Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)
Nr. 98 Loffenau, ev. Pfarrkirche (Zum Heiligen Kreuz) 3. V. 15. Jh.
Beschreibung
Wandmalereien in der östlichen Seitenkapelle, die ehemals den Chor der Kirche bildete. Das ursprüngliche Langhaus wurde 1842 abgebrochen und der genordete Nachfolgebau 1843 nach Plänen des Hofkammerbaumeisters Gaab westlich an den alten Chorturm angeschlossen.1 Die Kapelle steht auf annähernd quadratischem Grundriß, hat ein gotisches Kreuzrippengewölbe und wird im Westen vom neugotischen Schiff durch einen dem ehemaligen Triumphbogen vorgeblendeten Spitzbogen sowie ein schmiedeeisernes Gitter abgetrennt. In der Mitte der Ost- und Südwand je ein zweibahniges, spitzbogiges Fenster.2 Die Gewölbekappen, Wände und Fensterlaibungen sind ganzflächig mit figürlichen Malereien versehen. Ausgespart wurden lediglich die unteren Wandabschnitte in einer Höhe von ca. 1,50 m und die Fensterbänke. Die einzelnen Figuren und Szenen sind überwiegend von rundbogigen oder kreisförmigen Rahmen in rotbrauner Farbe umgeben, die die gesamte Ausmalung in Form eines vorgeblendeten Maßwerks architektonisch strukturieren. Ausgenommen sind hierbei die Nordwand und die unteren Bildprogramme der übrigen Wände, die keine Binnengliederung aufweisen. Auf den horizontalen Rahmenabschnitten finden sich zahlreiche in weißer Farbe aufgemalte Bildtituli. Zusätzlich sind den Figuren häufig weiße Schriftbänder mit schwarzen Inschriften beigegeben.
Thematisch lassen sich die Malereien in sechs große Bildprogramme unterteilen: Im Gewölbe die Symbolwesen der Evangelisten mit den Kirchenvätern (I), am und um den Triumphbogen die Verkündigung (II), im oberen, stärker untergliederten Bereich der Ost- und Südwand die Kreuzlegende (III), im unteren Abschnitt der Ost- und der östlichen Südwand die Credo-Apostel (IV), in der unteren Zone der westlichen Südwand die von Heiligen und Stiftern flankierte Muttergottes im Strahlenkranz (V) und auf der gesamten Nordwand das Motiv der Hostienmühle (VI).
Die Wandmalereien werden bereits in der Oberamtsbeschreibung von 1860 erwähnt.3 Ihre vollständige Freilegung geschah jedoch erst im Zuge der 1952/59 unter der Leitung des Landesdenkmalamtes, Außenstelle Tübingen, von Josef Lorch, Kunstmaler in Sigmaringen, vorgenommenen Konservierungs- und Restaurierungsmaßnahmen.4 Die Inschriften sind dabei offensichtlich nachgezogen, teilweise auch neu aufgemalt und mitunter falsch ergänzt worden. 1991/92 erfolgte die bislang letzte Konservierung durch die Restauratoren Koch & Wieck, Stuttgart.5
Maße: H. ca. 500, L./B. ca. 500, Bu. ca. 8 cm.
Schriftart(en): Gotische Minuskel, teilweise mit Versalien (A–AU, AW, AY, AZ), Frühhumanistische Kapitalis (AS, AV, AX, BA).
Textkritischer Apparat
- Lies vermutlich pa[pa . . . . . . . . .].
- Offenbar falsch nachgezogen. Vor dem i noch zwei Hasten erkennbar. Der ursprüngliche Befund vermutlich: [i]oh//an(n)es. Unterbrechung durch eine Kralle des Adlers.
- So statt ambrosivs.
- Worttrenner in Form von drei nebeneinandergestellten Quadrangeln, deren oben angesetzte, senkrechte Zierlinien durch einen nach oben durchgebogenen Balken verbunden sind.
- Worttrenner in Form von zwei nebeneinandergestellten Quadrangeln, deren oben angesetzte, senkrechte Zierlinien durch einen nach oben durchgebogenen Balken verbunden sind.
- Buchstaben im Zuge der Restaurierung nicht nachgezogen.
- Buchstaben nur schwach erkennbar und im Zuge der Restaurierung nicht nachgezogen. Offenbar ein Rest der Originalinschrift [sanctv]s.
- Unterbrechung durch das schleifenförmig gewundene Schriftband, dessen hinterer Abschnitt diese Stelle durchkreuzt.
- Wechsel auf die andere Seite des Schriftbandes.
- Das k nur unvollständig nachgezogen.
- Ohne Kürzungszeichen
- Textverlauf von oben nach unten. Ergänze vermutlich nach Lc 1,28: [gratia plena Dominvs tecvm benedictvs in mvlieribus].
- Unterbrechung durch den von links in das Schriftband hineinragenden Schwanz der Taube.
- Textverlauf von oben nach unten.
- Das offene a kleiner ausgeführt und hochgestellt. Zur Auflösung der Abkürzung vgl. Anm. 8.
- ecce tu rex] Vermutlich falsch restauriert; zu erwarten wäre: in hoc signo vinces, vgl. LA, vol. 1, 462.
- Das Y gebogen; der obere Schrägbalken des k zum Schaft zurückgeführt. Möglicherweise falsch restauriert aus ivdaevs.
- So vermutlich für ivd(aevs).
- Lies vermutlich: ioshve. Jedoch ist das obere Schaftende des i zweimal nach links umgebrochen und deshalb möglicherweise der Rest eines anderen, falsch restaurierten Buchstaben.
- Lies vermutlich: Abdias.
- So für balaam.
- Kürzung durch Abschwung nach dem i.
- Der ur-Haken in Form eines t restauriert.
- Nach dem restaurierten t das ursprüngliche t noch schwach erkennbar.
- Den Bogen des P durchschneidet ein zusätzlicher Schaft. Möglicherweise falsch restauriert aus ivd(aevs). Zur Auflösung der Abkürzung vgl. Anm. 8.
- Falsch restauriert aus dev(m). Über dem e ein Kürzungsstrich.
- Befund: xpm.
- Abkürzung durch einen Apostroph nach dem Wort sancto.
- Textverlauf von unten nach oben.
- Textverlauf von oben nach unten. Die restaurierte Buchstabenfolge vic in der Mitte des Schriftbandes offenbar nicht original.
- Heutiger, durch die Restaurierung verfälschter Befund: oras.
- Kürzungszeichen nicht erkennbar.
- Das i kleiner ausgeführt und hochgestellt.
- Unterbrechung durch den von rechts in das Schriftband hineinragenden Daumen des Heiligen.
- Nach heutigem, durch die Restaurierung verfälschtem Befund, d. h. nach der Größe des Spatiums, nicht ausgeführt.
- Zwei schwach und nur unsicher erkennbare Buchstaben, vermutlich von der originalen Inschrift [S(ANCTVS)] IO[HANNES].
- Ergänze offenbar zu [S]A[NC]TV[S · SIMON].
- Ergänze offenbar zu [sanctvs philipp]v[s].
- Ergänze offenbar zu [S]ANC[TVS · MATHIAS].
- Ergänze offenbar zu [san]ctvs [thomas].
- Vor dem Buchstaben Rankenwerk als Zeilenfüller. Kürzungszeichen nicht erkennbar.
- Am Ende des Schriftbandes von Jakobus d. J.; der Name nur unsicher lesbar; vielleicht handelt es sich dabei auch um eine Jahreszahl. Die Kürzung des N nicht erkennbar, die Endung durch einen us-Bogen gekennzeichnet.
- Die erste Zeile über dem Jesusknaben, die zweite links neben ihm.
- Unterbrechung durch den Jesusknaben; die folgende Zeile etwas tiefer.
Anmerkungen
- Vgl. Volz, 450 Jahre (wie unten) 123.
- Unter dem südlichen Fenster befand sich bis 1991/92 ein heute vermauerter Zugang zur Kapelle, vgl. Volz, 450 Jahre (wie unten) 139; Krieg (wie unten) 58.
- Vgl. Beschreibung des Oberamtes Neuenbürg (wie unten).
- Vgl. Heye (wie unten) 78.
- Vgl. Krieg (wie unten) 13.
- Lc 1,28.
- Lc 1,38.
- Die Identifizierung mit einem Propheten beruht offenbar auf dem spätmittelalterlichen Usus, den Begriff der Prophetie so auszuweiten, daß er nicht nur auf die Großen und Kleinen Schriftpropheten, sondern auch auf andere alttestamentliche Figuren anwendbar wurde, vgl. allg. LMA, Bd. 7, Sp. 254f.; auf Einzelnachweise muß hier verzichtet werden. Ich danke Frau Dr. Christine Steininger, München, für diesen Hinweis.
- Apostolisches Glaubensbekenntnis (Credo), vgl. Ps.Avg. serm. 240.
- Vgl. zur Deutung als Kerze Himmelein, Beiträge 59 mit Anm. 54.
- Vgl. zur Deutung der Figur als Klosterschaffner Himmelein, Beiträge 59.
- Vgl. LA, vol. 1, 459–470; vol. 2, 930–938.
- Vgl. Landkreis Rastatt, Bd. 2, 258.
- Vgl. Heye (wie unten) 77. Zur Eingrenzung der Datierung „gegen 1440“ auf den „größeren Teil der Wandgemälde“ vgl. Eva Heye, Alte Glasgemälde in Loffenau und Kreis Calw, in: Nachrichtenblatt der Denkmalpflege in Baden-Württemberg 7 (1964) H. 1/2, 56f., hier 57 Anm. 6.
- Vgl. Einl. Kap. 5.3, LXXXIVf. und die Erstbelege in nrr. 60, 114, 127; siehe dazu auch DI 20 (Karlsruhe) nr. 94 (1491/94); DI 22 (Enzkreis) nr. 113 (um 1480); DI 30 (Calw) nr. 146 (1493).
- Vgl. LCI, Bd. 1, Sp. 461–464; RDK, Bd. 1, Sp. 823–825; Schiller, Ikonographie, Bd. 4, T. 1, 134–147; Sachs/Badstübner/Neumann, Wb. Ikonographie 91; s. a. die Zusammenstellung der Credo-Zyklen im südwestdeutschen Raum in DI 20 (Karlsruhe) nrr. 36 Anm. 6, 125.
- Vgl. LCI, Bd. 3, Sp. 297–299; RDK, Bd. 1, Sp. 826; Sachs/Badstübner/Neumann, Wb. Ikonographie 190f.; Rye-Clausen (wie unten) passim; Heimann (wie unten) passim.
- Vgl. Heimann (wie unten) 242. Zur Hostienmühle in Mundelsheim vgl. DI 25 (Ludwigsburg) nr. 88, zu der in Malmsheim vgl. Heye (wie unten) 74; s. a. Rye-Clausen (wie unten) 64f., 68–70.
Nachweise
- Beschreibung des Oberamtes Neuenbürg. Mit 3 Tabellen, einer Karte des Oberamtes und 3 Ansichten, Stuttgart 1860, 198 (erw.).
- Eva Heye, Die Hostienmühle in Loffenau (Kr. Calw) und Malmsheim (Kr. Leonberg), in: Nachrichtenblatt der Denkmalpflege in Baden-Württemberg 4 (1961) 74–79, hier 76–78 (Abb.).
- Eugen Gradmann / Hans Christ / Hans Klaiber / Cord Meckseper, Kunstwanderungen in Württemberg und Hohenzollern, 4. Aufl., Stuttgart 1970, 392 (erw.).
- Harald Rye-Clausen, Die Hostienmühlenbilder im Lichte mittelalterlicher Frömmigkeit, Stein am Rhein 1981, 60–63 (erw.), o. S. (Abb. 4, Nordwand).
- Peter Heimann, Mola Mystica. Wandlungen eines Themas mittelalterlicher Kunst, in: Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte 39 (1982) 229–252, hier 242 (erw.).
- Heinz Volz, 450 Jahre Evangelische Kirchengemeinde Loffenau 1535–1985. Orts- und Kirchengeschichte, Freudenstadt 1985, 137–141 (Abb.).
- Gerhard Hoffmann / Franz Kreppelt / Irmgard Stamm, Landkreis Rastatt. An Rhein und Murg, Karlsruhe 1990, 90 (Abb.).
- Günther Krieg, Die Fresken im Turmchor der Heilig-Kreuz-Kirche in Loffenau. Projektarbeit an der Gewerbeschule Baden-Baden, Baden-Baden [2000], 15, 21, 23, 25–27, 29, 33, 35, 37, 39, 41–43, 48, 49, 51, 53, 55, 57 (Abb.).
- Daniela Donzelli-Kluckert / Norbert Kustos, Baden-Baden, Rastatt und die Ortenau, Hamburg 2000, 36 (Abb.).
- Himmelein, Beiträge 57–60 (erw.), o. S. (Taf. 19–22).
- Kieser u. a., Kunst- u. Kulturdenkmale RA/BAD 247–249 (erw.), 248 (Abb. des Gewölbes).
- Heinz Volz, Alte Grenzen rund um Loffenau. Zwischen Baden und Württemberg, Neuenbürg 2003, 33 (Abb.).
- 1400. Elsaß und Oberrhein 158f. (Abb. zu A–H, BE, BF).
Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 98 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0009803.
I. Gewölbe. In den vier Kappen jeweils paarweise zu beiden Seiten des Gewölbescheitels und vor bestirntem Hintergrund ein Symbolwesen der Evangelisten und eine auf felsigem Grund sitzende Figur eines Kirchenvaters. Auf den beigefügten Schriftbändern die entsprechenden Namen: Im Osten Gregorius (A) mit dem Adler des Johannes (B), im Norden Ambrosius (C) mit dem Engel des Matthäus (D), im Süden Hieronymus (E) mit dem Stier des Lukas (F) sowie im Westen Augustinus (G) mit dem Löwen des Markus (H). Der reliefierte und golden gefaßte Schlußstein zeigt Sonne und Mond vor zahlreichen Sternen.
· sanctvs gregorivs pa[. . . . . . . . . . . .]a)
· sanctvs · [.]io//anesb) · evangelista
· sanctvs · amborsivsc) · ·d) · doct(or) · (et) epi(scopvs)
sanctvs · mathevs · · ewangelista · ·e) ṣẹc̣f)
· sanctvs [. . .]ṣg) hironimvs
sanctvs · lvcas · ewangelista ·
sanctus · augustin//[ush) //i) – – – //i) – – –]
sanctus · markvsk) evang(elista)l)
Übersetzung:
Heiliger Gregor, Papst (…). (A) – Heiliger Ambrosius, Gelehrter und Bischof. (C)
II. Triumphbogen und angrenzende Westwand. Auf der Innenseite der Triumphbogenlaibung die Verkündigungsszene und darunter zwei Heiligenfiguren: Nördlich des Bogenscheitels der Erzengel Gabriel, der mit der Linken auf Maria weist, die ihm gegenüber im Süden abgebildet ist. In seiner Rechten hält er das Ende eines sich nach oben entrollenden, bis auf wenige Hasten gänzlich erloschenen Schriftbandes (I). Dem nimbierten Haupt Marias, die von einem geöffneten Buch in ihren Händen aufblickt, schweben die Taube des Heiligen Geistes und der das Kreuz tragende Jesusknabe entgegen. Dazwischen verläuft ein von oben nach unten entrolltes Schriftband mit der fast gänzlich verblichenen Inschrift (J). Im Bogenscheitel zwischen beiden Figuren das Brustbild Gottvaters. Er trägt eine alttestamentarische Priesterkappe auf dem Haupt und hält die Rechte segnend nach oben. Im unteren Bereich der Laibung einander gegenüber die hl. Margareta im Süden und die hl. Barbara mit ihrem sie enthauptenden Vater im Norden, beide in Rundbogenfeldern, die ein krabbenbesetzter Kielbogen mit Kreuzblume umgibt.
Über dem Triumphbogen befindet sich auf der Kapelleninnenseite eine Rundbogenarkatur. In der mittleren Nische das von zwei Engeln gehaltene Schweißtuch der Veronika mit der vera icon. In den äußeren Feldern zwei weitere Engel im Betgestus. Auf den verbleibenden schmalen Flächen rechts und links der Chorbogenöffnung zwei stark zerstörte Figuren. Über den Köpfen je ein geschwungenes Schriftband mit geringfügigen Buchstabenresten, über dem Knaben im Süden (K), über der betenden Frau im Norden (L).
ave [– – –]m)6)
ec̣[ce ancilla dom]ịṇị //n) [fiat] ṃịc̣ḥỵ · ṣẹc̣[vnd]vmo)7)
c̣[– – –]o)
c̣ọ[– – –]o)
Übersetzung:
Sei gegrüßt (…). (A) – Siehe, ich bin eine Magd des Herrn, mir geschehe nach (…). (B)
III. Obere Zone der Ost- und Südwand. Wiedergegeben sind hier Szenen aus den Legenden um die Kreuzauffindung (Ostwand) und die Kreuzerhöhung (Südwand), umgeben von Brustbildern überwiegend alttestamentlicher Figuren. In der nordöstlichen Ecke zunächst das Bildnis Adams in einem Bogenfeld, in dessen Händen das Schriftband (M). Rechts davon in einem größeren Feld Kaiser Konstantin, wie er im Bett träumend einen Engel erblickt, der mit der Rechten auf die über ihm schwebende Kreuzesvision verweist. Aus dessen Linken entrollt sich ein Schriftband mit weißen Buchstaben auf ehemals rötlichem Grund (N). Auf der unteren Rahmenleiste die Beischrift (O). Im Zwickel über der Szene ein rundes Feld mit dem Brustbild eines bärtigen Mannes mit dem Schriftband (P). Im nördlichen Rundbogenfeld innerhalb der Fensterlaibung die Schlacht an der Milvischen Brücke. Von der erloschenen Inschrift auf der unteren Rahmenleiste nur noch ein Worttrennungszeichen erhalten (Q). Im Kreisfeld darüber das Brustbild der hl. Helena mit dem Kreuz. Auf der südlichen Laibung in gleicher Höhe gegenüber das Brustbild einer nimbierten und gekrönten Heiligen mit einem Buch, vermutlich der Königin von Saba. Im Rundbogenfeld darunter die Szene der Kreuzauffindung. Auf der waagerechten Rahmenleiste der Bildtitel (R). Im Scheitel der Fensterlaibung die Taube mit der Heiligen Schrift. Die südliche Hälfte der Ostwand zeigt in einem großen Rundbogenfeld die Prüfung des wahren Kreuzes durch Makarius (Auferstehungswunder). Auf der unteren Rahmenleiste die Inschrift (S). Im Zwickel über dem Bogen ein rundes Feld mit dem Brustbild Isaaks. Er trägt einen breitkrempigen Hut und weist mit der Linken auf ein sich nach unten entrollendes Schriftband (T). In dem kleineren Rundbogenfeld am südlichen Seitenrand der Wandfläche ein bärtiger Mann mit Turban im Profil, der ein heute leeres Spruchband hält.
Auf der östlichen Hälfte der Südwand ein die Gewölbekappe überlappendes Bogenfeld. Darin die Szene, wie Heraklius in kaiserlichem Ornat und zu Pferd das Hl. Kreuz in die Stadt Jerusalem bringen will, jedoch vor verschlossenem Tor von einem Engel zurückgewiesen wird. Auf der horizontalen Rahmenleiste die das Bild mißdeutende und offenbar verfälschte Nameninschrift (U). In einem trapezförmigen Feld darüber das Brustbild eines bärtigen Mannes mit der Banderole (V). Auf der östlichen Gewändefläche des Südfensters die Darstellung, wie Heraklius sich zu Fuß, barhäuptig und im bloßen Hemd dem geöffneten Stadttor Jerusalems nähert, um das Hl. Kreuz hineinzutragen. Auf der unteren Rahmenleiste wiederum eine das Motiv inhaltlich verfehlende Beischrift (W). Über dem Bogenfeld das Brustbild eines bärtigen Juden mit dem Schriftband (X). Links neben dem Kopf ein fliegender Vogel. Auf der westlichen Laibungsfläche in gleicher Höhe gegenüber das Brustbild Bileams mit dem Schriftband (Y). Im Bogenfeld darunter die bildliche Umsetzung des über Sonne und Mond thronenden Perserkönigs Chosroes I. Zu seiner Rechten das Kreuz, zur Linken, die ein Zepter führt, ein Hahn. Im unteren Bereich drei kniende Figuren im Anbetungsgestus. Auf der waagerechten Rahmenleiste der Name (Z). Wie hier werden auch auf der westlichen Hälfte der Südwand Ereignisse illustriert, die zeitlich vor der Rückführung des Hl. Kreuzes durch Heraklius nach Jerusalem liegen: Im größeren der zwei Rundbogenfelder, das sich im Westen an die Fensternische anschließt, die Zweikampfszene zwischen Heraklius und Chosroes II., dem Sohn König Chosroes’ I., auf einer Brücke. Auf Heraklius’ Seite die Kreuzesfahne, auf der Seite des Verlierers eine Fahne mit einer Phrygischen Mütze. Auf dem Rahmen die erklärende Beischrift (AA). Im kleineren Feld rechts die Sybille mit dem Kreuzeszeichen, unter ihr auf dem Rahmen die Inschrift (AB). Links über der Zweikampfszene ein rundes Feld mit dem Brustbild König Salomos und der Profilansicht König Davids. Beiden Königen sind Spruchbänder mit den entsprechenden Namen beigegeben (AC, AD). In Davids aufgeschlagenem Buch die zeilenweise angeordneten Worte (AE). Über dem Scheitel der Fensteröffnung ein Brustbild des Propheten Samuel, der in seiner Linken das Schriftband (AF) hält.
adam · P̣[(rophet)a]p)8)
ẹc̣ce tu rexq)
· constantin(vs) rex ·
[. . .]ṣ[. . .] · P(rophet)ap)
[– – –] · [– – –]
helena [. . . . . .] · [. . . .]
macarius ·
Ỵsaakr) abraham
· constantin(vs) ·
ivds) iosobet) P(rophet)ap)8)
constantin ·
[i]ṿḍs) · tvbiasu) P(rophet)ap)8)
baias) ballamv) P(rophet)ap)8)
· cosdras ·
eracli(o)w) · sup(er)at(vr)x) · · cosdras ·
· sybella ·
rex sallomon
rex davity) P(rophet)ap)8)
ḍịxit d[a/v]ịṭ [. . .] / ṃẹ[. . . .] / ạ[. .] // c̣ạ[. . . .] / a[. .]
P(rophet)az)8) samuel
Übersetzung:
Siehe, du bist König. (N) – König Konstantin. (O) – Chosroes wird von Heraklius besiegt. (AA) – König Salomon. (AC) – König David, der Prophet. (AD) – David sprach (…). (AE)
IV. Untere Zone der Ost- und der östlichen Südwand. Hier ist unter Einbeziehung der beiden Fensterlaibungen Christus inmitten der zwölf Apostel abgebildet, denen neben ihren Attributen jeweils ein Schriftband mit einem Teil des Apostolischen Glaubensbekenntnisses9 (AG–AR) beigegeben ist. Auf ihren großen, goldenen Nimben die nur noch zum Teil erhaltenen Nameninschriften (AS–AZ) in heller Farbe. Der nordöstlichen Kapellenecke am nächsten Petrus (AG), rechts davon folgen Christus, Andreas (AH) und Johannes (AI), dessen Name (AS) im Heiligenschein noch gut erkennbar ist. In der linken Fensterlaibung Jakobus d. Ä. (AJ), im Nimbus (AT), rechts gegenüber Judas Thaddäus, dessen Schriftband vollständig erloschen ist (AK). In dessen Nimbus (AU). Auf der südlichen Seite der Ostwand links Jakobus d. J. (AL). Im rechten unteren Ende dieses Schriftbandes möglicherweise die Meistersignatur (BA). Rechts folgen Bartholomäus (AM) und Simon Zelotes (AN), im Nimbus des letzteren noch Schriftreste (AV) wahrnehmbar. Auf der östlichen Südwand Philippus (AO) und Matthias (AP), in deren Nimben (AW) und (AX). In der südlichen Fensterlaibung links Thomas (AQ) mit der Nimbeninschrift (AY), rechts Matthäus (AR), in dessen Heiligenschein (AZ).
Ergänzungen nach dem Wortlaut des Apostolischen Glaubensbekenntnis.
credo in devnaa) patrem om[nipotentem] c[rea]to[rem coeli et terre]o)
[e]t i(n) yh(esv)m chr(ist)vmab) f̣ilịṿṃ e[i(vs)] vnicv(m) d(omi)n(v)m n(ost)r(vm)o)
[qvi conce]pt(vs) e(st) de sp(i)ri[t]v sancto (natvs)ac) ex maria virginead)
[passvs svb pontio pilato crvcifixvs mortvvs] (et) sep̣[vltvs]ad)
[descendit ad inferos]
[tertia die resvrrexit a mortvis]ae) ·
[a]sce(n)dit · ad [celos]af) sedet ad dextera(m)ag) [de]i p̣ạṭ(r)isah) [omnipotentis] ·ad)
[inde ventvrvs e]st ịṿḍịc̣ạṛẹ //ai) vi[vos et mortvos]ad)
[cr]edo in sp[irit]vm [sanctvm]ad)
ṣạṇc̣(tam) [ecclesiam catholic]ạṃad) ·
[san]c̣ṭ(orum) · co[mmvnio]ṇẹṃ //ai) ṛẹ[missionem peccatorvm]ad)
[carnis] resvrrectionem [et]ak) vitam [aeternam · amen]ad)9)
ỊỌal) · s(anctvs) · iohannes
iacobvs · maior
· thaddevs ·
[S]A[NC]TV[S · . . . . .]am)
[– – –]v[.]an)
[S]ANC[TVS · . . . . . . .]ao)
[san]ctvs [– – –]ap)
s(anctvs)aq) · mattevs ·
FRATER IẠ(NVS)ar)
Übersetzung:
Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde, (AG) und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unseren Herrn, (AH) empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria, (AI) gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben, (AJ) hinabgestiegen in das Reich des Todes, (AK) am dritten Tage auferstanden von den Toten, (AL) aufgefahren in den Himmel. Er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters, (AM) von dort wird er kommen zu richten die Lebenden und die Toten. (AN) Ich glaube an den Heiligen Geist, (AO) die heilige katholische Kirche, (AP) Gemeinschaft der Heiligen, die Vergebung der Sünden, (AQ) die Wiederauferstehung der Toten (wörtl. des Fleisches) und das ewige Leben, amen. (AR) – Bruder Jan (?). (BA)
V. Untere Zone der westlichen Südwand. Große Darstellung der Muttergottes im Strahlenkranz. Sie wird von zwei hl. Äbten mit Krummstab und Buch flankiert, links Benedikt von Nursia, rechts Bernhard von Clairvaux, der anscheinend noch den Stamm eines verblichenen Kruzifixes (oder eine Kerze?)10 in der Rechten hält. Die Nimben hinter ihren Häuptern trugen ehemals die entsprechenden Namen; heute sind davon nur noch im linken wenige Schriftreste erkennbar (BB). Vor den Äbten und zu Füßen der Madonna zwei kleinere kniende Stifterfiguren im Anbetungsgestus, links ein Weltpriester im Ornat mit Stola, rechts ein Zisterzienserabt mit einem Krummstab in der linken Armbeuge (die Krümme nicht mehr sichtbar).11 Oberhalb ihrer Köpfe beginnt jeweils der Text einer Banderole, die sich zwischen der Madonna und den Äbten entrollt, links (BC), rechts (BD).
[sanctvs b]ene[dictvs] apṭ
o maria v[. . . . .] sc̣[.] p[. . . . . . .]tÿ [. . . . . . .]a[.]ise · amenad)
[. . . . . . .]f[. .]ịṇṛ[. .]ssio [. .]p a[. . . . . . . . . . .]ad)
VI. Nordwand. Großflächige Darstellung der Hostienmühle. Im Scheitel läßt Gottvater den Leichnam Christi in den Trichter hineingleiten, flankiert von den anthropomorphen Wesen der vier Evangelisten, die jeweils ein entrolltes Spruchband mit hineingeben. Die Inschriften sind bis auf zwei Buchstaben auf der Matthäus-Banderole (BE) vollständig erloschen. Die Gewänder der Evangelisten lassen außerdem noch Reste von unkenntlichen Sauminschriften erkennen. Das Mahlwerk betätigen auf beiden Seiten je sechs Apostel im Bischofsornat; lediglich Petrus – der erste auf der linken Seite – trägt die Tiara. Unter dem steinernen Mahltrog knien die vier Kirchenväter, ebenfalls im Bischofs-, Kardinals- bzw. Papstornat. Im Vordergrund nimmt Gregor den das Kreuz tragenden Jesusknaben in Empfang, der von der nicht mehr vollständig lesbaren Inschrift (BF) umgeben ist. Die untere, durch ein angedeutetes Wolkenband abgegrenzte Wandzone zeigt die irdischen Vertreter der geistlichen und weltlichen Stände. Im Zentrum hält der Papst unter Mitwirkung des Kaisers Kelch und Patene, mit der sie die durch eine Schüttrinne fallenden Hostien auffangen, um sie an ihre Gefolgschaft zu verteilen.
[– – –]eṇ[.]
[. . . / . .]as) //at) ih(esv)s
Kommentar
Die Schriftbeschreibung kann sich auf wenige, deutlich ausgeprägte Merkmale beschränken, da die vorgenommene Restaurierung von 1952/594 offenbar fast alle Inschriften einschloß, aber nicht immer den Originalbefund wiederherstellte. Besonders erwähnenswert ist, daß ursprünglich deutlich mehr Inschriften in Frühhumanistischer Kapitalis ausgeführt worden waren, als es nach der Restaurierung den Anschein hat. Dies betrifft allerdings nur die unteren Zonen der Ost- und Südwand. Hier sind vor allem in den Nimben der Credo-Apostel einige Namensreste in dieser Schriftart erkennbar, obwohl die erneuerten Inschriften immer in Gotischer Minuskel erscheinen. Deren in den Oberlängenbereich hineinragende Buchstabenschäfte sind vor allem innerhalb des Gewölbes tief eingekerbt. Die Fahne des r besitzt eine senkrecht nach unten verlaufende Zierlinie. Der Linksschrägschaft des x ist senkrecht gestellt, mit einem Balken versehen und quer durchstrichen. Innerhalb der Frühhumanistischen Kapitalis hat das A einen kurzen, beiderseits überstehenden Deck- und einen gebrochenen Mittelbalken. Der Balken des unzialen E sitzt im oberen Zeilenbereich, das F ist rund. Die Cauda des R wurde gerade bzw. leicht stachelförmig ausgeführt.
Innerhalb der Gewölbe-Inschriften fallen vor allem die Worttrenner in Form von Quadrangeln auf, denen am oberen Eckpunkt eine senkrechte oder rechtsschräg gestellte Zierlinie entspringt, die wiederum in eine eckige Schleife mündet. Diese Sonderform läßt sich auch innerhalb der Kreuzlegende (Inschrift M) und der Verkündigungsszene (Inschrift J) beobachten, nie jedoch auf der Nordwand und innerhalb der unteren Bildzonen der Ost- und Südwand. Hier finden sich hingegen in der Regel paragraphzeichenförmige Quadrangel auf halber Zeilenhöhe.
Die Malereien sind in ihrer Größe und unzerstörten Geschlossenheit selten, im Bearbeitungsgebiet sogar einmalig. In dem relativ kleinen Chorraum wurden immerhin sechs Bildprogramme umgesetzt, die von einer profunden theologischen Bildung des mit dem Entwurf beauftragten Künstlers zeugen, inhaltlich aber nur weitläufig aufeinander Bezug nehmen. Der Rückgriff auf die Kreuzlegende läßt sich sinnvoll aus dem Kirchenpatrozinium erklären, wenngleich die Wahl der die Handlung begleitenden Brustbilder bisher nicht in jedem Falle schlüssig nachvollziehbar ist. Wie die Szenen und Figuren zeigen, orientierte man sich teilweise sehr genau am Wortlaut der Legenda aurea des Jacobus de Voragine. So wird in der Erzählung zur Kreuzauffindung ausdrücklich auf Adam, Seth, Salomo, die Königin von Saba und Helena, in der Legende zur Kreuzerhöhung auf Heraklius, den Perserkönig Chosroes (Cosdras) und seinen Sohn sowie auf die Weissagungen der Sybille Bezug genommen.12 In welchem Sinne die übrigen, mitunter nur unsicher zu identifizierenden Figuren mit der Kreuzlegende korrelieren, bedarf hingegen noch einer Klärung. Da an der Südwand rechts neben der Muttergottes offenbar ein Zisterzienser als Stifter abgebildet ist und das Patronat über die Pfarrei Loffenau dem Kloster Herrenalb (Stadt Bad Herrenalb, Lkr. Calw) zustand,13 ist damit zu rechnen, daß die Ausmalung von Zisterziensern dieser Abtei vorgenommen worden ist. Aufgrund stilistischer Vergleiche hat Eva Heye die Entstehungszeit auf die Jahre zwischen 1440–1555 eingegrenzt.14 Die originalen Schriftbefunde veranlassen jedoch dazu, diese zeitliche Einordnung geringfügig zu verlagern. Denn die Frühhumanistische Kapitalis der Nimbeninschriften (AS, AV, AX) und der Signatur (BA) wäre um die Mitte des 15. Jahrhunderts im Bearbeitungsgebiet noch ungewöhnlich. Diese Schriftart läßt sich im südwestdeutschen Raum in der Regel erst seit dem letzten Viertel des 15. Jahrhunderts nachweisen.15 So ist aus epigraphischer Perspektive eine etwas spätere Datierung zumindest in das dritte Viertel des 15. Jahrhunderts wahrscheinlicher. Dabei findet bereits Berücksichtigung, daß Konzeption und Ausführung offenbar unter der Leitung des Klosters Herrenalb standen, das mit den damals neuen Tendenzen der Schriftentwicklung vermutlich vertraut war.
Das Motiv der Credo-Apostel läßt sich ikonographisch etwa seit dem 12. Jahrhundert belegen und gehört innerhalb der sakralen Wandmalerei des 15. Jahrhunderts zu den beliebtesten Bildprogrammen.16 Im Gegensatz dazu findet sich eine Hostienmühle deutlich seltener.17 Sie greift die Transsubstantiation des Brotes auf und bildet somit das Pendant zum Bildthema „Christus in der Kelter“. Die Umsetzung in Loffenau entspricht weitgehend der üblichen Ikonographie. Durch die Integration des Gnadenstuhls, der die Aufmerksamkeit des Betrachters verstärkt auf das Leiden Christi lenkt, ist sie nah mit den Hostienmühlenbildern in Mundelsheim (Lkr. Ludwigsburg; um 1460?) und Malmsheim (Stadt Renningen, Lkr. Böblingen; um 1450) verwandt.18