Inschriftenkatalog: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 78: Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt (2009)

Nr. 47 Baden-Baden, Staatswald Distrikt I Badener Forst, Abteilung 14 um 1400

Beschreibung

Sühnekreuz, sog. „Kellers Kreuz“. Am Fuße des Battert unterhalb der Burgruine Hohenbaden; hier am Rande des Waldweges nach Ebersteinburg linkerhand etwa 100 m vor dem Abzweig zu „Kellers Bild“. Rötlicher Sandstein. Lateinisches Kreuz mit abgefasten Kanten. Von den ehemaligen Maßwerkwinkelstützen nur noch die Stümpfe vorhanden. Auf der Vorderseite des Querbalkens der eingemeißelte Name. Darüber auf dem Kreuzkopf die Ritzzeichnung eines aufrecht stehenden und nach rechts gewendeten Bartschlüssels. Auf der Rückseite im Kreuzungsfeld ein stark verwittertes und nicht mehr sicher identifizierbares Relief, möglicherweise ein gelehnter Wappenschild.1 Vor allem am oberen Ende des Kreuzstammes und am rechten Ende des Querbalkens bestoßen. Knapp über dem Fuß ausgebessert und erneut gebrochen.

Maße: H. 155, B. 78, Bu. 6,5–7 cm.

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/1]

  1. BORKHART · KELḶ[(ER)]a)

Wappen:
unkenntlich.

Kommentar

Die Buchstaben weisen deutliche Bogenschwellungen auf und sind mit kräftigen Sporen versehen. An unzialen bzw. runden Formen erscheinen das geschlossene E, das H und das T. Das A ist pseudounzial. Dessen linker Schaft und die geschwungene Cauda des R münden in schräg die Grundlinie durchschneidende Zierlinien. Der untere Schrägschaft des K setzt in KELL[(ER)] separat am Schaft an. Den Balken des L ersetzt ein Balkensporn. Als Worttrenner dient ein kleiner Kreis auf halber Zeilenhöhe.

Ein Burkhart Keller ist anderweitig nicht nachweisbar.2 Es bleibt somit offen, ob es sich bei KELLER tatsächlich um den Nachnamen oder die Amtsbezeichnung handelt. Die Grundlage für die sich um das Kreuz rankende Sage wird von Max Barack ausführlich überliefert3: Er habe in einer Straßburger Bibliothek eine Beschreibung der Yburg mit einem geschichtlichen Anhang „vun Alters her biß uff die newest Zeit“4 gefunden, verfaßt im Jahre 1470 von einem Kaplan Dominicus Waldmann. Darin sei unter der Jahresangabe 1462 der Bericht überliefert, ein Junker Burkhart Keller von der Yburg habe sich an der Stelle des Kreuzes mit der Tochter eines markgräflichen Försters mehrmals getroffen. Beide seien eines Tages vom Vater des Mädchens überrascht worden, der den Junker erschießen wollte, dabei jedoch aus Versehen seine eigene Tochter tötete. An gleicher Stelle soll ein Jahr später in geistiger Verwirrung auch der Junker selbst gestorben sein, weshalb man ihm dieses Kreuz errichtet habe.

Einige Schriftmerkmale auf dem Kreuz erinnern stark an die Grabplatte Mechthilds von Baden, vor allem der AR-Nexus, der kreisförmige Worttrenner und der gekrümmte, schräg unter die Grundlinie gezogene Zierstrich am freien Caudaende des R.5 Demnach dürfte das Kreuz ebenfalls um 1400 entstanden sein.

Textkritischer Apparat

  1. Geringfügiger Buchstabenverlust durch Beschädigung am rechten Kreuzarm. Ergänzung unsicher. Es fehlt offenbar nur – wenn überhaupt – das Kürzungszeichen. Die Schreibung KELLER aus Platzgründen ausgeschlossen.

Anmerkungen

  1. So auch in StdtA Baden-Baden o. Sig., Dokumentation Kleindenkmale (wie unten) gedeutet. Müller, Bestandsaufnahme 161, erkannte hingegen lediglich ein Hängeschloß oder eine Kanne; auch in RP Karlsruhe (Denkmalpflege) I/56b, Fragebögen (wie unten) als „Schloß in Relief“ interpretiert.
  2. Negativer Befund in RMB, Regesten v. Windeck.
  3. Vgl. Barack (wie unten) 59–78.
  4. Ebd. 61.
  5. Vgl. nr. 48.

Nachweise

  1. Wilhelm von Chézy, Rundgemälde von Baden-Baden, seinen nähern und fernern Umgebungen, Karlsruhe 1835, 122 (nur erwähnt).
  2. RP Karlsruhe (Denkmalpflege) I/56b, Fragebögen (1882), Anwortschreiben des Bürgermeisteramtes Baden v. 4.5.1883 (gez. Haug), o. S.
  3. Karl Christ, Der angebliche Burkard Keller von Yburg, in: Literarische Beilage der Karlsruher Zeitung 2 (1880) 270f., hier 271.
  4. Max Barack, Baden-Baden. Ein Sagenkranz, Stuttgart [1885], 60.
  5. Loeser, Geschichte 183 Anm. 1, 184 (Abb.).
  6. RP Karlsruhe (Denkmalpflege), Photoarchiv, Neg.-nrr. 02231, 02232 (Aufnahme von ca. 1910).
  7. Otto August Müller, Steinkreuze in der Umgebung von Bühl, mit einem Anhang über Steinkreuzforschung, in: Die Ortenau 14 (1927) 154–172, hier 165.
  8. Engelbert Spitz / M. Besler / D. Rößler, Beiträge zur Ortsgeschichte der Stadt Baden-Baden, T. 1, Baden-Baden 1931, 48 (erw.).
  9. Müller, Bestandsaufnahme 161.
  10. Kdm. Baden-Baden 355.
  11. Rolf Gustav Haebler, Heimatliches Kulturgut, in: Der Merkur. Heimatkalender für die Kreise Bühl und Rastatt und die Kurstadt Baden-Baden 4 (1966) 87–89, hier 88 (erw.).
  12. Robert Erhard, Um „Kellers Kreuz“ rankt sich eine dramatische Sage, in: Badisches Tageblatt vom 7. u. 15.12.1979, o. S.
  13. Losch, Sühne und Gedenken 139, Bildteil 30 (Abb. 225).
  14. Gedenksteine in den Wäldern Baden-Württembergs, hg. v. Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Umwelt und Forsten Baden-Württemberg (Schriftenreihe der Landesforstverwaltung Baden-Württemberg 56), Stuttgart 1982, 173f.
  15. Ebersteinburg. Ein Heimatbuch, zusammengestellt v. Arbeitskreis anläßlich der 900-Jahr-Feier im Jahre 1985, Gaggenau 1985, 127f. (Abb.).
  16. StdtA Baden-Baden o. Sig., Dokumentation Kleindenkmale, Flurstücknr. 2982, OZ 2.
  17. RP Karlsruhe (Denkmalpflege) o. Sig., Liste der Kulturdenkmale, Teil A 1, unbewegliche Bau- und Kulturdenkmale, Stadtkreis Baden-Baden, Ortsteil: Staatswald, Distrikt I, o. S.

Zitierhinweis:
DI 78, Stadt Baden-Baden und Landkreis Rastatt, Nr. 47 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di078h017k0004705.