistische Kriterien als auch auf die erkennbaren Schriftbesonderheiten, hier vor allem auf die gleichzeitige Verwendung von vollkommen ausgerundeten Versalien und von Gemeinen mit den typischen Brechungen der Gotischen Minuskel. Diese Besonderheit läßt sich in Lichtenthal auch am Nonnenchoraltar (1496) oder auf der Grabplatte des Priesters Nikolaus Brun (gest. 1497) beobachten.6

Textkritischer Apparat

  1. Jey Kdm.
  2. Das s möglicherweise auch als Worttrenner interpretierbar.
  3. Evangel Kdm. Lesung unsicher.

Anmerkungen

  1. Vgl. KA Lichtenthal o. Sig., Bauer (wie unten).
  2. Vgl. Kdm. Baden-Baden 472. In KA Lichtenthal o. Sig., Bauer (wie unten) die Angabe: „Tempera auf Holz“.
  3. Restaurator Hübner (Freiburg i. Br.), vgl. KA Lichtenthal o. Sig., Bauer (wie unten).
  4. Maßangaben nach Kdm. (wie unten); die Buchstabenmaße anhand des Photos errechnet.
  5. Io 19,19.
  6. Vgl. nrr. 127 (O), 130. Zur Datierung s. a. Kdm. (wie unten).

Nachweise

  1. RP Karlsruhe (Denkmalpflege), Photoarchiv, Neg.-nr. 0529 (Photo Wilhelm Kratt).
  2. Kdm. Baden-Baden 471f. nr. 5.
  3. KA Lichtenthal o. Sig., Bauer, Inventar, Bd. 7: Gemälde, fol. 3r (Photo Wilhelm Kratt).

Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 132†? (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0013209.