Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)

Nr. 120† Bühl, ehem. kath. Pfarrkirche St. Peter und Paul 1493

Beschreibung

Gestühl. In der 1879–82 bis auf den Turm abgerissenen und zum heutigen Rathaus umgebauten Pfarrkirche.1 „An einem Frouwen Stuol, in gemelter Kirchen, volgendt wapen, vnd darneben ein Homburgisch, mit einem Hürschhorn. [tingierte Wappenskizze] Deßgleichen ist an hieuorgeschribner, oder gemalter maaßen, ein schilt, oben ane einer hülizenen binden neben einem Marggräuischen, vnd Andern mehr wapen, befunden worden, dabej die Jarzal.“2 Verlustumstände unbekannt; vermutlich bereits im Brand von 1622,3 spätestens jedoch im Zuge des Umbaus von 1879–82 abgegangen.

Inschrift nach FGvAGA Ebnet D 206, Windecksches Wappenbuch.

  1. 1493.

Wappen:
Windeck4, Baden u. a.;
Windeck4, Homburg.

Kommentar

Die Lokalisierung „oben ane einer hülizenen binden“2 läßt sich in Verbindung mit einem Gestühl nur so verstehen, daß sich die Wappen mit der Jahreszahl offenbar oben am Dorsale oder an einer Blende des Baldachins befunden haben müssen. Vermutlich handelte es sich um ein aufwendiger geschnitztes Laiengestühl, das an den Seiten des Kirchenschiffes aufgestellt war und nach Einführung der Reformation (um 1555)5 von den Frauen der Gemeinde genutzt wurde. Die oberen Wappen verwiesen auf die Orts- bzw. Zehntherren Jakob den Älteren von Windeck und Markgraf Christoph I. von Baden, die neben anderen das Gestühl offenbar finanziert hatten.6 Die unterhalb davon angebrachten Allianzwappen Windeck und Homburg scheinen hingegen die Plätze gekennzeichnet zu haben, auf denen Jakob von Windeck und seine Frau Guta von Homburg der Messe beiwohnten.7

Aus der überlieferten Jahreszahl geht ferner hervor, daß mit dem Gestühl zumindest Teile der Innenausstattung der älteren Bühler Kapelle in den zwischen 1514 und 1524 errichteten Kirchenneubau übernommen worden waren.8

Anmerkungen

  1. Vgl. FGvAGA Ebnet D 206, Windecksches Wappenbuch (wie unten); zur Kirche Coenen, Baukunst 19; Kieser u. a., Kunst- u. Kulturdenkmale RA/BAD 131.
  2. FGvAGA Ebnet D 206, Windecksches Wappenbuch (wie unten); GLA Karlsruhe 67/1414, Windecksches Wappenbuch (wie unten).
  3. Vgl. Landkreis Rastatt, Bd. 1, 414; Coenen, Baukunst 23; Reinfried, St. Peters- u. Paulskirche Bühl 299. Zur Zerstörung Bühls im Jahre 1622 allg. vgl. Ruf, Großbrand 27–35.
  4. Nach Wappenskizze im Ms. identifiziert.
  5. Vgl. zur Einführung der Reformation Landkreis Rastatt, Bd. 1, 414.
  6. Vgl. zur Bühler Ortsherrschaft im 16. Jahrhundert Landkreis Rastatt, Bd. 1, 408. Zu Markgraf Christoph I. von Baden vgl. nr. 229.
  7. Siehe hingegen Reinfried, St. Peters- u. Paulskirche Bühl 297 Anm. 2, der auch das Homburgische Wappen als Stifterwappen versteht. Zu Jakob d. Ä. v. Windeck und seiner Frau vgl. nrr. 156, 157.
  8. Zur älteren Kapelle vgl. Coenen, Baukunst 19; zum Kirchenbau von 1514/24 vgl. nrr. 181, 220.

Nachweise

  1. FGvAGA Ebnet D 206, Windecksches Wappenbuch, fol. 92r.
  2. GLA Karlsruhe 67/1414, Windecksches Wappenbuch, fol. 74r.
  3. Reinfried, Inschriften 277 (nach Windecksches Wappenbuch).

Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 120† (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0012009.