Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)

Nr. 96† Baden-Baden, Stiftskirche Unserer Lieben Frau 1475

Beschreibung

Grabmal für Markgraf Karl I. von Baden. Standort unbestimmt.1 Offenbar durch den Brand der Stiftskirche von 1689 zerstört; zumindest in der Mitte des 18. Jahrhunderts nicht mehr vorhanden.2 Der inschriftliche Sterbevermerk mit Fürbitte durch Franz Josef Herr überliefert, der ihn 1821 nach unbekannter Quelle zitiert.3

Inschrift nach GLA Karlsruhe Hfk-Hs nr. 510, Herr.

  1. Anno D(omi)ni Millesimo Quadringentesimo Septuagesimo Quinto in Festo Mathie Ap(osto)li [– – –] mortea) correptus obiit Perillustris Princeps Carolus Marchio de Baden, cujus Anima requiescat in Pace. Amen.

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1475 am Fest des Apostels Matthias (…) starb, nachdem er vom Tod (vermutl.: von der Pest) hinweggerafft worden war, der durchleuchtigste Fürst Karl Markgraf von Baden, dessen Seele in Frieden ruhen möge. Amen.

Datum: 24. Februar 1475.

Kommentar

Die von Franz Josef Herr benutzte Quelle überliefert die Inschrift anscheinend im lokalen Zusammenhang mit der Stiftskirche zu Baden. Insofern bekräftigt sie die Nachricht Schöpflins und Suntheims, Markgraf Karl I. von Baden sei, nachdem er entweder in Pforzheim oder in der Stadt Baden an der Pest verschieden war, hier bestattet worden.4 Dafür spricht insbesondere, daß seine Gemahlin Katharina von Österreich am gleichen Ort ihre letzte Ruhe fand5 und daß Karl die von seinem Vater Jakob I. zum Kollegiatstift erhobene Pfarrkirche in den Jahren 1453/55 mit einem neuen Chor hatte versehen lassen.6

Obwohl Jakob I. in seinem Testament gegen die geltenden Hausgesetze wiederum eine Teilung des Landes auf drei Söhne vorgesehen hatte, konnte Karl nach dem Verzicht seiner Brüder Bernhard des Seligen und Georg dennoch die gesamte badische Herrschaft auf sich vereinigen.7 Die Vermählung mit Katharina von Österreich, der Schwester Kaiser Friedrichs III., brachte zusätzliche finanzielle Sicherheiten und signalisierte nach außen die enge Bindung an das Kaiserhaus.8 Damit hatte sich Karl politisch weitgehend festgelegt: Die kontinuierliche Vertretung habsburgischer Interessen, wie z. B. auf dem Frankfurter Reichstag (1454) und später auf dem Kongreß von Mantua (1459), brachte ihn allmählich in Konflikte mit den Wittelsbachern.9 Die Auseinandersetzungen gipfelten 1461 in der Mainzer Stiftsfehde, in der Karl für den neu eingesetzten Erzbischof Adolf von Nassau Partei ergriff und sich damit offen gegen Friedrich I. Pfalzgrafen bei Rhein stellte.10 In den daraus resultierenden militärischen Auseinandersetzungen geriet er mit seinen Verbündeten nach der Schlacht von Seckenheim (1462) in Gefangenschaft, aus der er erst 1463 gegen ein Lösegeld von 20000 fl. und zusätzliche Gebietsabtretungen entlassen wurde.11 Damit hatte der politische und wirtschaftliche Aufschwung der badischen Markgrafschaft ein jähes Ende gefunden. In den verbleibenden Jahren war Karls Handeln durch politische und finanzielle Abhängigkeiten geprägt, von denen sich erst sein Sohn und Nachfolger Christoph I. wieder befreien konnte.12

Textkritischer Apparat

  1. Lies vermutlich peste. Zu den Todesumständen vgl. Kommentar.

Anmerkungen

  1. Nach Franz Josef Herr soll sich die Grabschrift auf der umlaufenden Randleiste der Grabplatte für Karls Gemahlin Katharina von Österreich (nr. 119) befunden haben, während der Sterbevermerk der Ehefrau in der Mitte verzeichnet gewesen wäre, vgl. GLA Karlsruhe Hfk-Hs nr. 510, Herr, Begräbnisse Stiftskirche, fol. 22v: „Die Grabschrift Marckgraf Carls soll ehemals um den Stein geheißen haben (…).“ u. ebd. fol. 23r: „Auf dem Grabstein in der Mitte stand ehemals (…)“; s. a. BLB Karlsruhe K 218, Herr, Materialien 316f.; Herr, Begräbnisse Pfarrkirche 7. Wie sich aus nr. 119 zweifelsfrei ergibt, kann dies jedoch nicht der Fall gewesen sein. Aufgrund dieses Irrtums ließ Herr 1801 in die erneuerte Grabplatte nr. 12 die Sterbevermerke beider Personen einmeißeln: 12. / CARL I. / M(ARCHIO) B(ADENSIS) / O(BIIT) / MCCCCLXXV . / ET / CATHARINA . / C[O]NJ(VNX) EJVS . / NAT(A) ARCHIDVCISSA . / AVSTRIAE SOROR . / FRIDERICI. III. / IMPERATORIS . / O(BIIT) / MCCCCLXXXXIII. Für die Lokalisierung des Grabes Markgraf Karls I. von Baden ist diese Inschrift folglich belanglos. Siehe dazu auch GLA Karlsruhe 47/22, Herr, Bericht, o. S. nr. 12; GLA Karlsruhe G Baden-Baden nr. 108, Grundriß Stiftskirche nr. 12, abgedr. in Kdm. Baden-Baden 136 (Abb. 107); Stoesser, Grabstätten 81 Anm. 62; Kdm. Baden-Baden 135 nr. 12; allg. zur Renovierung der markgräflichen Grablege in der Stiftskirche um 1801/02 siehe Bartusch, Wiederherstellung 278–283 (im Druck).
  2. Der Verlust erstmals 1754/55 ex silentio bezeugt in PfA Baden-Baden StiftsA o. Sig., Dürrfeld, Aufnahme, o. S., wo sämtliche damals noch vorhandenen originalen Metallauflagen der Grabplatten erwähnt werden.
  3. Vgl. PfA GLA Karlsruhe Hfk-Hs nr. 510, Herr, Begräbnisse Stiftskirche, fol. 22v.
  4. Vgl. Schoepflinus, Historia, tom. 2, 186 Anm. (a); Ladislaus Sunthemius, Familia marchionum Veronensium nunc de Baden dictorum, in: Scriptores rerum boicarum (…), ed. Andreas Felix Oefelius, Augustae Vindelicorum 1763, tom. 2, 585. Zur widersprüchlichen Überlieferung des Todesortes vgl. Stoesser, Grabstätten 80f. Anm. 58f.; RMB, Bd. 4, nr. 10696; Schwarzmaier, Baden 203; Sütterlin, Geschichte 307. Zur Todesursache vgl. BLB Karlsruhe D 113, Junglerus, Vera et genuina origo, fol. 28v.
  5. Vgl. nr. 119.
  6. Vgl. nr. 71. Zur Einrichtung des Kollegiatstifts zu Baden durch Markgraf Jakob I. von Baden vgl. Andermann, Urkunden 6f.
  7. Vgl. Schwarzmaier, Baden 200. Zu den im Heidelberger Vertrag v. 16.10.1380 festgesetzten Hausgesetzen vgl. RMB, Bd. 1, nr. 1335. Zu Leben und Politik Karls I. von Baden allg. vgl. Schwarzmaier, Baden (2005) 105–109; Schwarzmaier, Baden 202–204; NDB, Bd. 11, 219f. (Lit.); Krimm, Baden und Habsburg, passim; Dieter Brosius, Papst Pius II. und Markgraf Karl I. von Baden. Ein Nachtrag aus den päpstlichen Registern, in: FDA 92 NF 24 (1972) 161–176; Sütterlin, Geschichte 302–307; Friedrich Meinzer, Markgraf Karl I. von Baden, Diss. Freiburg i. Br. 1927; ADB, Bd. 15, 228–233; Weech, Badische Geschichte 85–100, Preuschen, Badische Geschichte 524–531; Viton de Saint-Allais, Histoire 192–200; Sachs, Einleitung, T. 2, 379–508; Schoepflinus, Historia, tom. 2, 151–188.
  8. Vgl. zu den Vermählungsfeierlichkeiten Michael Kühler, Die Hochzeit von Markgraf Karl I. von Baden mit der österreichischen Herzogin Katharina 1447 in Pforzheim und andere Fürstenhochzeiten im 15. Jahrhundert, in: Ängste und Auswege. Bilder aus Umbruchszeiten in Pforzheim. Anlässlich des 550. Geburtsjahres von Johannes Reuchlin, hg. v. Claus Kuge, Ubstadt-Weiher 2005, 75–96; Heinz Krieg, Eine standesgemäße Hochzeit. Die Vermählung Markgraf Karls I. von Baden mit Katharina von Österreich, in: Höfische Feste im Spätmittelalter, hg. v. Gerhard Fouquet u. a. (Mitteilungen der Residenzen-Kommission der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Sonderheft 6), Kiel 2003, 39–54; Heinz Krieg, Glanzvolle Krönung der Politik, in: Momente. Beiträge zur Landeskunde in Baden-Württemberg 1 (2002) H. 4, 31–36. Die Mitgift betrug 30000 Dukaten, vgl. ADB, Bd. 15, 228.
  9. Vgl. wie auch zu den folgenden Angaben Schwarzmaier, Baden 202f.; Krimm, Baden und Habsburg 87–90, 95–99, 116–146; Sütterlin, Geschichte 302f.
  10. Vgl. zur Mainzer Stiftsfehde Kai-Michael Sprenger, Die Mainzer Stiftsfehde, in: Lebenswelten Johannes Gutenbergs, hg. v. Michael Matheus, Wiesbaden 2005, 107–141; Schwarzmaier, Baden 203 Anm. 171 (Lit.); Krimm, Baden und Habsburg 147–164.
  11. Vgl. Krimm, Baden und Habsburg 172–179; Sütterlin, Geschichte 305.
  12. Vgl. Krimm, Baden und Habsburg 179–184; Sütterlin, Geschichte 306f.

Nachweise

  1. GLA Karlsruhe Hfk-Hs nr. 510, Herr, Begräbnisse Stiftskirche, fol. 22v.
  2. Stoesser, Grabstätten 80 (nach Herr).

Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 96† (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0009607.