Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)
Nr. 108† Schwarzach (Gde. Rheinmünster), kath. Pfarrkirche St. Peter u. Paul (ehem. Abteikirche) 1484
Beschreibung
Grabplatte für den Abt Jakob Reichenbach. Um 1667 von Gallus Wagner als das fünfte Grabmal nach dem Eingang vom Dormitorium in den Chor beschrieben.1 Während der Restaurierung der Kirche unter Josef Durm im Jahre 1890 gehoben und in die Seitenwand eingefügt.2 Nach den 1964 unter Arnold Tschira3 einsetzenden Grabungen mehrfach, jedoch widersprüchlich bezeugt.4 Verlustumstände unbekannt. Auf der Platte war ein von einer Hand gehaltener Abtsstab ausgehauen und im unteren Bereich ein Wappenschild wiedergegeben.5 Der Sterbevermerk mit Fürbitte befand sich offenbar als Umschrift am Rand.6
Inschrift nach GLA Karlsruhe 65/606, Wagner.
Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.7
Anno D(omi)ni 1484. D(omi)nica Voce(m) iucunditatis obijt v(e)n(e)r(a)b(i)lisa) P(ate)r D(omi)n(u)s, acb) D(omi)n(u)s Jacob(us) Richenbach, hui(us) Mon(aste)rij abbas; cui(us) a(n)i(m)a r(e)q(ui)escat in pace.
Übersetzung:
Im Jahr des Herrn 1484 am Sonntag Vocem jocunditatis starb der ehrwürdige Vater und Herr, Herr Jakob Reichenbach, Abt dieses Klosters, dessen Seele in Frieden ruhen möge.
Datum: 23. Mai 1484.
Reichenbach (?).8 |
Textkritischer Apparat
- nobilis Reinfried.
- P(ate)r D(omi)n(u)s, ac] Fehlt in Reinfried. Lies vermutlich: P(at)er ac D(omi)n(u)s,.
Anmerkungen
- Vgl. GLA Karlsruhe 65/606, Wagner, Comportata, vol. 1, 970: „Sepulchrum est ad ingressum chori e dormitorio intranti quintum numero.“ Gemeint ist offenbar der Eingang vom Dormitorium im östlichen Klosterflügel in den südlichen Querarm des Münsters, vgl. Marzolff, hochma. Abteikirche 36 sowie den Grundriß des wiederhergestellten Münsters in Tschira u. a., Benediktinerabtei Schwarzach, o. S. (Abb. 4).
- Vgl. Reinfried, Geschichte Schwarzach (1892) 61. Zur Renovierung der Abteikirche unter Josef Durm von 1888–1897 vgl. Rüsch, Restaurierungen 25–39; Rüsch, Barockumbau 413–419; Marzolff, Baugeschichte 31f.; Göricke, Restaurierungsarbeiten 72, 75; Josef Durm, Die Abteikirche in Schwarzach, in: Deutsche Bauzeitung 33 (1899) nr. 72, 449–455, nr. 74, 461f.
- Vgl. zu den Baumaßnahmen unter Arnold Tschira allg. Rüsch, Barockumbau 421–425; Marzolff, Lebensstationen 351–354; Tschira, Die ehem. Benediktinerabtei Schwarzach 3–10; Göricke, Restaurierungsarbeiten 72–79.
- Wilhelm Smets bezeugt die Grabplatte einerseits noch liegend in situ (vgl. Stadtgesch. Inst. Bühl o. Sig., Smets, Klostermünster, fol. 17r), andererseits im südlichen Querschiff, hier aber nicht an ursprünglicher Stelle (vgl. Stadtgesch. Inst. Bühl o. Sig., Smets, Grabinschriften 2; Stadtgesch. Inst. Bühl o. Sig., Smets, Geschichte 135). Von der Umschrift waren zu seiner Zeit lediglich die Worte Jacobus Richenbach hujus mon(asterii) erkennbar, vgl. ebd. Nach Marzolff, Baugeschichte 34 Anm. 9, war die Grabplatte 1969 nur noch unvollständig erhalten. Schließlich weist Gernot Vilmar darauf hin, daß unter den ca. 85 Bestattungen allein diejenige des Abtes Jakob Reichenbach namentlich bestimmt werden konnte, vgl. Vilmar, Ausgrabungen 85. Dies scheint allerdings auf einer Verwechslung mit der Grabstelle des Abtes Gallus Wagner (gest. 1691) zu beruhen, dessen Grabplatte sich noch heute in der nördlichen Altarhauskapelle in situ befindet, vgl. Marzolff, Baugeschichte 34 Anm. 12.
- Vgl. GLA Karlsruhe 65/606, Wagner, Comportata, vol. 1, 970: „Jnsculptum est pedum manu e follicante manica praehensum. Scutum inferne exhibet tres stellas.“
- Vgl. Stadtgesch. Inst. Bühl o. Sig., Smets, Grabinschriften 2.
- Vgl. Stadtgesch. Inst. Bühl o. Sig., Smets, Klostermünster, fol. 17r: „in gotischen Frakturbuchstaben“.
- Eine mit einem fünfstrahligen Stern belegte und von zwei fünfstrahligen Sternen beseitete anstoßende Spitze, vgl. die Skizze in GLA Karlsruhe 65/606, Wagner, Comportata, vol. 1, 970.
- Vgl. Oberbad. Geschlechterbuch, Bd. 3, 396; Gartner, Benediktinerabtei Schwarzach 256.
- Vgl. Harbrecht, Reichsabtei Schwarzach (1951) 185.
- Vgl. wie auch zu den folgenden Angaben Gartner, Kloster Schwarzach 299–301.
- S. a. Gerettete Wahrheit, Bd. 1, 100 § 97 nr. 99.
Nachweise
- GLA Karlsruhe 65/606, Wagner, Comportata, vol. 1, 970.
- Reinfried, Geschichte Schwarzach (1892) 60f.
- Harbrecht, Reichsabtei Schwarzach (1951) 188 (unvollst. nach Wagner).
- Stadtgesch. Inst. Bühl o. Sig., Smets, Geschichte 131 (unvollst.).
- Stadtgesch. Inst. Bühl o. Sig., Smets, Grabinschriften 2 (unvollst.).
- Stadtgesch. Inst. Bühl o. Sig., Smets, Klostermünster, fol. 17r (nach Reinfried).
- Marzolff, Baugeschichte 34 Anm. 9 (erw.).
Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 108† (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0010803.
Kommentar
Ob der Name „Reichenbach“ bzw. „von Reichenbach“ auf das zu Gengenbach (Ortenaukreis) ansässige Adelsgeschlecht9 oder lediglich auf die Herkunft des Abts aus dem Kloster Reichenbach (Gde. Baiersbronn, Lkr. Freudenstadt) verweist10, ist bisher nicht geklärt. Jakob trat 1467 die Nachfolge des Schwarzacher Abtes Diebold an.11 1473 nutzte er einen längeren Aufenthalt des Kaisers Friedrich III. bei dessen Schwager, dem Markgrafen Karl I. von Baden, um sich die Priviliegien des Klosters urkundlich bestätigen zu lassen.12 Kurze Zeit später überwarf er sich wegen finanzieller Unstimmigkeiten mit dem Konvent. Um die Abtei wirtschaftlich zu sanieren, wurde daraufhin von Bischof Ruprecht von Straßburg und Markgraf Christoph von Baden gemeinsam beschlossen, lediglich den Abt und zwei weitere Konventualen in Schwarzach zu belassen, die übrigen Mönche aber für zwei Jahre in andere Klöster zu versetzen.